Für Hans-Dieter Dreher war es ein emotionaler Turnierabend bei den Stuttgart German Masters. Der Springreiter aus Eimeldingen (Kreis Lörrach) setzte am Donnerstag im baden-württembergischen Hallenchampionat ein Zeichen für Organspende - genau wie seine Konkurrentinnen und Konkurrenten auch. Auf dem Fell der Pferde strahlte dem Publikum das Organspende-Symbol in schwarz und weiß entgegen, aufgetupft mit wasserlöslicher Theaterfarbe.
Initiiert wurde die Aktion von Julia Karle. Ihr Sohn war selbst begeisterter Springreiter und trainierte bei Hans-Dieter Dreher. Im Juni 2023 hatte ein Verkehrsunfall Nils aus dem Leben gerissen. Seine Leber wurde dabei so stark beschädigt, dass er dringend ein Spenderorgan brauchte. Aus der Not heraus wurde ihm eine unpassende Leber eingesetzt, die seinen Zustand nur vorübergehend verbesserte. Kurz nach seinem 18. Geburtstag starb Nils.
Julia Karle will auf Organspende aufmerksam machen
Aktuell warten in Deutschland rund 8.500 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan. "Wenn schon jemand gehen muss, wäre es schön, wenn er noch anderen Leuten helfen kann", erzählt Julia Karle. "Meinem Kind hilft es nicht mehr, aber wenn es nur einer anderen Person hilft, wäre ich froh."
Derzeit gilt in Deutschland bei der Organspende die Entscheidungslösung. Organe und Gewebe dürfen nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zugestimmt hat. Julia Karle wünscht sich, dass sich diese Regelung in eine Widerspruchslösung umwandelt. Das bedeutet, dass Personen zu Lebzeiten einer Organspende aktiv widersprechen müssten. In anderen europäischen Ländern wird es schon genau so gehandhabt. In Deutschland soll über eine etwaige Gesetzesänderung voraussichtlich 2025 abgestimmt werden.
Hans-Dieter Dreher siegt bei den Stuttgart German Masters
Als die Pferde mit dem Organspende-Symbol durch den Stuttgarter Parcours galoppieren, bekommt Julia Karle Gänsehaut. "Ich hoffe, der Nils guckt von oben zu", erzählt sie mit Tränen in den Augen. Genau wie die rund 7.000 Zuschauerinnen und Zuschauer fiebert sie auf der Tribüne mit und sieht, wie Hans-Dieter Dreher auf Stute Forpleasure du Moulin allen davon reitet.
"Ich bin überglücklich", sagt Hans-Dieter Dreher nach seinem Sieg. "Ich kämpfe schon jahrelang darum, den BW-Cup zu gewinnen. Mein kleines Mäuschen Forpleasure du Moulin hat es mir einfach gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so schnell gehen kann."
Dreher: "Es gibt auch ein normales Leben"
Hans-Dieter Dreher weiß aber auch, dass gewinnen nicht alles ist: "Unser Sport ist wahnsinnig schön. Ich liebe den Sport, ich lebe für den Sport. Aber es gibt auch nebenbei ein normales Leben, ein normales Leben auf Deutsch gesagt. Und da muss man auch drüber nachdenken." Denn wie schnell das Leben vorbei sein kann, haben Hans-Dieter Dreher und Nils Mutter Julia Karle erlebt.