Mike Glemser musste damals auf dem Eis erstversorgt werden. Rund zehn Tage lag er im künstlichen Koma in der BG Unfallklinik Murnau. Wie sich herausstellte, waren beim gebürtigen Stuttgarter der vierte und fünfte Halswirbel gebrochen.
Mike Glemser: Ein "Scheißtag"
Man bezeichnet Glemser als Tetraplegiker, er kann Arme und Beine nicht mehr bewegen. "Der 3. Februar ist eigentlich ein normaler Tag, nur für mich ist er seit vergangenem Jahr ein Scheißtag", sagte er Mitte 2023.
Mike Glemser erklärt sein Vorgehen
Glemser und Pietsch hatten noch vor vier Jahren gemeinsam bei den Hannover Scorpions gespielt. Nun verlangt Glemser Schmerzensgeld von seinem ehemaligen Mitspieler. Gegenüber SWR Sport und auf seinem Instagramkanal erklärt Glemser in einem schriftlichen Statement diesen Schritt.
Da im Netz viel Hass gegenüber Pietsch ausgeschüttet worden sei, habe Glemser im letzten Jahr beschlossen, "entweder kein Statement abzugeben oder kurz und knapp zu sagen, dass er sich keine Vorwürfe machen soll und dass Unfälle im Sport dazu gehören".
"Ich wollte nicht, dass noch ein weiteres Leben zerstört wird"
Diese Aussagen habe er getroffen, "um nicht noch mehr Hass zu schüren und Pietsch vor der Öffentlichkeit zu schützen", so Glemser nun. "Um ihm ein besseres Gefühl zu geben, da ich nicht wollte, dass noch ein weiteres Leben zerstört wird."
Allerdings habe sich Pietsch "seit dem Unfall kein einziges Mal bei mir gemeldet oder gefragt, wie es mir geht", sagte Glemser. Deshalb leitete der 26-Jährige nun juristische Schritte ein. "Mir wurde direkt nach dem Unfall dazu geraten, die Haftpflichtversicherung des Schädigers einzuschalten, um die sehr hohen Kosten, die ein Leben lang durch den Unfall entstehen, zu minimieren", begründet er. "Mir war immer wichtig, dass es keine negativen Auswirkungen für ihn hat. Deshalb habe ich mich informiert, und mir wurde versichert, dass es keine Nachteile oder Auswirkungen für ihn gibt, wenn er den Vorfall bei seiner Haftpflichtversicherung meldet."
Allerdings habe es "bisher kein Entgegenkommen" von Pietsch gegeben, so Glemser. "Nach eigenen Angaben liegt eine Haftpflichtversicherung vor, aus juristischen Gründen kann die Versicherung allerdings nicht direkt verklagt werden. Aus diesem Grund muss ich den Weg über die private Klage gehen", führte der 26-Jährige aus. "Wobei davon auszugehen ist, dass die Haftpflichtversicherung im Falle eines Urteils den Schaden übernimmt."
Fall Mike Glemser könnte weitreichende Folgen haben
Pietsch wird in dem Verfahren von Wolfgang Cech vertreten. Der Sportrechtler machte gegenüber der "Bild" deutlich, dass hier auch eine Grundsatzentscheidung getroffen werden könnte. "Dann könnten Fouls in Sportarten wie zum Beispiel Eishockey, Fußball oder Handball, die während der Spiele zu Bestrafungen wie Zeitstrafen oder Platzverweisen führen, danach als Körperverletzungen ausgelegt werden", sagte der 50-Jährige.
Glemser hatte vor rund einem Jahr das Krankenhaus verlassen und seine Reha fortgesetzt. Im Interview mit SWR Sport hatte er damals gesagt: "Das Schwierigste ist, wenn du morgens aufwachst und kannst dich einfach nicht bewegen." Mittlerweile hat Glemser bereits wieder Spiele seines Klubs in der Eishalle besucht.