Neuer Trainer Ty Harrelson von ratiopharm Ulm in der Basketball-Arena in Neu-Ulm.

Basketball-Coach Ty Harrelson verspricht mehr Freiheiten im Angriff

Neuer Trainer bei ratiopharm Ulm: "Wer frei steht, soll werfen"

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Peter Köpple
Peter Köpple

Der neue Cheftrainer bei ratiopharm Ulm hat seine Arbeit aufgenommen - allerdings noch ohne Team. Ty Harrelson im SWR-Gespräch über erste Eindrücke, hohe Erwartungen und die schwierige Spielersuche.

Meistertrainer Anton Gavel ist weg. Mit Ty Harrelson übernimmt ein Amerikaner als Headcoach in Ulm, der zuletzt in der niedersächsischen Kleinstadt Vechta äußerst erfolgreich war, mit dem Team in die erste Liga aufgestiegen ist und Vechta im zweiten Jahr in die erweiterte deutsche Spitzengruppe geführt hat. So hochklassig hat Ty Harrelson als Basketballer selbst nie gespielt. Noch vor drei Jahren stand er als über 40-Jähriger für den TV Langen in der deutschen Regionalliga Südwest auf dem Parkett. Als Trainer hat er offensichtlich mehr Erfolg. Obwohl die Spieler noch im Urlaub oder noch gar nicht verpflichtet sind, hat er in Ulm nun seine Arbeit aufgenommen und gibt im SWR sein erstes Interview.

SWR Sport: Wie fühlt es sich an, ein Coach ohne Team zu sein?

Ty Harrelson: Naja, natürlich freue ich mich auf die Spieler. Aber jetzt ist auch die Zeit, um alle kennenzulernen, die hier sonst noch arbeiten. Mit Sportdirektor Thorsten Leibenath arbeite ich eng zusammen, um ein Team für die neue Saison zusammenzustellen. Und ich treffe bereits den ein oder anderen Jugendspieler in den Trainingshallen am Orange Campus.

SWR Sport: Andere BBL-Clubs veröffentlichen bereits ihre Neuverpflichtungen. Aus Ulm hört man noch nichts. Tun Sie sich schwer auf der Suche nach passenden Spielern?

Harrelson: Wir haben ganze Listen an Spielern, die wir durchgehen. Das ist quasi ein täglicher 24-Stunden-Prozess. Denn wir sind mit Agenten und Spielern in unterschiedlichsten Zeitzonen in Kontakt. Für Anrufe und Nachrichten bin ich Tag und Nacht bereit. Wir müssen Spieler finden, die in unser Budget passen, die am besten auch schon auf europäischer Ebene Erfahrung gesammelt haben, und deren Athletik und Charakter müssen stimmen. Bei Spielern, die frisch von einem amerikanischen College kommen, ist es oft schwierig einzuschätzen, wie sie sich Deutschland entwickeln werden. Nicht zuletzt müssen die Neuzugänge auch zu den Jungs passen, die schon da sind. Interessant für mich ist, dass man da bei ratiopharm Ulm offensichtlich viel Geduld hat, um genau die Richtigen zu finden. Ich telefoniere zum Beispiel derzeit viel mit ehemaligen Trainern von neuen Kandidaten, um mehr über die Spieler und ihre Arbeitseinstellung herauszufinden.

SWR Sport: Was ist nach gut einer Woche Ihr erster Eindruck von Ulm?

Harrelson: Der Orange Campus ist ein erstklassiges und wunderbares Trainingszentrum, um hier jeden Tag zu arbeiten. Von Ulm habe ich einen sehr guten ersten Eindruck. Ich mag die Altstadt, den Fluss und dass es mit dem Ulmer Münster etwas Einzigartiges gibt.

SWR Sport: Welche Art Basketball wollen Sie in Ulm spielen?

Harrelson: Defense first - eine gute Verteidigung ist das Wichtigste, ähnlich wie bei mir letztes Jahr in Vechta oder wie unter Anton Gavel hier in Ulm. Im Angriff gebe ich den Spielern Freiheiten und grünes Licht, offene Würfe auch zu nehmen. Wir wollen als Team zusammenspielen, den Ball bewegen, so dass am Ende leichte Würfe in Korbnähe entstehen. Offensichtlich gibt es viele Trainer und Spieler, die denken, dass sie nicht auf den Korb werfen sollen oder nur in ganz bestimmten Situationen. Da bin ich als Coach das Gegenteil: Wer frei steht, soll werfen. In den letzten Jahren haben viele Spieler bei mir ihre Trefferquoten erhöht. Ich will die Spieler nicht einschränken. Ich will sie aufbauen.

SWR Sport: Sie haben die amerikanische und australische Staatsbürgerschaft, sind seit gut drei Jahren jetzt in Deutschland. Wo fühlen Sie sich zuhause?

Harrelson: Das ist eine gute Frage. Meine Familie, meine Eltern sind in den USA. Mein Vater war Basketballtrainer an einem College. Da ich dann als junger Spieler nicht gut genug für die NBA war, sagte mein damaliger Coach zu mir: Nutze den Basketball, um die Welt zu sehen. So landete ich als Spieler irgendwann in Australien und habe dort nach vier Jahren die Staatsbürgerschaft angenommen. Ich selbst sehe mich und meine Zukunft eher in Deutschland oder Australien als in den USA. Das passt mehr zu meinem Lebensstil. Ich mag die Kultur und die Geschichte in Deutschland, die historischen Altstädte. Ich fühle mich hier sicher, mag die Sportkultur, verfolge auch Fußball, und ich schätze das gute Gesundheitssystem hier.

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SWR Sport: Ihr Vorgänger in Ulm, Anton Gavel, ist Deutscher Meister geworden. Fühlen Sie sich hier unter Erfolgsdruck?

Harrelson: Klar gibt es große Erwartungen hier und ein gewisser Erfolgsdruck ist in meinem Beruf normal. Aber ich habe deshalb keine Angst. Ich muss es einfach so sehen: jeder Tag birgt für mich eine Möglichkeit zu tun, was ich gerne mache, nämlich Basketball zu coachen. Natürlich will ich gewinnen und ich hoffe, ich kann die Erwartungen erfüllen. Es wird wohl immer heißen: Wir schauen von Spiel zu Spiel.

Das Interview wurde übersetzt aus dem Englischen.

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