Konfettiregen in orange, weinende Verantwortliche, aufs Parkett stürmende Fans: Ratiopharm Ulm hat seinen sensationellen Playoff-Lauf mit dem ersten deutschen Bundesliga-Meistertitel gekrönt und die Stadt in den Basketball-Ausnahmezustand versetzt. Mit Partyklassikern wie "Oh wie ist das schön" und "Sweet Caroline" eröffneten die Ulmer in der Arena sofort ihre Sause, die bis in die frühen Morgenstunden angekündigt war.
"Wir sind unglaublich glücklich, als Siebter den Ersten, Zweiten und Dritten rausgeschmissen zu haben. Wir sind überglücklich", sagte Trainer Anton Gavel noch vor der Siegerehrung bei Magentasport. "Dass wir hier mit dem Titel stehen, mir fehlen die Worte."
Von Beginn an hatten die Basketballer von ratiopharm Ulm gezeigt, dass sie nicht den Hauch eines Zweifels am Ausgang des Spiels aufkommen lassen wollten. Bereits der erste Spielzug war spektakulär: Einen Alley-Oop-Pass von Thomas Klepeisz verwertete Bruno Caboclo trotz eines Defensivfouls sehenswert zur 2:0-Führung. Den fälligen Freiwurf verwandelte er zum 3:0. Ein guter Start für die Hausherren, die in den ersten Minuten klar die Kontrolle übernahmen. Doch Bonn steckte nicht auf, ließ Ulm nicht davonziehen und kam langsam immer besser ins Spiel. Nach vier Minuten erzielte Finn Delany mit dem ersten Dreier des Spiels die 10:9-Führung für die Gäste. Bonn war endgültig wieder im Spiel, das erste Viertel blieb ausgeglichen. Mit 21:23 aus Sicht von Ulm wechselten die Teams die Seiten.
Ulm verspielt 12-Punkte-Führung
Auch das zweite Viertel begann ausgeglichen, doch mit fortlaufender Spielzeit schaffte es Ulm vor allem dank einer deutlich stärkeren Wurfquote (71% Ulm, 40% Bonn), sich immer mehr abzusetzen. Nach sechs gespielten Minuten im zweiten Durchgang führte Ulm erstmals mit zwölf Punkten (41:29). Doch wieder kamen die Telekom Baskets Bonn zurück. Vor allem dank einer starken Defensivarbeit hielten sich die Bonner in Schlagdistanz. Zur Pausensirene führte Ulm nur noch mit 43:41.
Doch die Führung währte nicht lange. Bonn kam gut aus der Pause, glich mit dem ersten Angriff aus und drehte im Laufe des Viertels sogar die Partie. Ulm zeigte sich nervös, auf beiden Seiten häuften sich Fehlwürfe. Rund vier Minuten vor Ende des dritten Viertels erzielte Tyson Ward per Dreipunktwurf die erste fünf-Punkte-Führung für Bonn: 52:47. Auch in der Folge blieb das Spiel zerfahren, allerdings mit den besseren Aktionen auf Seiten der Gäste aus Bonn. Folgerichtig ging es mit 59:52 für Bonn in die Viertelpause. Bis zum Meistertitel schien es noch ein weiter Weg für Ulm zu werden.
Yago dos Santos gleicht aus, Ulm zieht davon
Dass Ulm das "Basketball-Wunder" unbedingt wahr machen wollte, zeigten die Hausherren im vierten Viertel wieder deutlich. Mit viel Kampf und aufopferungsvoller Defensivarbeit kamen die Ulmer wieder besser ins Spiel. Sieben Minuten und 32 Sekunden vor Schluss war der Glaube an den Sieg wieder deutlich zu spüren. Yago dos Santos versenkte einen Dreier zum 59:59-Ausgleich. Ulm war wieder da - und wie. Eine Minute später drehte dos Santos sogar die Partie (61:59). Ulm führte wieder und legte direkt nach. Beim Stand von 63:59 für Ulm nahm Bonn eine Auszeit. Ulm ließ sich davon jedoch nicht mehr aufhalten. Mit einem 18:0-Lauf zogen die Hausherren immer weiter davon, Bonn schien konsterniert. Vier Minuten vor Schluss führte Ulm bereits mit 69:59.
Die Bonner Basketballer gaben zwar nicht auf, doch das letzte Aufbäumen reichte nicht. In dramatischen Schlusssekunden hatte Ulm das besser Ende für sich, siegte schlussendlich knapp mit 74:70 und darf damit den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte feiern. Es ist der erste Ulmer Titel seit dem Pokalsieg 1996 und der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Zuvor hatten der Verein 1998, 2012 und 2016 drei Endspielserien um die Meisterschaft verloren.
"Ich glaube so ganz begriffen hab ich's noch nicht", lachte der überglückliche Thomas Klepeisz nach der Pokalübergabe in die SWR-Kamera. "Jetzt werden erst mal mehrere Nächte zum Tag gemacht", kündigte der Shooting Guard an. Sein Teamkollege Robin Christen ergänzte: "Jetzt reißen wir Ulm ab!" Die Fans in Neu-Ulm hatten da längst ihre Siegesparty auf den Rängen gestartet.
Zum wertvollsten Spieler der Finalserie, dem sogenannten MVP (Most Valuable Player), kührte die BBL bei der Siegerehrung Ulms Spielmacher Yago dos Santos.