Das 0:1 von Sergiu Radu (19.) war für den VfB Stuttgart wie ein Schock. Das konnte doch nicht wahr sein. Ausgerechnet gegen Energie Cottbus, der Aufsteiger, der schon vor dem letzten Spieltag der Saison 2006/07 gerettet war und für den weder nach vorne noch nach hinten irgendetwas ging. Gegen diese Mannschaft sollte der VfB Stuttgart den Titel verspielen? Die erste Meisterschaft seit 1992? Schalke 04 führte zu diesem Zeitpunkt bereits mit 2:0 gegen Arminia Bielefeld. Bliebe es so, wäre die Schale futsch.
Doch dann packten Pável Pardo und Thomas Hitzlsperger ihren Special-Move aus: Eckball-Flanke an die Strafraum-Kante, Volley von The Hammer. Eine Aktion aus der Kategorie "Dinge, die du nur an der Konsole versuchst" - oder wenn du die Kühnheit eines Deutschen Meisters hast. Was dann passierte, ist Legende.
In der 12. Minute hatten es die beiden schon einmal versucht. Cottbus-Keeper Tomislav Piplica konnte abwehren. In dieser 27. Minute hatte er jedoch keine Chance. Whooooooooooom! Und der Ball zappelte im Netz - 1:1.
Schwieriger Start mit einem neuen VfB Stuttgart
Armin Veh hatte in dieser Saison eine völlig neu zusammengestellte Mannschaft aufs Feld geschickt. Die Zeit von Felix Magaths "jungen Wilden" war vorbei, und Veh hatte das Team wenige Monate zuvor (im Februar 2006) von Giovanni Trappattoni übernommen, der den VfB Stuttgart nur auf Platz zehn geführt hatte. Teure Fehleinkäufe wie Jesper Grønkjær oder Jon Dahl Tomasson hatten den Verein verlassen. Veh ging mit der jüngsten Mannschaft der Liga ins Rennen.
Der Start verlief holprig: Nach zwei Niederlagen und einem mageren Unentschieden in den ersten drei Heimspielen war der VfB Stuttgart im grauen Mittelfeld der Tabelle. Doch das Team berappelte sich. Spieler wie Roberto Hilbert, Thomas Hitzlsperger oder Pável Pardo entwickelten sich von Mitläufern zu Leistungträgern. Nationalspieler wie Mario Gómez (22) oder Sami Khedira (20) machten auf sich aufmerksam.
VfB Stuttgart mit sensationeller Rückrunde
Lediglich die Abwehr um Fernando Meira, Matthieu Delpierre und Ludovic Magnin galt als eingespielt. Ergänzt um den Mexikaner Ricardo Osorio und den in dieser Saison herausragenden Timo Hildebrandt stellte der VfB Stuttgart (hinter Schalke und Nürnberg) die drittbeste Abwehr der Liga.
Die Hinrunde beendete der VfB Stuttgart auf Platz vier. In der Rückrunde arbeiteten sich die Schwaben immer näher an die Spitze heran. Nach einer 0:2-Derby-Niederlage des Schalker Titelkonkurrenten gegen Borussia Dortmund stand Vehs Team am vorletzten Spieltag erstmals an der Spitze.
Khedira erlöste den VfB Stuttgart
Doch das zwischenzeitliche 1:1 gegen Cottbus wäre vermeintlich zu wenig gewesen. Im Nachhinein hätte zwar auch der eine Punkt gereicht. Doch Schalke führte gegen Bielefeld und wegen des engen Torverhältnisses waren drei Punkte Pflicht.
Doch weder Marco Streller (48.) noch Hitzlsperger (56.) konnten den entscheidenden Treffer machen. Getragen von den 56.000 Fans im ausverkauften Gottlieb-Daimler Stadion spielten die Schwaben weiter nach vorne. In der 63. Minute war es einer der Jungen, die den VfB Stuttgart erlösten. Flanke Antonio da Silva, Kopfball Khedira - Piplica schaute nur hinterher. Party!
Fan-Massen feierten den VfB Stuttgart
Mit der Meisterschale fuhren Spieler und Trainer nach dem Spiel zum Schlossplatz. Für die etwa 5,5 Kilometer vom Stadion in die Innenstadt brauchte die Mannschaft geschlagene fünf Stunden. Der Grund waren feiernde, trinkende und tanzende VfB-Fans, die gar nicht genug von ihren Lieblingen bekommen konnten. Gemeinsam feierten sie die fünfte Deutsche Meisterschaft nach 1950, 1952, 1984 und 1992 - am 19. Mai 2007.