Just vor dem Topspiel des VfB Stuttgart gegen den neuen Deutschen Meister Bayer Leverkusen macht sich beim Tabellendritten ein ungewohntes Gefühl breit - das einer Niederlage am Wochenende zuvor. Gegen Werder Bremen lief beim 1:2 nicht viel zusammen für den VfB.
Eines aber passte mal wieder ins gewohnte Bild: Den Stuttgarter Treffer erzielte mit Deniz Undav eine der beiden Stuttgarter Tor-Maschinen. In den vergangenen sieben Spielen hatte entweder Undav oder sein kongenialer Sturmpartner Serhou Guirassy immer getroffen - oftmals sogar beide.
Guirassy und Undav: Stuttgarts Top-Knipser - doch wie lange noch?
Gemeinsam erzielten der deutsche und der guineische Nationalspieler 42 der 68 Stuttgarter Treffer. Auf Undav und Guirassy war in dieser Saison stets Verlass. Dass die Verantwortlichen der Stuttgarter daher alles daran setzen, beide beim VfB zu behalten, verwundert daher nicht. Die Frage, die bleibt, lautet: Gelingt ihnen das auch?
Die Situation bei den beiden Spielern gestaltet sich bekanntermaßen unterschiedlich. Guirassy steht beim VfB bis 2026 unter Vertrag, besitzt dem Vernehmen nach eine Ausstiegsklausel. Undav ist bis zum Ende der laufenden Saison vom englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion ausgeliehen. Hier wiederum könnte der VfB das Heft des Handelns in der Hand halten. Denn die Leihe soll eine Kaufoption beinhalten.
Guirassy ist der statistisch beste Stürmer der Bundesliga
Harry Kane? Nein, Serhou Guirassy ist der statistisch beste Bundesliga-Stürmer dieser Saison. Zwar erzielte er mit seinen 25 Treffern acht Tore weniger als der Engländer vom FC Bayern München, doch bestritt Guirassy aufgrund des Afrika-Cups und wegen einer Oberschenkelverletzung in der Hinrunde auch weniger Spiele. Während Kane im Schnitt alle 81 Minuten ein Tor erzielt, trifft Guirassy sogar alle 74 Minuten.
In nur sechs Monaten gelang es dem Angreifer so, seinen Marktwert beinahe zu verdreifachen. Von 14 Millionen Euro auf 40 Millionen (Quelle: transfermarkt.de). Eine kolportierte Ausstiegsklausel in Höhe von 20 Millionen erscheint da verhältnismäßig günstig. Mit seinen 28 Jahren ist es kaum vorstellbar, dass kein europäischer Top-Verein bereit wäre, die Option beim Stürmer zu ziehen.
Guirassy und Undav wollen Champions League spielen
Der 25-Tore-Mann Guirassy und der 17-Tore-Mann Undav wollen vor allem eines: Champions League spielen. Daraus machten beide zuletzt keinen Hehl. "Jeder möchte Champions League spielen", sagten Undav und Guirassy dem SWR im exakt selben Wortlaut - einer auf deutsch, der andere auf englisch.
Gut also, dass sich der VfB auf bestem Weg in Richtung Königsklasse befindet. Trotz der Niederlage gegen Bremen sind die Stuttgarter noch immer Tabellendritter. Noch ist zwar nichts entschieden, die Chancen auf die Champions League aber steigen mit jeder Woche. Zumal die Verfolger RB Leipzig und Borussia Dortmund noch gegeneinander spielen und sich gegenseitig Punkte rauben werden.
Und dann wäre da noch der potenziell fünfte oder gar sechste Champions-League-Platz für die Bundesliga. Dank der guten internationalen Leistungen von Bayer Leverkusen (Halbfinale Europa League), Borussia Dortmund und Bayern München (beide Halbfinale Champions League) könnte der VfB gar als Fünfter oder Sechster in die Champions League einziehen. Diesen fünften Platz hat der VfB übrigens bereits sicher.
Champions-League-Saison würde dem VfB Millionen einbringen
Der Einzug in die Königsklasse würde dem Verein Millionen an Prämien in die Kasse spülen. Durch die Champions-League-Reform ab kommender Saison kassieren alle Vereine 18,62 Millionen Euro allein als Antrittsprämie. Hinzu kommen Siegprämien von mehr als zwei Millionen Euro für jedes gewonnene Spiel. Selbst für ein Unentschieden gibt es mehr als 700.000 Euro. Der Einzug in die K.o.-Runden bringt nochmal jeweils niedrige zweistellige Millionensummen ein.
Geld durch Ticketverkauf, Merchandising und Co. machen die Vereine außerdem mit ihren garantierten vier Heimspielen, die sie in dem neuen Modus haben. Einnahmen für den VfB von insgesamt mehr als 30 Millionen Euro erscheinen bei einem Einzug in die Champions League also keineswegs unrealistisch.
Hält der VfB mit dem Champions-League-Geld Undav und Guirassy?
Es wären planbare Einnahmen, die der VfB Stuttgart nutzen könnte, um Undav und Guirassy weiterhin an den Verein zu binden. Im Falle, dass sich Guirassy für einen Verbleib entscheidet, müsste der Vertrag angepasst beziehungsweise dessen bisheriges Gehalt erhöht werden, um nur ansatzweise mit den Angeboten europäischer Topclubs mithalten zu können.
Auch bei Undav käme auf den VfB eine Gehaltserhöhung zu. Der Neu-Nationalspieler soll beim VfB fünf Millionen Euro jährlich verdienen wollen. Dafür muss der VfB aber zunächst die Kaufoption ziehen, die laut mehreren Medienberichten 20 Millionen Euro betragen soll. "Wir sind in sehr, sehr guten Gesprächen mit Deniz und seinem Berater. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir am Ende auch ein positives Ergebnis erzielen gemeinsam - so weit sind wir aber noch nicht", sagte VfB-Vorstandsboss Alexander Wehrle jüngst gegenüber "Sky". Undav wäre der mit Abstand teuerste Einkauf in der Vereinsgeschichte. Nie hatte man mehr als 11,26 Millionen ausgegeben, für die man 2018 Nicolás González verpflichtete.
Breite des VfB-Kaders bei Dreifachbelastung von Bedeutung
Zwei so hervorragend funktionierende Stürmer in seinen Reihen zu haben ist das eine, ein in der Tiefe qualitativer Kader das andere. Gerade mit der anstehenden Dreifachbelastung von Bundesliga, DFB-Pokal und Europapokal in der kommenden Saison wird die Kaderbreite für Trainer Sebastian Hoeneß essenziell.
Nicht auszuschließen, dass der VfB die möglichen Champions-League-Millionen daher auch in die Festverpflichtung weiterer Leihspieler investiert. Für Flügelstürmer Jamie Leweling (von Union Berlin ausgeliehen) besitzt der VfB eine Kaufoption in Höhe von fünf Millionen Euro. Den Abwehrspieler Leonidas Stergiou, Kapitän der Schweizer U21-Nationalmannschaft, könnten die Stuttgarter für rund zwei Millionen vom FC St. Gallen loseisen.
"Es macht einfach Spaß, mit allen zusammenzuarbeiten. Deshalb hoffe ich, dass es auch in der nächsten Saison so sein wird", sagte VfB-Trainer Hoeneß während der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen - auf das Offensivtrio Leweling, Undav und Chris Führich angesprochen.