Von wegen Sommerferien. Am Montag abend werden sich die neun Mitglieder des Vereinsbeirats des VfB Stuttgart treffen. Sie haben viel zu besprechen und zu entscheiden am Tag nach der turbulenten Mitgliederversammlung vom Sonntag, die in der Abwahl von Präsident Claus Vogt gipfelte. Da auch Vize-Präsident Rainer Adrion ankündigte, am Montag seinen Rücktritt schriftlich einzureichen, ist der VfB Stuttgart e.V. zum aktuellen Zeitpunkt geschäftsunfähig. Dies bestätigte Rainer Weninger, der Vorsitzende des Vereinsbeirats, dem SWR.
Einziges Präsidiumsmitglied ist derzeit Andreas Grupp. Der 40-Jährige wurde auf der Mitgliederversammlung als Nachfolger des im April zurückgetretenen Christian Riethmüller in dieses Vereinsgremium gewählt. Für die Beschlussfähigkeit des Präsidiums ist allerdings mindestens ein weiteres Mitglied nötig.
Dieses Mitglied, das zugleich als Interimspräsident fungieren soll, muss nun schleunigst vom Vereinsbeirat benannt werden.
Könnte Ehrenpräsident Erwin Staudt dem VfB Stuttgart helfen?
Weninger betont: "Wir müssen jetzt schauen, welcher Partner zu Andreas Grupp passen würde." Der Beirat will möglichst zeitnah ein Anforderungsprofil erstellen. "Alle Vereinsbeiräte haben bereits den Auftrag erhalten, sich diese Gedanken zu machen", sagt Weninger. Man sei auf das Szenario einer Abwahl von Präsident Vogt und einem Rücktritt von Vizepräsident Adrion vorbereitet gewesen. Auch wenn die Zeit drängt, unter Druck setzen lassen möchten sich Weninger und seine acht Kolleginnen und Kollegen nicht. "Hier ist Qualität vor Schnelligkeit gefragt. Wir müssen die Situation in aller Ruhe analysieren." Dennoch will der Vereinsbeirat möglichst noch in dieser Woche den Interimspräsidenten benennen.
Im Gespräch als mögliche Kandidaten sind u.a. Vereinsbeirat Marc Nicolai Schlecht und der VfB-Ehrenpräsident Erwin Staudt (76). Staudt, in dessen erfolgreiche Ära als hauptamtlicher Vereinschef (2003 - 2011) der Gewinn des deutschen Meistertitels 2007 und der Umbau des Stadions in eine reine Fußballarena fiel. Gerade der 76-Jährige könnte mit seiner langjährigen Erfahrung als ehemaliger VfB-Präsident und mit seiner gelassenen, unaufgeregten Art helfen, Gräben zuzuschütten, den Verein zu befrieden und den Neuanfang auf den Weg zu bringen. Staudt hatte vor der Mitgliederversammlung gegenüber SWR Sport erklärt: "Wenn der Verein in eine Notsituation kommt, würde ich nicht nein sagen können." Er rechne aber nicht mit einer Anfrage, sondern mit einem Interimspräsidenten "aus der Mitte des Vereinsbeirats".
Außerordentliche Mitgliederversammlung muss neuen Präsidenten wählen
Laut Satzung des VfB Stuttgart e.V. ist "unverzüglich" eine Mitgliederversammlung einzuberufen, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Das Verfahren ist allerdings aufwendig. Kürzlich erklärte Alexander Scheuch, Jura-Professor und Experte für Verbands- und Sportrecht an der Universität Bonn, im SWR Sport-Gespräch: "So wie ich die aktuelle Satzung verstehe, könnte eine außerordentliche Mitgliederversammlung zur Nachwahl erst mehr als drei Monate später stattfinden". Der nachgewählte Präsident wäre für die verbleibende Amtszeit des Ausgeschiedenen, also für die verbleibende Amtszeit von Claus Vogt, gewählt. Ergo bis Sommer 2025.
Claus Vogt ist bei all diesen Vorgängen außen vor. Der 54-Jährige verließ am Sonntag nach seiner Abwahl angeschlagen und tief getroffen vorzeitig die Halle. Er kann jetzt in die Sommerferien gehen. Nicht mehr als Präsident, sondern als VfB-Fan.