Fußball | Zwischenbilanz

Nach der Ära Streich - SC Freiburg startet mit Julian Schuster kräftig durch

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Autor/in
Kersten Eichhorn

Zeitenwende beim SC Freiburg: Nach dem Trainerwechsel zu Julian Schuster hat sich die Mannschaft an den ersten sechs Bundesliga-Spieltagen gut präsentiert. Ein Zwischenfazit.

So lief der Saisonstart des SC Freiburg

Das Zahlenwerk ist imponierend: Vier Siege aus sechs Spielen, zwölf Punkte, Tabellenplatz vier - der SC Freiburg hat seinen Startrekord von 2019 und 2022 in der Bundesliga eingestellt. Stark und ein sofortiges Ausrufezeichen unter Neu-Trainer Julian Schuster war vor allem das Auftaktspiel mit dem 3:1-Erfolg im Baden-Württemberg-Duell gegen den Vizemeister VfB Stuttgart. Kaum erklärbar war der einzige wirkliche Ausrutscher in dieser ersten Saisonphase bei der 0:3-Heimniederlage am fünften Spieltag gegen Neuling FC St. Pauli.

Danach aber zeigten die Freiburger sofort eine gute Reaktion, siegten in Bremen mit 1:0 und setzten sich über die Länderspielpause als Vierter in der Spitzengruppe der Bundesligatabelle fest. Dazu kam das souveräne 4:0 im DFB-Pokal beim VfL Osnabrück. Auch Ex-Trainer Christian Streich zeigte sich zuletzt erfreut: "Das läuft super, die machen wahnsinnig gute Arbeit", so Streich gegenüber SWR Sport, "das habe ich aber auch so erwartet".

Der SC Freiburg steht - Ausnahme St. Pauli - in der Abwehr stabil, kassierte in sechs Spielen erst sieben Gegentreffer, mit Leipzig (2) und Berlin (4) nur zwei Bundesligateams noch weniger. Hier macht sich auch die Genesung von Abwehrchef Matthias Ginter bemerkbar. Der Nationalspieler fehlte seit März wegen einer Operation, steht inzwischen wieder in der Startelf.

Die Mannschaft überzeugt auch mit herausragender Laufarbeit: Die Breisgauer spulten bereits 717 Mannschaftskilometer ab, belegen damit Rang zwei hinter St.Pauli. Auch was Sprints und intensive Läufe angeht, ist das top-austrainierte Team von Schuster weit vorne mit dabei. Verbesserungswürdig ist allerdings noch die Torausbeute (neun Treffer). Hier zeigte sich zuletzt aber Ritsu Doan als Vorbild. Der Japaner begeisterte in Heidenheim und Bremen mit zwei sehenswerten Toren.

So präsentieren sich die Neuzugänge beim SC Freiburg

Die Freiburger verstärkten sich vor der Saison zweimal namhaft. Eren Dinkci (22) kam als zehnfacher Torschütze vom 1. FC Heidenheim, wurde von seinem Stammverein Werder Bremen für fünf Millionen Euro von der Weser an die Dreisam transferiert. Patrick Osterhage (24) kam für 4,8 Millionen Euro vom VfL Bochum. Beide Spieler sind mit ihrem jeweiligen Profil prima Ergänzungen. Offensivspieler Dinkci bietet eine enorme Endgeschwindigkeit über die Außenbahn, Mittelfeldspieler Osterhage überzeugt im defensiven und zentralen Mittelfeld vor allem mit viel Körperlichkeit.

Ein gefühlter Neuzugang ist auch Junior Adamu. Im vergangenen Jahr für sechs Millionen Euro von RB Salzburg als "Königstransfer" verpflichtet, wurde der verletzungsgeplagte österreichische Nationalstürmer bereits als Transfer-Flop gehandelt. Kein Startelf-Einsatz, keine Torbeteiligung 2023/24. Nach starker, vor allem auch verletzungsfreier Vorbereitung präsentierte sich Adamu jetzt auch zum Saisonstart fußballerisch im neuen Gewande. Der 23 Jahre alte Modellathlet schoss bereits jeweils zwei Tore im DFB-Pokal und in der Bundesliga und ist in dieser Form ein wichtiger Faktor.

Ansonsten blieb eine erstaunliche Kontinuität im Mannschaftskader erhalten, kein einziger Stammspieler hatte vor der neuen Saison den Sport-Club verlassen. Schuster kann also auf ein eingespieltes Team mit langjährigen Führungsspielern wie Kapitän Christian Günter, Ginter, Nicolas Höfler und Vincenzo Grifo setzen, was ihm sicherlich die Einarbeitung im Sommer deutlich erleichterte. Mit ihnen spielte Schuster sogar noch gemeinsam im SC-Trikot: "Er hat sich nicht viel verändert vom Spieler zum Trainer", sagt beispielsweise Ginter über Schuster und die Zukunft, "das kann sehr gut werden".

So wirkt der neue Trainer Julian Schuster

Schuster hatte im Sommer ein schweres Erbe angetreten. Immerhin musste der 39-Jährige aus dem langen Schatten des Freiburger Kult-Trainers Christian Streich heraustreten. Streich, der eine Auszeit einlegt, hatte mehr als zwölf Jahre lang die Cheftrainerposition an der Dreisam inne, war das Gesicht des Sport-Clubs und führte die Freiburger mehrfach in den Europacup und sogar ins DFB-Pokalfinale.

Die ersten Schritte sind dem ehemaligen Sport-Club-Kapitän Schuster bei seiner Cheftrainer-Premiere erstaunlich gut und ohne Anlaufschwierigkeiten gelungen. Sportlich sowieso mit dem bereits erwähnten Startrekord und einer erfrischenden Spielweise mit offensivem Pressing. Von der Schusterschen Angriffslust zeugen auch die 84 Torschüsse an den ersten sechs Bundesliga-Spieltagen, nur vier Teams waren abschlussfreudiger als die Freiburger.

Allerdings sollte sich hier die Effizienz deutlich verbessern, am Ende landeten nur neun Bälle tatsächlich im gegnerischen Netz. Sogar zwei Elfmeter wurden verschossen. Schuster, ein ausgesprochener Tüftler, was neue Trainingsformen angeht, wird sich sicherlich der Problematik intensiv widmen.

Auch außerhalb des Spielfeldes kommt der Streich-Nachfolger als ausgesprochener Sympathieträger daher, zeigt sich wie schon in seiner Zeit als Bundesligaspieler jederzeit authentisch und aussagekräftig. Stand jetzt ist Julian Schuster, der vor seiner Berufung zum Chefcoach jahrelang als Verbindungstrainer beim Sport-Club wirkte und auch deshalb viel "Stallgeruch" mitbringt, ein Glücksgriff der Verantwortlichen um Sportvorstand Jochen Saier für die nicht einfache Nachfolge von Christian Streich.

Ausblick

Der SC Freiburg ist auf gutem Weg, eine weitere stabile Bundesligasaison zu spielen. Wenn das Team - anders als in der vergangenen Runde mit Günter und Ginter - von weiteren schweren Verletzungen verschont bleibt und die Top-Talente wie Noah Atubolu, Merlin Röhl oder Max Rosenfelder den nächsten Schritt ihrer Entwicklung gehen, könnten die Breisgauer durchaus um die Europa-League-Plätze mitspielen.

In diesem Zusammenhang ist es jammerschade, dass gerade mit dem aufstrebenden Merlin Röhl seit September ein wichtiger Mosaikstein im Offensivspiel des Sport-Clubs nach Riss des Syndesmosebandes noch wochenlang fehlen wird.

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Kersten Eichhorn