Fußball | Frauen-Bundesliga

Theresa Merk beim SC Freiburg: Aufstieg einer Unbeirrten

Stand
Autor/in
Johannes Holbein

Theresa Merk ist die neue Cheftrainerin der Frauen des SC Freiburg und eine von zwei Frauen in dieser Position in der Bundesliga. Wie ist sie so weit gekommen?

Theresa Merks Weg nach oben begann mit einem Rückschlag. 2007 war das. Sie war gerade volljährig und hatte sich in den Kopf gesetzt, ihren ersten Trainerschein zu machen, die Basis zu legen für eine erfolgreiche Laufbahn als Trainerin, so zumindest der Plan. Das Thema ihrer Lehrprobe hieß Spielaufbau. Merk hatte selbst Fußball gespielt und Kinder trainiert, aber ihr fehlte das Wissen, worauf es im Taktiktraining für Erwachsene ankommt. Also fiel sie durch, bekam den Trainerschein nicht.

Dirk Mack, der sie als damaliger Verbandssportlehrer des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) prüfte, kennt nicht mehr alle Details der Lehrprobe, aber an eine Sache erinnert er sich genau: wie gut Merk mit dem Rückschlag umgegangen ist. Sie hat Ratschläge angenommen, Fehler analysiert, Wissenslücken gefüllt und geübt, geübt, geübt. Ein halbes Jahr später bestand sie die Prüfung, so gut, dass sie für die Lehrgänge der nächsthöheren Lizenzstufe berechtigt war. "Sie hat sich nicht beirren lassen", sagt Mack.

Theresa Merk ist "besessen" von Fußball

Unbeirrt, so bewegt sich Theresa Merk auch 15 Jahre danach über den Trainingsplatz am Dreisamstadion. Ihre Schritte sind fest, ihre Gesten eindeutig, ihre Kommandos kurz und bestimmt. Sie beschreibt sich als "analytisch-positiv". Ihr geht es darum, ihre Spielerinnen zu bestärken, zu motivieren, gute Situationen hervorzuheben und Fehler abzuhaken. Merk kann laut werden, aber das ist eigentlich nicht ihr Stil. Sie beobachtet gerne. "Wenn man selber aktiv im Geschehen ist, dann kriegt man manche Dinge auch nicht so richtig gut mit", sagt sie. Dirk Mack, mit dem sie regelmäßig in Kontakt steht, hält sie für strukturiert, ehrgeizig, fast schon "besessen". "Und sie hat die Fähigkeit, Dinge zu vermitteln."

Das hat sie früh gelernt. An ihrem Gymnasium sollte eine Fußball-AG entstehen, aber es fand sich keine geeignete Lehrerin. Also wurde Theresa gefragt. Sie machte eine Schülermentoren-Ausbildung und übernahm mit einer Mitschülerin die AG. "Dass man was mitgeben konnte, aber auch, dass die Leute mit so viel Freude und Eifer dabei waren, das hat mir am meisten imponiert."

Die neue Cheftrainerin des SC Freiburg: jung und trotzdem sehr erfahren

Mit ihren 32 Jahren hat sie einen beachtlichen Werdegang hingelegt. Als Spielerin stieg sie mit dem VfL Sindelfingen in die Bundesliga auf. Doch auf dem Platz sah sie keine Zukunft, hatte den Eindruck, nicht das Niveau zu haben, um sich durchzusetzen. Also entschied sie sich, Trainerin zu werden. Sie trainierte die U17 der Sindelfingerinnen in der Bundesliga, da war sie Anfang 20. In Tübingen machte sie ein Masterstudium in Sportmanagement. Im Anschluss wurde sie Verbandssportlehrerin im Verband Mittelrhein.

Hospitation bei Alexander Zorniger und die ersten Titel

2019 bestand sie die Fußball-Lehrer-Lizenz, die höchste Qualifikation in der Trainerausbildung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Währenddessen hospitierte sie bei Alexander Zorniger in Bröndby. Später wurde sie Co-Trainerin beim VfL Wolfsburg in der Bundesliga der Frauen, gewann die Meisterschaft (2020), zwei Mal den DFB-Pokal (2020, 2021) und stand im Champions-League-Finale (2020). In der vergangenen Saison trainierte sie die Frauen von Grasshopper Zürich, stand im Halbfinale der Meisterschaft und im Pokalfinale.

Theresa Merk bekommt die Auszeichnung als Fußball-Lehrerin.
Beim 65. Fußball-Lehrer-Lehrgang war Theresa Merk die einzige Frau.

Eine Oberschwäbin beim SC Freiburg: Passt das?

Und jetzt Freiburg. Ihr Gefallen die Werte des Klubs, die Idee, Mannschaften nachhaltig aufzubauen mit Talenten aus der eigenen Jugend. "Ich sehe mich selber im Moment noch eher als Entwicklerin", sagt sie. Die Bundesliga habe sie gereizt, sie sei professioneller als der Fußball in der Schweiz. Die Möglichkeit, im Dreisamstadion zu spielen, vor einer solchen Kulisse, sei bei den Frauen einzigartig. "Das ist echt schon so ein bisschen Fußballromantik. Das Stadion gibt es schon so lange, das hat schon so viele Höhen und Tiefen durchlebt." Aber sie mag auch die Menschen im Breisgau und im Verein. "Die sind extrem sympathisch, nicht abgehoben", sagt die Schwäbin, die in Ravensburg geboren ist.

Theresa Merk als Trainerin von Grasshopper Zürich
Bei Grasshopper Zürich hat sie erfolgreich gearbeitet. Zu einem Titel hat es aber nicht gereicht.

Merk will in Freiburg mutigen, offensiven Fußball spielen lassen, ein Team entwickeln, das viel Ballbesitz hat. Sie will aber noch mehr: ein Vorbild sein für Mädchen und Frauen. "Probiert das, macht das. Wenn das eure Leidenschaft ist, dann lasst euch nicht von irgendjemandem aufhalten; lasst euch nichts einreden", sagt sie. In ihrem Fußballlehrer-Lehrgang war sie die einzige Frau. In der Bundesliga ist sie eine von zwei Cheftrainerinnen. Wie kann das sein? "Ich weiß es nicht, ganz ehrlich. Ich weiß es nicht. Aber es ist extrem schade."

Theresa Merk: Fußball ist keine Männersache

Merk hat auf ihrem Weg nach oben erlebt, wie wenig Frauen zugetraut wird. "Natürlich gibt es so Momente, wo Leute sagen: 'Krass, hätte ich nicht erwartet, dass Du das auch so hinkriegst'." Sie hat dumme Sprüche gehört, aber für sich Grenzen gezogen, wann es genug ist. Und sie kann kontern. Damit sich die Situation für Trainerinnen bessert, hält sie es für wichtig, dass Frauen auch bei den Junioren, etwa in den Nachwuchsleistungszentren, im Trainerstab dabei sind, um den Kindern und Jugendlichen früh zu zeigen: Fußball ist keine Männersache. "Dann wird man auch nicht mehr so überrascht angeguckt, wenn man als Frau eine solche Position einnimmt." Und es gäbe mehr Möglichkeiten für Frauen, als Trainerinnen zu arbeiten. "Dadurch kriegt man natürlich auch mehr Frauen, die den Weg einschlagen. Weil wenn es keine Stellen gibt, wieso sollte ich dann überhaupt den Weg in diese Schiene suchen?"

Als sie noch ein Kind war, machte Theresa Eiskunstlauf. Doch sobald sie erfuhr, dass eine Bekannte eine Fußballmannschaft ins Leben rief, wollte sie nicht mehr übers Eis tanzen. Sie wollte kicken. Ihre Mutter war davon nicht begeistert. Mädchen, die Fußball spielen? Passt das? In den Neunzigern waren die Vorbehalte noch größer, die Blicke noch schiefer. Aber Theresa ließ sich nicht beirren.

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