Gleich nach Spielende am Freitagabend kam in Berlin eine liebevolle Nachricht aufs Handy. Vanessa Grifo schickte ihrem Mann Vincenzo ein kleines Video vom verpatzten Elfmeterschuss mit dem Zusatz "Schade". Ein kleiner, netter Seelentröster, der den Frust beim Standard-Spezialisten aber nur kurz milderte. Was folgte war, wieder daheim in Freiburg, eine unruhige Nacht: "Relativ schlecht", antwortete Grifo auf die Frage, wie er denn geschlafen habe. "Jeder, der mich kennt, der weiß, dass ich mir über Elfmeter relativ viel Gedanken mache und mir auch viel abverlange". Und dann das.
Frederik Rönnow ahnte Grifos Ecke
Umso ärgerlicher, weil es der zweite Bundesliga-Fehlschuss in Folge war. Grifo scheiterte in dieser Saison bereits bei der 0:3-Heimniederlage gegen den FC St. Pauli vom Punkt, jetzt erneut beim torlosen Unentschieden in der Alten Försterei. Grifo schoss in dieser 22. Minute von sich aus gesehen nach links, Union-Keeper Frederik Rönnow ahnte die Ecke und hielt den Ball.
"Ich habe gegen Rönnow schon ein paar Mal geschossen, gegen Union auch. Und dann fängt man irgendwann mal an ein bisschen zu überlegen. Was könnte der Torhüter machen, man analysiert den Torhüter auch", so Grifo mit einem ehrlichen Einblick in seine unruhigen Gedankengänge, "und am Freitagabend war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich in die Ecke schieße und er in die andere geht oder in der Mitte stehenbleibt. Aber Satz mit X, war wohl nix".
Es war der zweite gehaltene Elfer des Dänen im Union-Tor in dieser Saison. Erst scheiterte Leipzigs Openda, jetzt Freiburgs Grifo: "Ich hatte ein gutes Gefühl auf dem Platz, dass er auf meine rechte Seite schießt und zum Glück habe ich den Ball gehalten", sagte der Berliner Keeper nach Spielende nüchtern.
Bis zum Sommer verwandelte Grifo von 28 Bundesliga-Elfmeter 26
"Es tut mir sehr leid für die Mannschaft", haderte Grifo im Nachhinein, "wir hätten uns mit einem Sieg für die gute Leistung belohnen können. Vielleicht wäre das der Dosenöffner zum Sieg gewesen". Schade allemal, weil der Freiburger seit Jahren als einer der sichersten und vor allem ausgebufftesten Elfmeterschützen in der Bundesliga gilt. Bis zum Sommer hatte der 31-Jährige von 28 Elfern in der Bundesliga immerhin 26 verwandelt. Eine Top-Quote.
Und seither in der Liga geschossen und zweimal gescheitert. Spontane Aufmunterung gab es aber vom Freiburger Trainer und von seinen Mitspielern. "Solche Dinge können passieren. Wichtig ist immer, wie man darauf reagiert. Das hat er gut gemacht und das hat die Mannschaft gut gemacht", sagte SC-Coach Julian Schuster. Grifo sei "eigentlich ein super Schütze", betonte auch Mitspieler Eren Dinkci, "da darf er den Kopf nicht in den Sand stecken. Den nächsten haut er wieder rein."
Freiburger Negativserie vom Punkt
Apropos: Grifos Fehlschuss bei den Eisernen setzte eine erschreckende Serie des Sport-Clubs fort: Saisonübergreifend verballerten die Freiburger in der Bundesliga fünf Elfmeter nacheinander. "Das ist keine gute Statistik", so der SC-Spielmacher kopfschüttelnd über die kuriose Negativserie vom Punkt, "da müssen wir wieder besser werden, weil wir in den Standards gut sein wollen". In der Endphase der vergangenen Bundesliga-Runde verschossen bereits Lucas Höler und Roland Sallai, in dieser Saison scheiterten erneut Höler und wie beschrieben zweimal Grifo. Fünf verschossene Elfer - 1999 war das dem Sport-Club schon einmal passiert.
Im DFB-Pokal traf Grifo gegen den HSV
Immerhin: In der zweiten Runde des DFB-Pokals Ende Oktober hatte Grifo beim 2:1 gegen den Hamburger SV seinen Strafstoß gewohnt sicher verwandelt. Und: Nach dem Auslaufen am Samstag wartete Gattin Vanessa zuhause mit einer italienischen Pasta. Auch das ein kleiner Trost für den unglücklichen Schützen, aber: "Die Nudeln", so Vincenzo Grifo, "hätten bei einem Sieg deutlich besser geschmeckt..."