Fußball | Meinung

"TSG Sturm Hoffenheim" - mehr Chance als Risiko?

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Kersten Eichhorn

Nach Sportdirektor Andreas Schicker und Chefscout Paul Pajduch verpflichtete die TSG Hoffenheim jetzt auch den Trainerstab von Sturm Graz um Christian Ilzer. Für SWR-Fußballreporter Kersten Eichhorn eine außergewöhnliche Konstellation.

Jetzt stellen wir uns mal Folgendes vor: Weil es beim FC Bayern München bis zur Winterpause nicht mehr läuft, verpflichtet der Rekordmeister vom VfB Stuttgart zunächst Nationalverteidiger Maxi Mittelstädt, danach dessen Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, der holt sich als Sportdirektor Christian Gentner an seine Seite zu den Bayern, ehe er schließlich auch noch Erfolgstrainer Sebastian Hoeneß mit seinem ganzen Trainerstab von Stuttgart an die Säbener Straße nach München verpflanzt. Zugegeben, das ist eine unglaubliche Story. Eine Fiktion und deshalb bitte nicht erschrecken, liebe VfB-Fans.

Komplette Grazer Führung im Kraichgau

Allerdings lehrt uns der Fußball jede Woche aufs Neue: Nichts ist unmöglich. Denn die in etwa deckungsgleiche Geschichte, die ich dem VfB und den Bayern zusammengesponnen habe, ist jetzt im Kraichgau passiert. Die TSG Hoffenheim verpflichtete die komplette sportliche Führung von Österreichs Meister und Pokalsieger Sturm Graz.

Nach dem Wechsel von Nationalverteidiger Alexander Prass im August holte Hoffenheim im Oktober Sportchef Andreas Schicker und kurz darauf dessen Technischen Direktor Paul Pajduch aus der Steiermark in die Kurpfalz. Diesen Freitag wurde dann das Komplettpaket geschnürt und auch noch der Grazer Trainerstab mit Chefcoach Christian Ilzer an der Spitze von der TSG unter Vertrag genommen.

Sturm Graz - erfolgreicher als RB Salzburg

Es ist eine personelle Kuriosität zwischen zwei Vereinen, wie es sie in dieser Art und Weise noch nicht gegeben hat in der Bundesliga. Für die TSG Hoffenheim ist sie Chance und Risiko zugleich. Dem abstiegsgefährdeten Bundesligaclub ist es gelungen, ein in Österreich höchstgeschätztes Erfolgsgespann für sich zu gewinnen. Schicker, Ilzer und ihr Staff stellten zuletzt mit Sturm Graz sogar das lange Jahre übermächtige RB Salzburg in die zweite Reihe, holte zunächst den Pokal und in diesem Jahr sogar das österreichische Double, qualifizierte sich für die Champions League.

Sinsheim

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Nach der Freistellung von Pellegrino Matarazzo hat die TSG Hoffenheim nach übereinstimmenden Medienberichten einen neuen Trainer: Christian Ilzer, bisheriger Coach von Sturm Graz.

Servus - man kennt sich bestens

Das bringt natürlich unschätzbare Vorteile mit sich. Man kennt sich durch die eng verzahnte Zusammenarbeit in Graz über mehrere Saisons bestens, weiß genau, wen man an seiner Seite hat und wie die Protagonisten im Funktionsteam ticken und arbeiten. Alles ist eingespielt, die Vertrauensbasis könnte nicht besser sein.

Vor allem auf Erfolgstrainer Christian Ilzer darf man ab sofort gespannt sein. Der 47-Jährige gilt als überragender Könner auf der Bank, der spannenden Offensivfußball spielen lässt. Zuletzt war er "Trainer des Jahres" im österreichischen Fußball. So gesehen ist die Verpflichtung Ilzers als Nachfolger des am Montag entlassenen Pellegrino Matarazzo ein echter Coup des neues Hoffenheimer Sportgeschäftsführers Andreas Schicker.

Frischer Wind von Sturm?

Andererseits aber birgt die Geschichte aus dem Kraichgau auch gewisse Risiken. Die Verpflichtung von Christian Ilzer durch seinen früheren Grazer Chef Andreas Schicker wirkt auf den ersten Blick wie ein vor Wochen vorbesprochenes Konstrukt und darüber hinaus nicht sonderlich einfallsreich. Alle kommen aus Graz - verträgt sich zu viel Nähe im neuen Umfeld?

Dass Ilzer noch ohne Erfahrung in der deutschen Bundesliga ist, muss kein Nachteil sein. Frische Methoden und Einflüsse könnten dem angeschlagenen Hoffenheimer Dasein nur guttun und endlich wieder neue Energie einhauchen. Allerdings, das sollte man nicht vergessen, wechseln die Grazer Macher vom österreichischen Meistermodus in den schwierigen deutschen Abstiegskampf.

Großer Erfolgs- und Erwartungsdruck für Christian Ilzer

Der Erfolgs- und Erwartungsdruck nach den herausragenden Erfolgen mit Sturm ist für Schicker und Ilzer enorm groß, aufgrund der prekären Tabellensituation der TSG muss das wankelmütige Hoffenheimer Team schnell funktionieren. Ein Team, das während der laufenden Saison übernommen wurde und das nicht nach den fußballerisch-systematischen Vorstellungen von Andreas Schicker und Christian Ilzer im hektischen Transfersommer zusammengestellt worden war. Wie passt das zusammen? Personelle Korrekturen sind frühestens in der Winterpause, beziehungsweise erst nächsten Sommer möglich.

Keine Trainerverpflichtung hat eine Erfolgsgarantie

Wenn's sportlich klappt und die TSG künftig "stürmisch" Erfolge feiert, ist alles gut und Andreas Schicker hat alles richtig gemacht. Wenn nicht, wird in den Medien möglicherweise schnell das Wort von der "Österreich-Connection" die Runde machen, die in Hoffenheim nicht funktioniert. Dafür trägt dann der Sportchef Andreas Schicker die Verantwortung.

Wobei letztlich jede Trainerverpflichtung ein Risiko in sich trägt. Ob der Mann nun Christian Ilzer heißt und wie Schicker aus Graz kommt, oder ob es sich in der Matarazzo-Nachfolge um einen ganz anderen Kandidaten gehandelt hätte. In jedem Fall ist die Bundesliga um eine besondere Geschichte reicher. Spannend ist sie allemal.

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Kersten Eichhorn