Fußball | Bundesliga

Ungewohnte Patzer: Hoffenheims Trainer stärkt Nationalkeeper Oliver Baumann

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Autor/in
Kersten Eichhorn

Nach dem Sieg gegen Leipzig zum Debüt kassierte die TSG Hoffenheim mit dem neuen Trainer Christian Ilzer zuletzt drei Niederlagen in Serie. Am Sonntag kommt der SC Freiburg zum badischen Duell.

Im Gegensatz zur tabellarischen Situation seines Vereins steht Oliver Baumann in den DFL-Statistiken der laufenden Bundesliga-Saison ziemlich weit oben. Der Torhüter des Kellerkindes aus Hoffenheim hat mit 45 Torschüssen nach Kiels Timon Weiner (46) und Wolfsburgs Kamil Grabara (46) bislang die meisten Bälle gehalten. Bei den vereitelten Großchancen ist "Oli" sogar Spitzenreiter. Von seinem Ruf als exzellenter Elfmeter-Spezialist ganz zu schweigen.

Zuletzt aber patzte ausgerechnet der neue Nationaltorhüter gleich zweimal binnen sechs Tagen. Bei der 0:3-Niederlage in der Europa League in Braga misslang ein Abspiel, was zum frühen Rückstand führte. Und am Mittwochabend im DFB-Pokal-Achtelfinale rutschte Oliver Baumann ein Freistoß von Wolfsburgs Vavro unglücklich durch die Arme ins Netz. Hoffenheim verlor auch diese Partie am Ende sang- und klanglos 0:3.

Ungekannte Unsicherheiten bei Baumann

Ausgerechnet Baumann. Dabei ist die Bundesliga-Bilanz der vergangenen Jahre so gut wie makellos: In den letzten 177 Spielen führte nur ein einziger Patzer des 34-Jährigen zu einem Gegentreffer. In der Liga in Mainz letzten Samstag einmal mehr überragend und in der "Kicker-Elf des Tages" - davor und danach aber mit zwei groben Fehlern in der Europa League und im DFB-Pokal. Zur fußballerischen Dürre und der entsprechenden Ergebnis-Not der Hoffenheimer kommen jetzt also auch noch völlig ungekannte Unsicherheiten beim sonst so stabilen TSG-Rückhalt im Kasten.

Es spricht für den Ehrenmann Baumann, dass er diesen verflixten Wolfsburger Treffer vor den TV-Kameras ("Sieht extrem Scheiße aus...") und auch auf seinem Instagram-Kanal auf die eigene Kappe nahm, keinerlei Ausflüchte suchte: "Das Ding tut weh und darf mir natürlich nicht passieren".

Oliver Baumann zu seinem Patzer gegen Wolfsburg | Instagram @olibaumann90

Die volle Unterstützung seines Trainers hat Baumann allemal. Das sei ein großartiger Typ, der sich selbst am meisten ärgert und klare Kante zeigt, sagt Christian Ilzer, "mit einem enormen Wert für die Mannschaft".

Trainereffekt um Christian Ilzer schon verpufft?

Die Situation ist schon dramatisch genug im Kraichgau. Nach dem scheinbar erlösenden 4:3-Erfolg beim Debüt des neuen Chefcoaches Ilzer am 23. November gegen RB Leipzig ist der Effekt des Trainerwechsels unerklärlicherweise ganz schnell wieder verpufft. Dem Coup gegen das Team aus Sachsen - damals allerdings noch in einer tiefen Herbstkrise - folgten zuletzt gleich drei Nullnummern: Das erwähnte 0:3 in Braga, dazwischen ein 0:2 in der Bundesliga in Mainz und das 0:3 von Wolfsburg. Eine völlig verunsicherte und fehleranfällige Abwehr musste acht Gegentore schlucken, vorne traf dagegen niemand im TSG-Dress. Offensive Harmlosigkeit.

Nichts mehr war zu sehen und zu spüren vom ungestümen Tempofußball gegen die Leipziger und dem unbändigen Willen, die Partie nach dreimaligem Rückstand doch noch zu drehen. Stattdessen wenig produktive Ballpassagen ohne echte Tiefe und Torgefährlichkeit und offensichtlich fehlendes Selbstvertrauen.

Personell alles durchrotiert

Es wird ein hartes Stück Arbeit für die sportliche Führung, den Kraichgau-Express wieder aufs richtige Gleis zu ziehen. Personell hat Christian Ilzer in den letzten Spielen vieles versucht, fast seinen kompletten Personalbestand ausprobiert. Der Meistermacher aus Graz ließ in allen drei Spielen kräftig rotieren. Aber ohne jeglichen durchschlagenden Erfolg. Selbst Dauerreservisten wie Diadié Samassékou bekamen ihre Chance, der Malier stand zuletzt in Wolfsburg zum ersten Mal in dieser Saison in der Startelf.

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Fußball | Bundesliga Trainerwechsel-Effekt schon verpufft? Hoffenheim enttäuscht auch in Mainz

Nach dem spektakulären 4:3 gegen Leipzig legt die TSG Hoffenheim unter dem neuen Trainer Christian Ilzer zwei schwache Auftritte hin.

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Drei Niederlagen in Folge? Daran kann sich Christian Ilzer in seiner bisherigen Karriere nicht erinnern. Man müsse jetzt wieder aufstehen, sagt der Trainer, weiter an Abläufen arbeiten, damit sie irgendwann ineinander greifen. Die Mannschaft sei willig, bereit und aufnahmefähig. Aber immer mehr wird deutlich, dass die verunglückte Saisonvorbereitung mit der Trennung von der sportlichen Führung und die verspätete Offensive auf dem Transfermarkt mit der hektisch wirkenden Verpflichtung von sieben Spielern für immerhin rund 60 Millionen Euro eine Hypothek ist. Das personelle Gerüst stimme zwar durchaus für die Idee seines Fußballs, sagt Christian Ilzer. Die TSG wird in Person von Sportchef Andreas Schicker aber nicht umhin kommen, das Wintertransferfenster für eine weitere Shopping-Tour zu nutzen.

Freiburg ist ein "Angstgegner" der TSG

Und ausgerechnet jetzt, auf Platz 14 und mit dem bangen Blick nach unten, kreuzt am Sonntag (17:30 Uhr / live im Audiostream auf sportschau.de) mit dem SC Freiburg im badischen Duell eine Art "Angstgegner" in der Hoffenheimer Arena auf. Acht der letzten elf Spiele gegen den Sport-Club hat die TSG verloren, nur einmal gewonnen. Auf den Ex-Freiburger Oliver Baumann wird viel Arbeit zukommen, er steht gegen seinen Ausbildungsverein vor dem 474. Bundesligaspiel, überholt damit sogar die Torhüter-Legende Sepp Maier. Und nochmal Statistik-Stoff: Länger als eineinhalb Jahre haben die Kraichgauer zuhause schon nicht mehr zu null gespielt. Höchste Zeit für Hoffenheim und Keeper Baumann, dass sich das ändert.

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Kersten Eichhorn