Fußball | 2. Bundesliga

Neuer FCK-Hauptsponsor: Ein teuflischer Deal?

Stand
Autor/in
Christoph Pietsch

Der 1. FC Kaiserslautern hat einen neuen Hauptsponsor: Novoline. Novoline verdient sein Geld mit Automaten- und Online-Glücksspiel. Ein Unternehmen also, dessen Geschäftsmodell das mitunter leichtfertig verspielte Geld anderer Leute ist. Wie passt das zum FCK?

Die Pressemitteilung des FCK kam in der Woche nach dem DFB-Pokalfinale: "Novoline wird neuer Hauptsponsor auf dem Betze". Neben dem Trikot werde das Logo des Glücksspielanbieters auch im Fritz-Walter-Stadion "eine breite Präsenz" erhalten. Der Sponsoringvertrag läuft bis 2027, zu welchen Konditionen, darüber war nichts zu lesen. Stattdessen ein Zitat von FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen, dass man sich sehr darüber freue, mit Novoline auch weiterhin "ein Unternehmen aus der Region" als Hauptsponsor zu haben.

Novoline ist eine Marke von Löwen Entertainment, einem in Bingen am Rhein ansässigen Glücksspielunternehmen. Löwen Entertainment wiederrum ist ein Tochterunternehmen der Novomatic AG, einem global agierenden Glücksspielkonzern mit Stammsitz in Gumpoldskirchen in Österreich. Handelsregisternummer und Anschrift des Onlineangebots von Novoline liegen in der Steueroase Malta.

Geteilte Meinung bei den Fans des FCK

Viele europäische Glücksspielunternehmen sitzen in Malta. Nicht wegen des herrlichen Wetters, sondern wegen der liberalen Glücksspiel- und Steuergesetze. Steuern würden dadurch aber nicht gespart werden, wie aus einer Antwort von Löwen Entertainment auf Anfrage von SWR Sport hervorgeht: "Nahezu 100 Prozent der Steuern und Abgaben für unser Online-Angebot gehen an den deutschen Fiskus – unabhängig davon, wo BluBet Operations aktuell geführt wird." BluBet Operations ist eine weitere Tochterfirma der Glücksspielgruppe, unter diesem Namen wird Novoline auf Malta betrieben. Nach Aussage von Löwen Entertainment sei man dabei, das mit dem Standort Malta zu ändern: "Zum Zeitpunkt des Einstiegs in das Online-Geschäft war noch eine Tätigkeit in internationalen Märkten angedacht. Der Fokus wurde mittlerweile aber ausschließlich auf den deutschen Markt gelegt. Deshalb verlagern wir aktuell den Firmensitz der BluBet Operations nach Deutschland."

Saskia Bugera, kaufmännische Direktorin 1. FC Kaiserslautern und Thomas Hengen, Geschäftsführer 1. FC Kaiserslautern, bei Vertragsunterzeichnung mit Vertretern von Löwen Entertainment und der Marketingagentur Sportfive.
Saskia Bugera, kaufmännische Direktorin 1. FC Kaiserslautern und Thomas Hengen, Geschäftsführer 1. FC Kaiserslautern, bei Vertragsunterzeichnung mit Vertretern von Löwen Entertainment und der Marketingagentur Sportfive.

Ob nun Bingen am Rhein oder Malta im Mittelmeer – der neue Hauptsponsor des 1. FC Kaiserslautern ist ein Anbieter von Automaten und Online-Glücksspiel. Und so drängt sich die Frage auf, wie ein Glücksspielanbieter auf der stolzen FCK-Brust zu den viel beschworenen Werten des Pfälzer Traditionsvereins passt. Im Fan-Forum "Der Betze brennt" wird genau darüber seit Bekanntwerden des Novoline-Deals diskutiert. Ein einheitliches Meinungsbild gibt es dabei nicht:

"Niedrigere ethische Standards gibts nur in Dortmund mit Rheinmetall."

"Der FCK hat die Pflicht, gute Angebote anzunehmen. Allein schon wegen der Schuldenlast."

"Auf gar keinen Fall werde ich für einen Glücksspielanbieter Werbung laufen."

"Im richtigen Umgang mit Glücksspiel ist ja nichts Negatives zu sehen. Das sehe ich bei Alkohol, Fast Food, Chips, etc. genauso. Hier würde ich auch den besten Deal für den FCK favorisieren."

Eine Branche breitet sich aus

Der Deal des 1. FC Kaiserslautern mit Novoline passt zum Trend: Die Glücksspielbranche macht sich breit im Deutschen Profifußball. Auf dem roten Brustring des VfB Stuttgart prangt seit der vergangenen Saison der französische Wettanbieter Winamax. Hertha BSC und auch Waldhof Mannheim laufen mit Crazybuzzer auf, eine Marke des Glücksspielkonzerns Merkur. In der Bundesliga finden sich jede Menge weiterer Vereine, die eine Sponsorenpartnerschaft mit einem Glücksspielanbieter haben, wobei es sich hier fast ausschließlich um Anbieter von Sportwetten handelt – ob sie nun Tipico, Tipwin oder Bwin heißen. Bwin ist Partner des Deutschen Fußball-Bundes. Wo früher die Brauereien warben, sind es nun die Glückspielanbieter – ob im Stadion oder im Fernsehen. Politisch gedeckt durch den 2021 verabschiedeten Glücksspielstaatsvertrag der Länder: "In Sportstätten ist Werbung für Glücksspiele nur in Form der Dachmarkenwerbung auf Trikots und Bannern sowie ähnlichen Werbemitteln erlaubt."

Juristisch also alles sauber. Und moralisch? In Deutschland haben laut dem vom "Beauftragten der Bundesregierung für Suchtfragen" herausgegebenen "Glücksspielatlas 2023" rund 1,3 Millionen Menschen eine Glücksspielstörung. Das entspricht 2,3 Prozent der deutschen Bevölkerung. Das bedeutet, dass für mehr als eine Millionen Menschen in Deutschland Glücksspiel weit mehr ist als einfach nur ein Spiel. Jeder dreizehnte Glücksspieler entwickelt durch die Teilnahme an Automatenspielen, Sportwetten und anderen Glücksspielen gesundheitliche, finanzielle oder auch soziale Probleme. In manchen Fällen sind diese so massiv, dass Familien zerstört und Existenzen vernichtet werden. Die Gesellschaft kostet es Milliarden, die negativen Folgen der Glücksspielstörungen abzumildern und auszugleichen. Tendenz steigend: Die Nachfrage von Online-Glücksspielenden nach ambulanten Hilfeangeboten ist in den vergangenen fünf Jahren stark angestiegen. All das ist wissenschaftlich belegt und dokumentiert.

Geld von suchtkranken Menschen

Vor dem Einstieg von Novoline war Lotto Rheinland-Pfalz Ärmelsponsor des 1. FC Kaiserslautern. Auch Lotto Rheinland-Pfalz ist ein Anbieter von Glücksspiel, das Spiel „6aus49“ die wohl bekannteste Lotterie in Deutschland. Anders als beim Automatenspiel bewerten Experten die mit diesem Angebot einhergehenden Suchtgefahren allerdings als vergleichsweise gering.

Wie ist es also zu bewerten, dass der größte Sportverein in Rheinland-Pfalz künftig sehr prominent für einen Anbieter von Automaten-Glücksspiel wirbt? Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Suchtfragen, dazu gegenüber SWR Sport: "Glücksspielanbieter machen zum Teil ihren Profit leider aus dem Geld von suchtkranken Menschen. Die Vereine und Verbände haben eine Verantwortung gegenüber ihren Fans und setzen sie mit der Trikot- und Bandenwerbung für einen Glücksspielanbieter einem großen Risiko aus."

FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen verweist indes auf die finanziellen Aspekte der neuen Partnerschaft: "Als Wirtschaftsunternehmen sind wir natürlich immer auf der Suche nach seriösen und finanzstarken Partnern. Die Einnahmen aus dem Sponsoring stellen eine wichtige Einnahmequelle für den FCK dar.  Daher haben wir das Angebot von Löwen Entertainment mit seiner Kernmarke Novoline, einem Partner, mit dem wir bereits in der vergangenen Saison sehr positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit gemacht haben, angenommen und eine Zusammenarbeit für mindestens drei Jahre vereinbart."

Nach Jahren der Drittklassigkeit ist ein gewisser finanzieller Druck beim FCK tatsächlich nicht von der Hand zu weisen. Trotz der regionalen Investoren und dem unerwarteten Geldregen aus dem DFB-Pokal. Allein das in die Jahre gekommene Fritz-Walter-Stadion frisst jedes Jahr mehrere Millionen Euro. Aus Sicht von Thomas Hengen ist es kein teuflischer, sondern ein legitimer Deal: "Jede Form von Glücksspiel unterliegt in Deutschland zahlreichen, strengen Regularien. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch bezüglich der Werbemöglichkeiten, ergeben sich durch den Glücksspielstaatsvertrag von 2021 und werden selbstverständlich genaustens eingehalten." So werde etwa auf den neuen FCK-Trikots in Kindergrößen das Logo des neuen Hauptsponsors nicht zu sehen sein.

Wirtschaftlichkeit vs. Glaubwürdigkeit

Fans des VfB Stuttgart haben beim  unter anderem beim Erstrunden-Spiel des DFB-Pokals bei der TSG Balingen gegen den neuen Hauptsponsor Winamax protestiert.
Fans des VfB Stuttgart protestieren am 12.8.2023 beim Erstrunden-Spiel des DFB-Pokals bei der TSG Balingen gegen den neuen Hauptsponsor Winamax.

Der neue Hauptsponsor des 1. FC Kaiserslautern: Es ist ein Konflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Glaubwürdigkeit, den es so vor fast genau einem Jahr auch schon in Stuttgart gab. Als der VfB Stuttgart im Sommer 2023 den neuen Trikotsponsor Winamax bekanntgab, war die Aufregung zunächst groß. Zum ersten Pflichtspiel der neuen Saison platzierte die Ultra-Gruppierung Commando Cannstatt ein Banner mit der Aufschrift: "Werte & Moral unseres VfB – ein reines Glücksspiel?!". In dem dazu veröffentlichten Statement wurde die Wahl des neuen Hauptsponsors scharf kritisiert: "Muss man für zwei oder drei Millionen mehr im Jahresumsatz, das Vertrauen in gelebte Werte und Moralvorstellungen unseres Vereins bei vielen Fans und Mitgliedern in Frage stellen?". 34 Spieltag und eine Vizemeisterschaft später ist es still geworden in der Debatte um Sponsor und Leitbild, sind die Trikots mit dem ungeliebten Glücksspielanbieter restlos ausverkauft.

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Autor/in
Christoph Pietsch

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