Frank Schmidt, 48, ist ein Mensch, der zu dem steht, was er sagt. In einem Fall konnte er das jedoch nicht durchhalten. 2007 war das, Schmidt hatte gerade seine Spielerkarriere in Heidenheim beendet und seiner Familie versprochen, von nun an samstags den Rasen zu mähen.
Dann trennte sich der 1. FC Heidenheim von Trainer Dieter Märkle. Und Schmidt wurde gebeten einzuspringen. "Mach mal zwei Spiele, wir müssen einen neuen Trainer suchen", hieß es erst. Sein erstes Spiel gewann er 2:1 gegen Normannia Gmünd, trainiert von Alexander Zorniger. Sein zweites 9:1. "Mach mal weiter", hieß es dann. Seither sind 15 Jahre vergangen, Schmidt ist noch immer Trainer.
Frank Schmidt hatte einen ganz anderen Plan vom Leben
Der 1. FC Heidenheim entstand im Sommer 2007 durch Abspaltung vom Mutterverein Heidenheimer SB. Zwei Monate später, am 17.09., übernahm Schmidt. Damals hatte das Albstadion nur auf einer Seite eine Tribüne, auf der nicht mehr als ein paar Hundert Zuschauer Platz fanden. Von ihr aus ließen sich zwei Esel beobachten, die auf einer Wiese nebenan standen, erinnert sich Schmidt. Die heutige Arena umfasst 15.000 Plätze, das Spielfeld ist mit Tribünen umsäumt. Geblieben ist der alte Kiosk, der bei den Umbauten ins Stadion integriert wurde. "Damit man nie vergisst, wo man herkommt. Das schadet nicht", sagt Schmidt.
Er ist in Heidenheim geboren und in Giengen an der Brenz in der Südstadt aufgewachsen. "Ich bin einfach erzogen worden. Gerade, offen, ehrlich." Später machte er eine Lehre als Bankkaufmann. Eigentlich wollte er nach seiner Spielerlaufbahn im Versicherungsbüro eines Freundes anfangen und dort Karriere machen.
"Spieler wollen ehrliche Kommunikation und nicht über Scherben laufen"
In seiner ersten Saison als Trainer qualifizierte sich Heidenheim für die viertklassige Regionalliga, im nächsten Jahr gelang der Aufstieg in die 3. Liga. Seine Lizenzen machte er nebenher. 2014 stieg Heidenheim in die 2. Bundesliga auf. 2020 stand der Klub kurz vor dem Aufstieg in die Bundesliga.
Das Heidenheimer Modell besteht darin, Spieler zu holen, die auf dem Weg nach oben sind, für die es etwas Besonderes ist, für Heidenheim in der 2. Bundesliga spielen zu dürfen. Und die dann, wenn sie zu groß geworden sind für die Schwäbische Alb, weiterverkauft werden. Schmidts Aufgabe ist es, diese Spieler weiterzuentwickeln und ein Team zu formen. "Das ist die größte Herausforderung für mich als Trainer, dafür zu sorgen, dass eine Mannschaft eine Mannschaft ist."
Schmidt ist so, wie er ist. Er verstellt sich nicht, beansprucht Erfolg nicht für sich, sucht nicht das Rampenlicht, macht sich aber auch nicht klein. Er hat ein Gespür dafür, welcher Spieler eine Umarmung braucht – und welcher einen Rüffel. Psychologe sein sei sein Steckenpferd, sagt er. "Die Spieler wollen eine ehrliche Kommunikation und nicht über Scherben laufen oder heiße Kohlen."
Schmidt: "Ich habe mich immer aus voller Überzeugung für Dinge entschieden"
Abgeschaut hat er sich das von Trainer Werner Fuchs, unter dem er bei Alemannia Aachen gespielt hat. 1999 stieg Schmidt, ein torgefährlicher Verteidiger, mit Aachen in die 2. Bundesliga auf. Fünf Tage vor dem Meisterschaftsspiel, indem Aachen den Aufstieg perfekt machte, brach Fuchs im Training bei einem Waldlauf zusammen und starb. Im selben Jahr heiratete Schmidt und bekam seine erste Tochter. Aufstieg, der Tod seines Vorbilds, Hochzeit und das erste Kind, alles binnen kurzer Zeit. Schmidt war 25. "In dem Jahr habe ich alles erlebt, was das Leben ausmacht. Das prägt einen, definitiv."
Heidenheim lehrt ihn Fleiß; er lehrt Heidenheim Begeisterung
Nach Heidenheim kam er 2003 als Spieler für den Heidenheimer SB. In der Industriestadt, in der es viel Mittelstand gibt, habe er gesehen, wie hart die Menschen arbeiten. "Heidenheim hat mich gelehrt, fleißig zu sein. Wenn du es gut haben willst, musst du hart dafür arbeiten."
Und als Trainer hat er Heidenheim gelehrt, dass Fußball begeistern kann. "Es hat eine Zeit gedauert, die Menschen Stück für Stück aus sich raus kommen zu lassen. Mittlerweile kommen die anderen Mannschaften nicht mehr gerne hierher, weil in diesem engen, kleinen Stadion eine besondere Atmosphäre herrscht. Dieser Zusammenhalt, dass sich die Menschen total mit dem Verein identifizieren, das ist was besonders, von dem ich am Anfang nicht gedacht habe, dass das hier so möglich ist."
Geraune von den Tribünen hat Schmidt in seinen 15 Jahren selten erlebt. Und wenn doch, behielt er die Ruhe. 2017 etwa, als die Mannschaft wochenlang auf Rang 16 stand. Der dauerhafte Erfolg hat eben auch Erwartungen geweckt. Am Ende gelang als 13. der Klassenerhalt.
Frank Schmidt will noch in die Bundesliga
Als Schmidt als Trainer anfing, hat er etwas lapidar dahergesagt, dass er der Volker Finke von Heidenheim werden wolle. "Ohne zu wissen, was das bedeutet und was in dieser Zeit alles passiert und wie einen das altern lässt", sagt er heute. Jetzt fehlt ihm nur noch ein Jahr, um Finke, der den SC Freiburg 16 Jahre lang trainierte, einzuholen.
Schmidt will als Trainer noch in die Bundesliga. Mehrfach hat er Angebote von anderen Klubs bekommen. Er hat sie abgelehnt. Die Konstellation müsse passen, hat er mal gesagt. Sein Vertrag in Heidenheim geht bis 2027. Zeit genug, um es hier in die erste Liga zu schaffen.
Wie es um seinen Rasen steht, ist nicht überliefert.