Ungewollt schwanger – das ist Lauras Erfahrung mit ihrer Abtreibung

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Autor/in
Martika Baumert
Porträt Martika Baumert

Ich möchte in der Zukunft Kinder haben, zu einem Zeitpunkt, der für mich passt. Ich habe das Gefühl, der Schwangerschaftsabbruch hat mir das fast noch mehr versichert.

Als Laura herausfindet, dass sie schwanger ist, ist sie 22 Jahre alt und lebt in Norwegen. Dort hat sie zwei Auslandssemester gemacht. Am Tag vor ihrer Abreise macht sie einen Schwangerschaftstest, um sicher zu sein, dass sie nicht schwanger ist. „Ich hatte eh relativ unregelmäßig meine Periode und gar nicht damit gerechnet, schwanger zu sein. Und dann habe ich auf den Test geguckt und diese zwei Striche gesehen.” 

Als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, war das, als hätte mir jemand einen Eisblock in den Bauch gesetzt.

Entscheidung: Wir wollen jetzt kein Kind 

Die Person, von der Laura schwanger ist, ist in dem Moment bei ihr. Beide weinen erst einmal gemeinsam und haben dann relativ schnell das Gespräch, was das für sie bedeutet, erzählt Laura. Für sie steht fest: Sie können sich nicht vorstellen, jetzt ein Kind großzuziehen. Laura will abtreiben und fährt zu ihrer Schwester.

Ich habe als Erstes meine Schwester angerufen und habe gesagt: Ich bin schwanger, kann ich zu dir kommen?

Ablauf bis zum Schwangerschaftsabbruch

Zunächst braucht Laura eine Bestätigung ihrer Schwangerschaft. Das Problem: Ihre damalige Frauenärztin ist in Freiburg, bei ihrer Schwester hat sie keine. „Es ist eine unglaubliche Herausforderung, wenn man in der Stadt keine Gynäkologin hat. Man ruft überall und sagt: Ich habe einen positiven Schwangerschaftstest. Allein diesen Satz am Telefon auszusprechen irgendwie komisch. Und dann sind alle so: Total schön, da brauchen sie erst mal gar noch nichts machen, kommen sie in zwei Wochen wieder. Und man selbst ist so: Okay. Und ruft die Nächste an.” 

Laura findet schließlich eine Praxis, zu der sie schon am nächsten Tag kann. Per Ultraschall bestimmt die Ärztin, in der wievielten Woche Laura schwanger ist. Das ist wichtig, denn in Deutschland bleibt eine Schwangere bei einem Schwangerschaftsabbruch nur straffrei, wenn bestimmte Ausnahmen erfüllt sind, wie zum Beispiel, dass zwischen Abbruch und der Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen liegen. (Das ist etwas anders, wenn bestimmte medizinische oder kriminologische Gründe vorliegen.) 

Danach geht Laura zu einer Beratungsstelle von Pro Familia. So ein Beratungsgespräch bei einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle ist in der sogenannten Beratungsregelung vorgeschrieben. Nur wer sich an diese Regelung hält, bleibt in Deutschland bei einem Schwangerschaftsabbruch straffrei. Laura sagt, sie war sehr dankbar für die Beraterin dort. Sie gibt Laura den Tipp, die Gründe, weshalb sie einen Schwangerschaftsabbruch haben möchte, aufzuschreiben, in einem Brief an sich selbst. Das hat Laura sehr geholfen, erzählt sie. So kann sie sich versichern, dass ihre Entscheidung wohl überlegt ist, obwohl sich die ungewollte Schwangerschaft in dem Moment „total stressig und nervenaufreibend angefühlt hat. Und es ist wichtig, dass wir anerkennen: Es ist eine emotional aufwühlende Situation, aber trotzdem kann man eine gut durchdachte Entscheidung treffen.” 

Operative Abtreibung

Laura entscheidet für eine operative Abtreibung, im Gegensatz zu einer medikamentösen. Bevor der Eingriff durchgeführt wird, ist rechtlich eine Wartezeit von mindestens drei Tagen vorgeschrieben. Nach der OP fühlt sich Laura müde und schlapp. Ihre Schmerzen beschreibt sie als starke Regelschmerzen. Aber sie hat auch schnell gemerkt: „Es ist eine Erleichterung da. Es ist jetzt vorbei.”

Unterstützung der Familie

Während des gesamten Prozesses hat Laura die Unterstützung ihrer Familie. Ihre Eltern versichern ihr: „Egal, wie du dich entscheidest, wir machen das mit dir, wir gehen da mit dir durch.” Das habe auch die Verarbeitung einfacher gemacht, sagt Laura. „Ich hatte für mich sofort eine klare Entscheidung und mein damaliger Partner hat die Entscheidung mitgetragen und auch so getroffen. Und ich hatte viel Unterstützung von außen. Das ist, glaube ich, eine Grundbedingung dafür, dass es mir danach nicht schlecht ging. Ich hatte keinen Trauerprozess nach meinem Abbruch. Manche Menschen haben einen Trauerprozess. Das heißt nicht, dass es nicht trotzdem die richtige Entscheidung für sie gewesen ist, aber vielleicht eine viel schwierige Entscheidung.” Laura erklärt: „Ich habe nie daran gezweifelt, dass diese Entscheidung die richtige für mich war.” 

Ich habe mich im gesamten Prozess nie einsam gefühlt, weil ich immer Leute an meiner Seite hatte, die mich unterstützt haben. Und das ist aber auch nur ein Beispiel und bei anderen Menschen auf jeden Fall anders

Ziel: Gynäkologin werden

Nach ihrem Schwangerschaftsabbruch wechselt Laura den Studiengang von Liberal Arts and Sciences zu Medizin, um Gynäkologin zu werden. Sie spricht offen über ihre Abtreibung. „Weil ich mir gedacht habe: Ich hätte so gerne vor dem Abbruch mit einer Person gesprochen, die auch einen Abbruch hatte. Ich kannte niemanden und ich wusste nicht, wen ich kontaktieren kann.“ Zwei Jahre nach ihrer Abtreibung veröffentlicht Laura eine Homepage, auf der sie über ihre Erfahrungen mit ihrem Schwangerschaftsabbruch spricht und auch Informationen dazu zur Verfügung stellt. „Ich bin total dankbar, dass ich das Leben haben kann, das ich habe. Und ich denke immer wieder: Ich hätte das Medizinstudium nicht angefangen, wenn ich ein Kind gehabt hätte.”

Abtreibung – ein Tabuthema?

Laura wünscht sich, dass Abtreibung kein Tabuthema mehr in der Gesellschaft ist. „Ich wünsche mir, dass Menschen frei darüber sprechen können, wenn sie das möchten. Und ich wünsche mir, dass Menschen sich frei die medizinische Versorgung wählen können.” 

Möckmühl

Neustart: Von der Krankenschwester zur Bäuerin

Lydia aus Möckmühl arbeitet lange als Krankenschwester, bevor sie sich dazu entscheidet, ihren Kindheitstraum zu verwirklichen. Sie kauft einen Bauernhof und wird mit fast 50 Jahren Landwirtin.