Wie sieht die Zukunft aus? Wie viele Menschen werden auf der Erde leben und wie lange reichen die Ressourcen? „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ – so lautet ein beliebtes Bonmot, das Mark Twain, Karl Valentin, Niels Bohr oder auch Winston Churchill zugeschrieben wird.
Meilenstein der Zukunftsforschung
Mit Computersimulationen versuchen Zukunftsforschende das fast Unmögliche, versuchen die Zukunft zu erahnen. Genau das hat der Club of Rome 1972 mit den damals aufwendigsten Computersimulationen gewagt. Für den Umwelthistoriker Prof. Franz-Josef Brüggemeier ein ziemlich mutiger Schritt:
Beispielsweise seien auch die Beatles und die Rolling Stones, wenn man so will, arrogant gewesen. Die haben gesagt, sie erfinden die Popmusik neu! Einen ähnlichen Meilenstein sahen die Zukunftsforschenden des Club of Rome auch in ihren Projektionen.
Ende des Erdöls für 1990 prognostiziert
Immerhin versuchten sie mit den bis dahin komplexesten Computersimulationen zu bestimmen, wann genau Rohstoffe wie Erdöl zur Neige gehen und lagen dabei teils ziemlich daneben. Dass heute noch Autos mit Erdöl fahren, schien vor 50 Jahren fast unmöglich. Den letzten Tropfen Erdöl hatten sie schon für 1990 erwartet und damit definitiv danebengelegen.
So wird aktuell pro Jahr 80 Prozent mehr Erdöl gefördert als 1972. Erdöl wird heute vor allem wegen des Klimawandels immer kritischer gesehen. Aber das Ende der Erdölquellen ist noch nicht in Sicht. Doch warum lagen die Berechnungen vor 50 Jahren so falsch?
Modelle von 1972 waren zu simpel
Heute ist klar: Die Modelle waren zu einfach, auch aufgrund der damaligen technischen Möglichkeiten. Jeder Laptop könnte sie heute in Sekunden berechnen. Doch vor allem haben sie den Faktor Mensch unterschätzt und nicht vorhergesehen, durch welche Innovationen immer mehr Erdöl gefördert werden kann - ein grundsätzliches Problem:
Trotz der Kritik wagte der Club of Rome weitere Prognosen. 2012 erschien ein neuer umfassender Bericht, erwartete um das Jahr 2040 die höchste Bevölkerungszahl mit 8,1 Milliarden Menschen auf der Erde – 1972 rechnete der Club of Rome noch mit 14 Milliarden Menschen und lag ziemlich daneben.
Unsicherheitsfaktor Mensch: Mehr Rechenleistung bringt nicht unbedingt bessere Prognosen
Was können also Zukunftsprojektionen und was nicht? Am Hochleistungsrechenzentrum in Stuttgart steht einer der schnellsten Computer der Welt. Weil die Rechner immer leistungsstärker werden, können Forschungsteams immer komplexere Modelle berechnen. Aber werden die Zukunftsprojektionen dadurch auch wirklich viel besser als im ersten Club of Rome-Bericht vor 50 Jahren?
Das führe aber nicht automatisch dazu, dass es jetzt einfacher würde, alles zu simulieren. Das heißt: Nur weil die Modelle komplexer werden, wird der Blick in die Zukunft nicht automatisch präziser. Die größte Herausforderung bleibt der Faktor Mensch. Sein Verhalten lässt sich auch mit den Supercomputern nur schwer vorhersehen: Wie reagieren wir auf den Klimawandel? Wie passen wir uns an?
Klimaprognosen des Club of Rome waren relativ zuverlässig
Zu viele Variablen spielen eine Rolle. Halbwegs verlässlich lässt sich dagegen bestimmen, wie sich das Klima in den nächsten Jahrzehnten verändert. Auch scheint hier der Faktor Mensch berechenbarer, in dem er recht träge mit Gegenmaßnahmen wie CO2-Einsparungen reagiert.
Bereits die Projektion von 1972 sagten einen starken Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre voraus und das im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung bis heute erstaunlich treffsicher.
Traum eines digitalen Zwillings der Erde
Heute ist noch mehr möglich, sagt Mathematiker Michael Resch. Er träumt von einem ähnlichen großen Wurf wie vor 50 Jahren durch den Club of Rome, träumt von einem digitalen Zwilling der Erde, dem bisher komplexesten Modell der Geschichte.
Dann müsse man allerdings wieder Abstriche machen, weil auch dann die Rechenleistung nicht ausreiche. Aber Resch findet, es wäre spannend 50 Jahre danach nochmal so einen Gesamt-Versuch zu unternehmen. Man hätte sehr viel mehr und interessantere Informationen.
Noch hat aber niemand den digitalen Zwilling der Erde erschaffen. Hunderte Forschende müssten hierfür zusammenarbeiten. Doch geht es um einzelne Fragen, werden Projektionen immer wichtiger. In der Corona-Pandemie haben Politiker immer wieder auf Zukunftsprojektionen geschaut – trotz aller Unsicherheiten. So werden Herausforderungen greifbarer und dieser Blick in die Zukunft ist ein echter Wissensvorsprung.