Die STIKO spricht sich in einem neuen Beschlussentwurf für die COVID-19-Impfung von Schwangeren ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel und Stillenden mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffes aus.
Impfung für alle im gebärfähigen Alter
Ebenso empfiehlt die STIKO ausdrücklich allen Personen im gebärfähigen Alter die Impfung. Die Empfehlung basiere auf mehr verfügbaren Daten zum Risiko von schweren Verläufen in der Schwangerschaft sowie zur Effektivität und Sicherheit der Corona-Impfung.
Erst wenige Tage vor der Impfempfehlung waren Daten zur Wirksamkeit des Biontech-Impfstoffs bei Schwangeren aus Israel veröffentlicht worden. Über 20.000 Frauen hatten daran teilgenommen. Demnach beträgt die Wirksamkeit nach der zweiten Dosis gegen Infektionen rund 96 Prozent, gegen Erkrankungen 97 Prozent und gegen Covid-19-bedingte Krankenhausaufenthalte 89 Prozent. Die Wirksamkeit ist – wie in der Gesamtbevölkerung – also sehr hoch. Allerdings beziehen sich diese Daten überwiegend auf die Alpha-Variante von SARS-CoV-2.
Die Daten zur Corona-Impfung bei Schwangeren seien in den letzten Wochen systemisch aufgearbeitet worden, wird auf den Seiten der Ständigen Impfkommission geschrieben. Die endgültige Empfehlung erfolge aber erst nach Abschluss des Verfahrens und weiterer Beratung.
Bislang nur nach individueller Abwägung
Bisher wurde die Impfung nur nach individueller Abwägung empfohlen, weil es zu wenig Daten gab. Denn Schwangere und stillende Menschen sind in der Regel nicht Teil klinischer Impfstoff-Tests. Sie und ihre Kinder stehen unter besonderem Schutz. Covid-19-Impfungen waren für sie aber auch bisher nicht “verboten”. Dazu das RKI:
Der individuelle Nutzen muss also größer sein als mögliche Risiken. Ohne Daten aus Studien war das Risiko der Impfung für Schwangere und ihr ungeborenes Kind aber bisher schwierig abzuwägen. Die Gynäkologin Kristina Adams-Waldorf sagte der Fachzeitschrift Nature deshalb:
Schwangere gehören zur Covid-19-Risikogruppe
Schwangere zählen zur Corona-Risikogruppe – auch ohne relevante Vorerkrankungen. Kommen Risikofaktoren wie ein erhöhtes Alter, Übergewicht, oder Vorerkrankungen hinzu, sind Schwangere sogar Teil der Hochrisikogruppe. Zu diesem Ergebnis kam eine großangelegte Analyse aus 192 Studien.
Der Grund: Das Immunsystem von Schwangeren ist herunterreguliert, damit es das Baby nicht angreift. Und ihr Lungenvolumen ist durch die Ausbreitung des Uterus eingeschränkt. Schwangere mit Covid-19 haben also öfter schwere Verläufe und ein deutlich höheres Sterberisiko. In einer US-amerikanischen Studie starben pro 100.000 Mütter 5 ohne Covid-19, aber von denen mit Corona waren es 141.
Eine internationale Studie aus 18 Ländern kam zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach sei die Wahrscheinlichkeit auf der Intensivstation zu landen für Schwangere mit Covid-19 im Vergleich zu Schwangeren ohne Covid-19 etwa fünffach erhöht. Die Wahrscheinlichkeit zu sterben sei sogar 22-fach erhöht.
Die Studie kam außerdem zu dem Schluss, dass schwangere Frauen mit Covid-19 eine über 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für Komplikationen während der Schwangerschaft hatten: Dazu zählen beispielsweise Schwangerschaftsvergiftungen und Frühgeburten – die wiederum eine Gefahr für die Babys darstellen.
Impfung von Schwangeren anscheinend unbedenklich
Einige Expert*innen gingen auch bisher schon davon aus, dass sowohl die Wirksamkeit der Impfstoffe als auch die Nebenwirkungen sich bei schwangeren Frauen nicht bedeutend von anderen unterscheiden. Vorläufige Daten aus den USA weisen beispielsweise daraufhin, dass es keine offensichtlichen erhöhten Sicherheitsrisiken bei Schwangeren gibt, die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer oder Moderna erhielten.
Fachgesellschaft empfielt Covid-19 Impfung für Schwangere und deren Angehörige
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sowie vier weitere Fachgesellschaften und Berufsverbände sprechen sich deshalb schon seit Anfang Mai folgende Empfehlung aus:
Außerdem wurde die priorisierte Impfung von engen Kontaktpersonen von Schwangeren empfohlen – insbesondere deren Partner*innen, sowie Hebammen und Ärzt*innen, um Schwangere indirekt zu schützen. Zudem befürwortete die DGGG, auch stillenden Frauen eine mRNA-basierte Impfung gegen COVID-19 zu ermöglichen.
Impfstoffe werden weiter an Schwangeren getestet
Damit diese Empfehlung auf eine breitere wissenschaftliche Basis gestellt werden kann, wurden und werden die Impfstoffe weiterhin gezielt an Schwangeren getestet. Biontech und Pfizer erproben ihren Impfstoff im Rahmen einer klinischen Studie gerade auch an rund 4.000 gesunden schwangeren Frauen ab 18 Jahren in den USA. Auch hier werden die Frauen in zwei Gruppen geteilt: Die eine Hälfte erhält den Impfstoff, die andere einen Placebo.
Anschließend sollen nicht nur Wirkung und Nebenwirkungen untersucht werden. Sondern auch, ob die Mittel sicher für die Babys sind und inwieweit die Mütter potenziell schützende Antikörper an die Kinder weitergeben. Experimente des Impfstoffherstellers Moderna mit Ratten hatten offenbar keine negativen Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit, die Entwicklung von Embryos oder Neugeborenen gezeigt.