Strenge Hygienevorschriften in der Geburtshilfe
Die Vorfreude ist dahin, zumindest getrübt: Viele schwangere Frauen machen sich derzeit natürlich Sorgen um sich und ihr ungeborenes Kind. In den Geburtshilfe-Abteilungen der Republik ist es derzeit viel ruhiger. Nicht, weil weniger Kinder geboren werden – sondern aus Vorsicht vor dem Coronavirus: Infektionsschutz. So gibt es in vielen Kliniken strenge Regelungen bei den Besuchsmöglichkeiten.
Bisher wenig Studien zu Risiko von Covid-19 für Schwangere
Das Robert-Koch-Institut verweist darauf, dass eine Schwangerschaft auch das Immunsystem ändere. Aber ansonsten äußern sich die Experten bisher nicht eindeutig zu den Risiken – es gebe noch nicht genügend Daten. Das Robert-Koch-Institut schrieb auf seiner ständig aktualisierten Homepage Ende April: Schwangere scheinen kein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu haben.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. stellte mit vorsichtigem Optimismus fest: Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Hinweis, dass Schwangere durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Es wird erwartet, dass die große Mehrheit der schwangeren Frauen nur leichte oder mittelschwere Symptome, ähnlich einer Erkältung beziehungsweise Grippe aufweist.
Auswirkungen von Corona auf Schwangere kann nicht zuverlässig bewertet werden
Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) hat im April das Informationspapier "Mutterschutz und SARS-COV-2" herausgegeben. Das BAFzA schreibt, dass die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion auf Schwangere derzeit noch nicht zuverlässig bewertet werden könne. Daher mahnt das Amt zur Vorsicht. Die wissenschaftliche Erkenntnislage sei noch lückenhaft. Vor diesem Hintergrund sei ein erhöhtes Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 am Arbeitsplatz präventiv als unverantwortbare Gefährdung von Schwangeren einzustufen.
Schwangere haben ein heruntergefahrenes Immunsystem
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Schwangere ein erhöhtes Risiko hätten, sich zu infizieren. Das hängt mit ihrem Immunsystem zusammen, das sich durch die Schwangerschaft verändert, sagt der Kölner Gynäkologe Berthold Grüttner:
Vorzeitige Wehen oder Blasensprung möglich
Auch wenn es offenbar keine schweren Krankheitsverläufe gibt – wenn eine Mutter mit dem Coronavirus infiziert ist, sind Komplikationen wie vorzeitige Wehen oder ein vorzeitiger Blasensprung offenbar wahrscheinlicher, schreibt das Universitätsklinikum Erlangen. Das Erlanger Team hat verfügbare Daten aus Wuhan und der Provinz Hubei ausgewertet.
Berthold Grüttner von der Kölner Frauenklinik appelliert deswegen an alle schwangeren Frauen, vorsichtig zu sein:
Geburten als Covid-19-Erkrankte verlaufen anders
Gesund zu bleiben sei schon deswegen wichtig, sagt der Kölner Gynäkologe Berthold Grüttner, um nicht als Covid-19-Erkrankte eine Geburt erleben zu müssen, die so ganz anders verläuft als eine Geburt unter normalen Umständen:
Stress in der Geburtsvorbereitung
Überall kann das Coronavirus lauern. Diese Sorge bestimmt den Alltag aller. Und das sorgt für Stress. Das erleben auch diejenigen, die schwangere Frauen und ihre Familien begleiten. Hebamme Pauline Steinhoff aus Hamburg zum Beispiel:
Und Stress sei ja nicht nur ein irgendwie unangenehmer Zustand, sondern könne sich ganz konkret auswirken, sagt die Hebamme.
So kann Stress beispielsweise vorzeitige Wehen auslösen. Gerade bei Frauen, die Schwangerschafts-Diabetes haben, sei es deshalb wichtig, Stress zu reduzieren, weil Stress sich auf den Insulinhaushalt auswirkt.
Was schwangere Frauen unter diesen schwierigen Umständen besonders brauchten, sei daher seelischer Halt.
BIsher keine Hinweise auf Gefahren für Neugeborene
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat gemeinsam mit dem Berufsverband der Frauenärzte Antworten auf die wichtigsten Fragen von Schwangeren in Zeiten von Covid-19 herausgegeben. Darin heißt es:
Andererseits wurde jetzt ein Fall aus Frankreich dokumentiert, bei dem sich offenbar ein Säugling über die Plazenta der Mutter mit dem neuen Coronavirus infiziert hat. Allerdings ist das aus Sich von Experten eher ungewöhnlich und eher ein Ausnahmefall. Aber möglich ist wohl unter noch zu untersuchenden Umständen auch dieser Übertragungsweg.
Corona-Ansteckung im Mutterleib – Infektion über Plazenta möglich
Säuglinge zeigen keine oder nur milde Symptome
Neugeborene und kleinere Kinder können sich zwar wie Erwachsene mit dem neuartigen Coronavirus infizieren, zeigen aber meist keine oder nur milde Symptome. Experten erklären sich das unter anderem damit, dass das Immunsystem von Kindern besser mit noch unbekannten, unspezifischen Viren umgehen könne.
Außerdem seien, so Professor Reinhard Berner, Leiter der Pädiatrischen Infektiologie am Uniklinikum Dresden, entsprechenden Rezeptoren, an denen die Viren andocken könne, bei Kindern und jungen Erwachsenen möglicherweise einfach noch nicht so weit entwickelt. Deshalb könne sich das Virus in den meisten Kindern gar nicht erst richtig festsetzen und Entzündungsreaktionen auslösen.