Doppelte Naturgewalt

Pompeji: Erdbeben begleitete Ausbruch des Vesuvs

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Autor/in
Stefan Troendle
Stefan Troendle, Reporter und Redakteur bei SWR Wissen aktuell und SWR Kultur Impuls.
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Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.

Vor knapp 2000 Jahren erstickten und verbrannten viele Menschen in Pompeji infolge des Vulkanausbruch. Doch es gibt auch Opfer, die bei einem zeitnahen Erdbeben gestorben sind.

Beim Vulkanausbruch von Pompeji 79 Jahre n. Chr. war bisher klar: Erst stieß der Vesuv eine Welle von Vulkanasche und Bimsstein aus, anschließend strömten pyroklastische Ströme den Vulkan hinab - für die Menschen in Pompeji eigentlich nicht überlebbar.

Anhand von zwei gefundenen Opfern haben Forschende durch eine forensische Untersuchung festgestellt, dass diese die Katastrophe zunächst überlebt haben müssen, dann aber anschließend bei Erdbeben ums Leben kamen. Dass Pompeji auch von Erdbeben getroffen wurde, war bisher so nicht belegt. Die Untersuchung des renommierten italienischen Geophysik-, Vulkan- und Erdbebenforschungsinstituts INGV wurde nun Frontiers in Earth Science veröffentlicht.

Forensische Untersuchungen an neu entdeckten Skeletten

Die Untersuchung der Forschenden des INGV ähnelt einem Kriminalroman. Sie beruht auf einer Ausgrabung zweier Räume in einem zentralen Häuserblock von Pompeji. Dieser ist als “Insula der keuschen Liebenden” bekannt, weil dort ein Fresko gefunden wurde, das zwei sich küssende Menschen zeigt.

Als die Archäologen diese Räume ausgruben, entdeckten sie die Überreste der Skelette von zwei Männern. Sie kauerten in einer Ecke unter einer eingestürzten Wand. Um die Todesursache der Männer zu untersuchen, gingen die Forschenden wie bei einer Tatortanalyse vor, heißt es in dem Artikel in Frontiers in Earth Science.

Zeichnung: Eine Gruppe von Menschen flieht auf dem Boot. Im Hintergrund ist der Vulkanausbruch des Vesuvs zu sehen.
Wer konnte, versuchte sich auf dem Wasser vor den giftigen Gasen und heißen Strömen des Vesuvs zu retten.

Beide Männer überlebten Anfangsphase des Vulkanausbruchs

Durch die genaue Untersuchung der Ablagerungen fand das Team der Forschenden heraus, dass die menschlichen Überreste auf einer Schicht aus Bimsstein lagen, die durch ein Fenster in das Haus eingedrungen war. Die Männer mussten also die Anfangsphase des Ausbruchs überlebt und dann in den Raum Schutz gesucht haben.

An keinem der Skelette fanden sich Hinweise auf Erstickung oder Brandspuren, was auf einen Tod durch die pyroklastischen Gas- und Asche-Ströme hingedeutet hätte. Beide hatten aber schwerste Verletzungen, ähnlich denen, die Menschen auch heute noch bei Erdbeben erleiden. Einer der beiden Männer, etwa 50 Jahre alt, war wohl sofort tot, als durch ein Erdbeben die Wände des Raumes einstürzten, so die Analyse des Forschungsteams.

Haus in Pompeji stürzte infolge des Erdbebens ein

Das Team fand auch heraus, dass das Haus intakt blieb, als der vulkanische Bimsstein auf Pompeji herabregnete. Durch die Lage der Mauern war zudem klar, dass diese nicht durch die bis zu 700 Kilometer schnellen pyroklastischen Ströme zum Einsturz gebracht worden sein konnten. Die letzten Minuten der beiden Männer bringen also den ersten direkten Beweis dafür, dass der Ausbruch des Vesuvs von Erdbeben begleitet wurde.

Erdbeben ereignete sich vor tödlichem pyroklastischem Strom

Bisher gibt es nur einen Augenzeugenbericht über den berühmten Vulkanausbruch, der Pompeji zerstörte. Der Bericht stammt von Plinius dem Jüngeren, der sich vor knapp 2000 Jahren auf der anderen Seite der Bucht von Neapel aufgehalten hatte. Er schrieb zwar, dass die Erde nach dem ersten Ausbruch zu beben begann - in den Ruinen von Pompeji wurden aber bisher keine eindeutigen Anzeichen von Erdbebenschäden gefunden.

Die Forschenden aus Italien gehen jetzt davon aus, dass sich das Erdbeben nach der ersten Phase des Ausbruchs ereignete, aber bevor die pyroklastischen Ströme durch Pompeji fegten und alle Überlebenden töteten – auch die, die versuchten, vor dem Erdbeben zu fliehen.

Gipsabgüsse der Opfer des Vulkanausbruchs in Pompeji
Die Opfer des Vulkanausbruchs wurden unter den Vulkanmassen begraben. Ihre Position lässt sich aus den Hohlräumen in den Gesteinsschichten, die ihre nun verwesten Körper hinterlassen haben, rekonstruieren.

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