Medizin

Hilfe bei Parkinson: Wieder laufen lernen mit Rückenmarkprothese

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Autor/in
Veronika Simon
Portraitbild von Veronika Simon, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell
Onlinefassung
Lena Schmidt

Eine französisch-schweizerische Forschungsgruppe hat eine Technik entwickelt, welche die für die Parkinson-Erkrankung typischen Gangstörungen beheben soll. Bei einem Patienten hat das schon geklappt.

Welche Symptome zeigen sich bei Parkinson?

Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen. Meist erkranken ältere Menschen, doch etwa zehn Prozent sind jünger als 50 Jahre, wenn sie ihre Diagnose erhalten. Das bekannteste Parkinson-Symptom ist wohl das Zittern der Hände. Viele bewegen sich langsam, es gibt aber auch viele weitere mögliche Anzeichen der Erkrankung. 

Die Krankheit wird mit der Zeit schlimmer. Im fortgeschrittenen Zustand haben viele Betroffene Probleme mit dem Gehen: Das Gleichgewicht ist gestört, die Schritte werden asynchron, zum Teil erleben sie das sogenannte „freezing“. Das heißt, sie sind wie eingefroren, können nicht mehr weitergehen. Das schränkt natürlich stark ein, die Lebensqualität leidet.  

Eine französisch-schweizerische Forschungsgruppe hat jetzt eine Technik entwickelt, die diese Gangstörungen beheben soll. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Die Illustration zeigt eine alte Frau, die an Parkinson erkrankt ist, mit zitternden Händen. Symbolbild.
Ein typisches Symptom der Parkinson-Krankheit: zittrige Hände.

Erste Erfolge bei Parkinson-Patient durch neue Technik

Bei einem Patienten zeigte die neue Technik bereits Erfolg. Marc G. ist 62 Jahre alt und lebt in der Nähe von Bordeaux. Er hat eine Frau, zwei Kinder und: Parkinson – seit über 25 Jahren. Die Krankheit bestimmt mittlerweile sein Leben. Er kann nicht mehr arbeiten und in den letzten Jahren ging er sogar kaum noch vor die Tür. Denn Marc G. hatte Angst zu stürzen. Das passierte ihm zuletzt mehrmals am Tag. In manchen Situationen kann er zudem plötzlich nicht mehr weitergehen: Einen Aufzug betreten wird plötzlich unmöglich.   

Doch das hat sich jetzt mit einem Schlag geändert: Der an Parkinson erkrankte Franzose hat als erster Patient eine sogenannte Neuroprothese erhalten. Eine Chirurgin hat ihm dafür am unteren Rücken mehrere kleine Pulsgeber direkt am Rückenmark implantiert. Genau an den Stellen, an denen die Nervensignale für die Beinbewegungen abgehen. Denn dass Marc nicht gut laufen kann, liegt nicht an seinen Beinen, auch die Nerven an sich sind in Ordnung. Das Problem sind die Informationen, die aus dem Gehirn Richtung Beine losgesendet werden.  

Marc G. aus der Nähe von Bordeaux lächelt in die Kamera.
Marc G. ist mit dem Ergebnis der Operation glücklich: Er kann sich wieder frei bewegen.

Pulsgeber werden direkt am Rückenmark implantiert

Hier setzt das Forschungsteam an: Durch elektrische Signale korrigieren sie die Informationen, die im Rücken ankommen. Manche werden abgeschwächt, andere verstärkt. Damit das ein flüssiges Gangbild ergibt, mussten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich zuvor ein Bild darüber verschaffen, welche Nerven wo und wann genau aktiviert werden, wenn wir laufen.  

Doch das Gangbild ist etwas sehr Individuelles, und auch die Störungen beim Laufen durch die Parkinsonerkrankung können sehr unterschiedlich aussehen. Deshalb wurden Sensoren an Marc G.'s Beinen befestigt, die seine Art zu laufen analysieren und diese Informationen an die Impulsgeber im Rücken weitergeben. So erhielt zum Beispiel bei ihm das eine Bein ein zu schwaches Signal vom Gehirn. Das wurde ausgeglichen. Außerdem macht er durch die Korrekturen größere Schritte, hebt die Füße höher, steht stabiler.

Das Bild zeigte eine Illustration der Studienautoren, wie die Prothese am Rückenmark sitzt.
Marc G. hat als erster Parkinson-Patient eine Neuroprothese erhalten. Die kleinen Pulsgeber werden direkt am Rückenmark implantiert.

Dank Prothesen: Parkinson-Patient kann wieder besser laufen

Wie ein kleines Kitzeln in den Beinen fühlt es sich an, sagt der Parkinson-Patient, wenn die Prothesen angeschaltet sind. Das und auch die Operation an der Wirbelsäule mit ihren Risiken, nimmt er aber gerne in Kauf. Denn die Wirkung ist großartig, schwärmt der Proband: Sein Gangbild ist viel flüssiger, er fällt nicht mehr, friert nicht plötzlich ein. Er kann sich wieder frei bewegen.

Dass die Technik bei Marc funktioniert, ist nur aber nur der erste wichtige Schritt. Weitere Studien mit mehr Probanden sollen jetzt folgen, die Technik soll weiter verfeinert werden.  

Aber: Die Krankheit Parkinson wird mit der Prothese nicht geheilt und auch nicht aufgehalten. Sie wird weiter voranschreiten. Doch voranschreiten ist eben auch genau das, was Marc G. mit der Behandlung weiterhin kann. Und das macht für ihn einen großen Unterschied.   

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