Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rät zum Gurgeln, um die Gefahr einer Corona-Ansteckung zu verhindern. Dahinter stehe die Idee, dass Gurgeln mit speziellen Mundspülungen oder sogar Kochsalz die Viruslast im Mund-und-Rachen-Raum senken soll. Spahn sagte, er selbst gurgele ohnehin regelmäßig. Wissenschaftlich belegt sei eine Senkung der Viruslast aber noch nicht.
Gurgelempfehlung der DGKH
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene hat eine explizite Gurgel-Empfehlung ausgesprochen. Die Gesellschaft hat aktuelle wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Mundspülungen gegen Sars-CoV-2 zusammengefasst. Das Ergebnis: Die Viruslast im Mund-Rachen-Raum wird durch Gurgeln mit speziellen Lösungen sehr effektiv verringert.
Gurgeln als sinnvolle Präventionsmaßnahme
Die Krankenhaushygieniker fordern, dass alle infrage kommenden hygienischen Präventionsmaßnahmen ausgeschöpft werden sollten. Antiseptisches Gurgeln und nasale Antiseptik seien zu Unrecht in Vergessenheit geratene, simple Präventionsmaßnahmen. Diese einfache Möglichkeit der Prävention sollte verstärkt genutzt werden.
Auch Gurgellösungen mit bestimmtem Tee oder Säften können helfen
Neben marktüblichen Mundspülungen haben die Krankenhaushygieniker auch auf Haushaltsmittel geschaut.
Sie schreiben in ihrer Empfehlung:
Mundspülung kann das Virus nicht ausmerzen
Dabei ist wichtig zu unterscheiden: Das Gurgeln kann nicht die Produktion der Viren in den Zellen hemmen. Aber es kann offenbar kurzfristig die Viruslast da senken, wo das größte Ansteckungspotenzial herkommt, nämlich im Mund-Rachen-Raum.
Konkret lautet die Empfehlung der DGKH
Mundwässer auf Basis ätherischer Öle zeigen die höchste Wirksamkeit zur Senkung der Viruslast. An zweiter Stelle kommt eine Kochsalzlösung oder das Gurgeln mit grünem Tee.
Aber Achtung – mit diesen Hausmitteln soll am besten mehrere Minuten lang gegurgelt werden.
Acht Mundspülungen getestet
Die Virolog*innen der Uni Bochum haben insgesamt acht Mundspülungen mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen getestet. Aber nicht mit Menschen, sondern in Zellkulturen. Eine Art Kunstspeichel wurde dabei mit der Mundspülung und dem Virus gemischt und für 30 Sekunden geschüttelt, um ein Gurgeln zu simulieren.
Gurgeln hilft, die Viruslast zu senken
Tatsächlich haben alle getesteten Präparate die Viruslast gesenkt. Drei der Mundspülungen haben die Viruslast sogar so weit gesenkt, dass nach 30 Sekunden Einwirkzeit gar kein Virus mehr überlebt hat. Ihre Ergebnisse hatten die Forscher im "Journal of Infectious Diseases" veröffentlicht.
Potenzielle Corona-Infizierte gurgeln lassen
Der Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow von der deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene schlägt vor, potenzielle Corona-Infizierte gurgeln zu lassen. Er empfiehlt, im Anschluss an Corona-Tests speziell für den Einsatz im Mundraum gedachte Schleimhaut-Desinfektionsmittel einzusetzen.
Zastrow berät zur Zeit das Potsdamer Klinikum Ernst-von-Bergmann. Der renommierteste Spezialist auf dem Gebiet der Krankenhausgygiene war bis Mai auch Leiter des Regiomed-Hygiene-Instituts. Er versichert, dass Mund-Desinfektionsmittel in den Krankenhäusern des Regiomed-Klinikverbandes bereits seit Mitte April wegen der Corona-Pandemie vorbeugend im Einsatz waren. Auch an der Potsdamer Klinik wird das Spülen mit einem Schleimhautdesinfektionsmittel allen empfohlen: dem Personal, den Patienten und den Besucherinnen.
Leichterer Krankheitsverlauf durch Gurgeln?
Hygieniker Zastrow ist überzeugt, dass das Gurgeln mit viruzider Mundspülung viele Viren schon im Frühstadium tötet. Er glaubt auch daran, dass Corona-Infizierte durch das virustötende Gurgeln mit einer leichteren Erkrankung davonkommen können. Seine Hypothese ist, dass so verhindert wird, dass eine große Viruslast in die Lunge und andere Organe gelangt. Aber für die Wirksamkeit der schleimhautdesinfizierenden Mundspülungen auf das Corona-Virus gibt es bisher keine Studien.
Alle zwei bis drei Tage gurgeln reicht aus
Hygieniker Zastrow empfiehlt, alle zwei bis drei Tage den Mund mit einem Mundschleimhautdesinfektionsmittel zu spülen. Das reiche aus. Allerdings setzt Zastrow nur auf apothekenpflichtige und viruzide Mund-Desinfektionsmittel - nicht auf die in Drogeriemärkten erhältlichen Mundspülungen, die die Forscher*innen in Bochum getestet haben.
Forschung an Inhaltsstoffen
An der Ruhruni in Bochum wurden erstmal nur frei erhältliche Mundspülungs-Endprodukte und nicht deren einzelne Wirkstoffe getestet. Welche Inhaltsstoffe in den Mundspülungen genau die Reduzierung der Viruslast bedingen, das muss noch erforscht werden.
Gegen die Coronaviren Mers-CoV und Sars-CoV wirken einer früheren Untersuchung zufolge Spülungen mit dem Iod-Komplex PVP-I. Die führende Autorin dieser Untersuchung gehört zu dem Stuttgarter Labor Enders für medizinische Diagnostik.
Nicht zu häufig antiseptische Mundspülungen benutzen
Experten warnen jedoch vor einem zu häufigen Einsatz von Mundspülungen und Mundschleimhautdesinfektionsmitteln. Denn sie können allergische Reizungen auslösen und auch die Mundschleimhaut angreifen, falls sie zu häufig benutzt werden.