Zahnmedizin

Forscher untersuchen Resistenzen durch Mundspülungen

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Thomas Hillebrandt
Thomas Hillebrandt, Redakteur und Reporter bei SWR Wissen aktuell
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Veronika Simon
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Einmal ordentlich durchspülen und der Mund ist sauber und frisch: Desinfizierende Mundspülungen werden in Zahnarztpraxen und auch privat gerne verwendet. Doch das könnte ein Problem sein.

Wissenschaftler aus Freiburg haben einen Verdacht: Die häufige Anwendung von Desinfektionsmitteln wie Chlorhexidin im Mund könnte zu Resistenzen führen – ähnlich wie die häufige Gabe von Antibiotika zu Problemen bei der Behandlung führt.

Das könnte gravierende Folgen haben: Zum einen könnten sich Karies-Erreger wie Streptococcus muntans im Mund ausbreiten. Aber auch antibiotikaresistente Bakterien könnten nicht mehr so effektiv eingedämmt werden.

700 verschiedene Bakterienarten im Gleichgewicht

Die Flora im Mundraum ist sehr vielfältig, erklärt Prof. Dr. Ali Al-Ahmad, Mikrobiologe an der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie an der Uniklinik Freiburg: Mehr als 700 verschiedene Bakterienarten leben dort, sie bilden dicht gedrängt sogenannte Biofilme und bedecken alle Oberflächen.

Dabei erfüllen sie eine wichtige Rolle in der Mundgesundheit: Sie schützen den Mundraum vor der Besiedelung mit krankmachenden Keimen – aber nur, wenn sie in der richtigen Menge und Zusammensetzung im Mund vorkommen.

Nicht alle Keime im Mund sind schädlich. Daher ist es nicht immer sinnvoll, alle Keime abzutöten.
Nicht alle Keime im Mund sind schädlich. Daher ist es nicht immer sinnvoll, alle Keime abzutöten.

Resistenzen durch Mundspülungen?

Dieses sensible Gleichgewicht der Mundflora kann gestört werden: Durch eine zuckerreiche Ernährung zum Beispiel produzieren die Bakterien mehr Säure – diese greift den Zahnschmelz an. Aber auch das regelmäßige Desinfizieren des Mundraums durch Spülungen kann die Mundbesiedelung aus der Balance bringen.

Doch ob und wie sich die Resistenz gegen Desinfektionsmittel wie Chlorhexidin entwickelt, wurde noch nicht ausreichend erforscht. Die Wissenschaftler aus Freiburg haben daher erstmals ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, dass diese Fragen klären soll.

Mundspülungen werden zum Beispiel nach Operationen im Mund vorrübergehend zur Mundhygiene eingesetzt.
Mundspülungen werden zum Beispiel nach Operationen im Mund vorrübergehend zur Mundhygiene eingesetzt.

Auf der Suche nach Veränderungen im Genom

Dafür werden die Forscher in den nächsten drei Jahren mit Patienten arbeiten, die auf Grund von chirurgischen Eingriffen im Mund mit Chlorhexidin behandelt werden. Vor und nach der Desinfektion entnehmen die Wissenschaftler Proben des Biofilms der Patienten.

Im Genom dieser Bakterien untersuchen sie, ob die Behandlung mit Chlorhexidin Veränderungen hervorgerufen hat – ob zum Beispiel bestimmte Resistenzgene auftauchen oder sich die Zusammensetzung der Gene verändert.

Ein Forscherteam an der Uni Freiburg untersucht die Auswirkungen der Verwendung von Mundspülungen.
Ein Forscherteam an der Uni Freiburg untersucht die Auswirkungen der Verwendung von Mundspülungen.

Einsatz von Chlorhexidin ist weit verbreitet

Darüber hinaus kultivieren die Freiburger Forscher noch orale Bakterien und beobachten, welchen Einfluss Chlorhexidin unter Laborbedingungen auf das Genom der Bakterien hat.

Die genaue Analyse von möglichen Resistenzen durch Chlorhexidin ist für die Zahnmedizin von großer Bedeutung, da das Mittel sehr breit eingesetzt wird: Zum Beispiel bei Erkrankungen wie Zahnfleischentzündungen, aber auch wenn Menschen sich nach einem chirurgischen Eingriff im Mund vorrübergehend nicht die Zähne putzen können.