Inspiration4 bringt viel Weltraumtourist*innen für rund drei Tage in eine Erdumlaufbahn. Von links nach rechts: Chris Sembroski, Jared Isaacman, Hayley Arceneaux und Dr. Sian Proctor.

Weltraumtourismus

Mission Inspiration4 erfolgreich beendet

Stand
Autor/in
Uwe Gradwohl

Vier Besatzungsmitglieder sind nach einem dreitägigen Aufenthalt im All wieder erfolgreich auf der Erde gelandet.

Bereits zwei Milliardäre flogen dieses Jahr an den Rand des Weltalls: Richard Branson erreichte am 11. Juli mit seinem Raketenflugzeug etwas mehr als 80 Kilometer Höhe. Jeff Bezos folgte neun Tage später mit einem Flug in einer Raumkapsel auf mehr als 100 Höhenkilometer. In beiden Fällen dauerte der Zustand der Schwerelosigkeit für die Besatzung nur wenige Minuten. Suborbitale Flüge sind eben nur Hüpfer an den Rand des Alls, gefolgt vom sofortigen Rücksturz zur Erde.

Touristischer Flug ins All

Bei der in der Nacht auf Donnerstag, 16.September, um 2.02 Uhr MESZ mit dem Start in Florida begonnenen touristischen Mission „Inspiration4“ ging es dagegen bei Weitem astronautischer zu: Vier Besatzungsmitglieder kreisten drei lange Tage um die Erde. In einer Umlaufbahn, die 175 Kilometer höher liegt als jene der ISS.

Während Jeff Bezos und Richard Branson nur für ein paar Minuten an der Grenze zum All verweilten, werden die vier Raumfahrer*innen von Inspiration4 rund drei Tage in über 500 Kilometer Höhe verbringen.
Während Jeff Bezos und Richard Branson nur für ein paar Minuten an der Grenze zum All verweilten, werden die vier Raumfahrer*innen von Inspiration4 rund drei Tage in über 500 Kilometer Höhe verbringen.

Keine Profi-Astronaut*innen an Bord

Trotz des anspruchsvollen Flugprofils war kein Profi-Astronaut irgendeiner staatlichen Weltraumbehörde mit an Bord. Das Kommando über die Crew und das Raumschiff lag bei Jared Isaacman, einem US-amerikanischen Milliardär. Sein Vermögen machte er mit einem Zahlungsdienst im Internet. Ihm gehört aber auch eine Flugschule, die Kampfpiloten der US Air Force ausbildet.

Ein halbes Jahr astronautische Kurzausbildung

Isaacman selbst ist lizenziert für den Flug von Militärmaschinen und er hält den Weltrekord für den schnellsten Flug rund um die Erde mit einer zivilen Passagiermaschine kleineren Typs. Für den Flug ins All erhielten Isaacman und seine Mitreisenden eine 6-monatige Kurzausbildung zum Astronauten. Geflogen wurde an Bord eines Crew Dragon des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX.

Der Millardär Jared Isaacman betreibt eine Flugschule, die Kampfpiloten der US Airforce ausbildet und ist der Commander an Bord.
Der Millardär Jared Isaacman betreibt eine Flugschule, die Kampfpiloten der US Airforce ausbildet und ist der Commander an Bord.

Besatzung muss nur im Notfall eingreifen

Raumschiffe dieses Typs bringen bereits im halbjährlichen Rhythmus Astronautinnen und Astronauten vollautomatisiert zur ISS. Nur im Notfall hätte die Besatzung in die Flugsteuerung eingreifen müssen. Die Kapsel bietet Platz für bis zu sieben Personen. Bei einer Belegung mit vier Weltall-Reisenden bleibt in ihr ausreichend Platz zum Umherschweben in der Schwerelosigkeit.

Statt des Docking Adapters, der für das Anlegen an der ISS benötigt wird, wurde für die Inspiration4-Mission eine Glaskuppel in die Spitze des Crew Dragon eingebaut. Die Reisenden sollten den bestmöglichen Ausblick ins All und auf die Erde genießen können.

Wohltätigkeits-Aktion für Entwicklung von Therapien gegen Krebs bei Kindern

Alle vier Raumflugtickets wurden durch Jared Isaacman bezahlt. Der Preis für den 3-Tagestrip in den Orbit ist unbekannt. Bekannt ist aber, dass für den Flug zur ISS ein Platz im Crew Dragon ca. 55 Millionen Dollar kostet. Eine vierköpfige Besatzung für drei Tage um die Erde kreisen zu lassen, dürften also durchaus bis zu 200 Millionen Dollar an Kosten auslösen.

Ein Hinweis darauf, dass diese Schätzung in der passenden Größenordnung liegt, mag auch sein, dass Jared Isaacman einen Betrag in genau dieser Höhe im Rahmen der Inspiration4-Charity-Aktion zu Gunsten des St. Jude-Klinikums in Memphis sammeln möchte. Das St. Jude ist ein aus Spenden finanziertes Forschungsklinikum, das sich der Entwicklung von Therapien gegen Krebs bei Kindern widmet. Es wurde Anfang der 60er Jahre von einem amerikanischen Entertainer aus Dankbarkeit für seine erfolgreiche Karriere gegründet und behandelt seine kleinen Patienten kostenlos.

Inspiration4 sammelt Spenden für das Forschungsklinikum St. Jude, das sich der Entwicklung von Therapien gegen Krebs bei Kindern widmet.
Inspiration4 sammelt Spenden für das Forschungsklinikum St. Jude, das sich der Entwicklung von Therapien gegen Krebs bei Kindern widmet.

Bereits vor dem Start ins All hat Jared Isaacman 100 Millionen Dollar an dieses Klinikum gespendet. Weitere 30 Millionen hat die Sammlung im Vorfeld der Inspiration4 Mission bislang erbracht (Stand 14. September).

YouTube-Livestream des Starts von Inspiration4

Auch Frau mit Knochenprothesen fliegt mit ins All

Auch eine ehemalige Patientin und heutige Mitarbeiterin des Krankenhauses ist Mitglied von Isaacmans Team. Hayley Arceneaux ist Arztassistentin am St.Jude-Klinikum und wurde dort als Kind behandelt. Sie trägt seitdem einen Metallstab als Knochenersatz in einem Bein und wird die erste Person sein, die das All mit einer Prothese im Körper erreicht.

Hayley Arceneaux (hier bei der Besichtigung der Crew-Dragon) hatte im Alter von 10 Jahren Knochenkrebs und trägt seither mehrere Knochenprothesen.
Hayley Arceneaux (hier bei der Besichtigung der Crew-Dragon) hatte im Alter von 10 Jahren Knochenkrebs und trägt seither mehrere Knochenprothesen.

Zwei Männer und zwei Frauen mit an Bord von Inspiration4

Die zwei weiteren Plätze an Bord des Crew Dragon „Resilience“ wurde in einem Preisausschreiben und in einem Wettbewerb vergeben. Der Gewinner des Preisausschreibens gab sein Flugticket allerdings an den in der Luftfahrtindustrie beschäftigten Techniker und Raumfahrtfan Chris Sembrowski weiter.

Siegerin des Wettbewerbs um den besten Webshop zum Verkauf von Inspiration4-Merchandising-Produkten wurde die Geowissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin Sian Proctor. Sie war 2009 nur knapp in der Finalrunde des NASA-Verfahrens zur Auswahl neuer Astronautinnen gescheitert.

Die Geowissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin Sian Proctor hatte es schon mal in die letzte Auswahlrunde des NASA-Auswahlverfahren für künftige Astronaut*innen geschafft.
Die Geowissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin Sian Proctor hatte es schon mal in die letzte Auswahlrunde des NASA-Auswahlverfahren für künftige Astronaut*innen geschafft.

Brauen von Space-Bier statt Experimenten

Das Inspiration 4-Team führte in der Erdumlaufbahn kleinere medizinische Experimente an sich selbst durch und testete beispielsweise ein neues, sehr kompakt und weltraumtauglich gebautes Ultraschallgerät. Aber statt einer Vielzahl an wissenschaftlichen Messgeräten, wie das sonst häufig bei Raumflügen der Fall ist, befindet sich mit den Reisenden an Bord der „Resilience“ beispielsweise eine Ladung Hopfen. Das Space-Bier, das später aus diesem Hopfen gebraut wird, soll gegen Spenden verkauft werden.

Jacken, Uhren, Spielzeuge und eine Ukulele fliegen mit ins All

Neben dem Hopfen befördert die „Resilience“ noch weitere Merchandising-Produkte wie Jacken, Space-Schreibstifte, Uhren, Lern-Spielzeuge und eine Ukulele in den Orbit. All diese Dinge sollen nach ihrer Rückkehr zur Erdoberfläche im Rahmen einer Auktion versteigert werden und den Spendenkontostand anwachsen lassen. Abzuwarten bleibt, ob am Ende der Aktion tatsächlich ein ökonomischer Ausgleich entsteht, indem das Spendenaufkommen den enormen Aufwand an Finanzen und Ressourcen, der für den Flug von vier Touristen ins All geleistet werden muss, kompensiert.

Ins All sollen unter anderem auch Spielzeuge oder eine Ukulele fliegen, die letztlich auch dem Spendenprojekt zu Gute kommen sollen.
Ins All sollen unter anderem auch Spielzeuge oder eine Ukulele fliegen, die letztlich auch dem Spendenprojekt zu Gute kommen sollen.

Weitere touristische Weltraumflüge geplant

Inspiration4 ist nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Touristenflügen ins All in den kommenden Monaten. Im Oktober kommt ein russisches Filmteam zu Dreharbeiten an Bord der ISS. Im Dezember werden zwei Space-Touristen aus Japan die Raumstation besuchen und im Februar wird eine vierköpfige Crew zur ISS aufbrechen – drei Unternehmer mit einem erfahrenen Astronauten als Reiseleiter.

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Uwe Gradwohl