Menschen, die eine übermäßige Angst vor einer schweren Krankheit haben, sterben tendenziell früher als Menschen, die nicht übermäßig wachsam wegen ihrer Gesundheit sind. Dieses Paradoxon haben schwedische Forschende festgestellt, die die Daten von Tausenden Menschen über einen Zeitraum von 24 Jahren analysiert haben. Die Veröffentlichung erfolgte nun im Fachblatt JAMA Psychiatry.
Hypochondrie ist eine ernste Angststörung
Die Forschenden haben herausgefunden, dass Menschen mit der Diagnose Krankheitsangststörung - auch Hypochondrie genannt - tatsächlich ein erhöhtes Risiko haben, zu sterben.
Achtung: Damit sind nicht sogenannte leichte Hypochonder gemeint. Hypochondrie ist eine ernste Angststörung, die aber selten verkommt. Die Betroffenen zeigen Symptome, die über durchschnittliche Gesundheitsprobleme hinausgehen.
Psyche Angsterkrankungen erkennen und richtig behandeln
Die Coronavirus-Pandemie belastet uns alle. Insbesondere Menschen, die ohnehin schon mit psychischen Krankheiten kämpfen. Nehmen Angststörungen und Panik zu? Wann wird Angst krankhaft, wie erkennt und behandelt man das? Prof. Andreas Ströhle, Leiter der Spezialambulanz für Angsterkrankungen an der Charité Berlin, im Gespräch.
Hypochonder stehen unter chronischem Stress
Menschen mit dieser Angststörung leben in einem ständigen Zustand der Sorge und des Leidens, dass sie möglicherweise eine schwere lebensbedrohende Krankheit haben. Sie sind dadurch in chronischem Stress und psychisch stark unter Druck.
Das geht sogar so weit, dass manche Menschen mit Hypochondrie sich das Leben nehmen - auch das geht aus der schwedischen Studie hervor. In der Studie war das Risiko einer Selbsttötung für Menschen mit der Diagnose viermal höher als in der normalen Bevölkerung.
Bei den Betroffenen führt der ständige Stress durch die eingebildeten Krankheiten zu tatsächlichen Gesundheitsproblemen wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten und Atemwegserkrankungen.
Insgesamt starben Menschen mit der Diagnose Krankheitsangststörung früher als die Vergleichsgruppe. Allerdings starben sie nicht häufiger an Krebs. Da war das Sterberisiko ungefähr gleich.
Die Angst ist behandelbar
Die gute Nachricht ist: Die Angststörung lässt sich behandeln. Zunächst ist es wichtig, Betroffene mit dieser Störung ernst zu nehmen. Denn Menschen, denen vorgeworfen wird, sich Krankheitssymptome einzubilden, wenden sich oft ganz vom medizinischen System ab.
Dabei ist die Krankheitsangststörung durchaus behandelbar. In erster Linie kommt eine kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz. Dazu können Entspannungstechniken kommen. In manchem Fällen hilft auch die Einnahme von Antidepressiva.
Wachsamkeit gegen Krankheiten: "Alltagshypochonder" haben bessere Gesundheit
Im Unterschied zu der schweren Krankheitsangststörung, leiden viele Menschen an einer leichten "Alltagshypochondrie". Das bedeutet, dass der Betroffene seine körperlichen Empfindungen ziemlich genau beobachtet und rasch Symptome abklären lässt.
Eine schottische Studie mit 320.000 Teilnehmern aus dem Jahr 2017 hat einen klaren Überlebensvorteil der "eingebildeten Kranken" nachgewiesen. Diese Menschen, die sich als besorgt beschreiben und ihre Gesundheit als schlechter beurteilten als sie tatsächlich war, hatten ein um acht Prozent niedrigeres Risiko an Krebs, Herz- und Atemwegserkrankungen zu sterben als die Vergleichsgruppe.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären, dass diese Menschen im Bezug auf ihre Gesundheit wachsamer waren. Dadurch, dass sie schneller besorgniserregende Symptome untersuchen ließen, kam es zum Teil zu einer früheren Diagnose ernster Krankheiten.
Ein bisschen stärker auf seine Gesundheit zu achten und vielleicht alle Vorsorge-Untersuchungen wahrzunehmen, ist also durchaus sinnvoll.