Klimawandel

Ethische Leitlinien für die Erforschung von Geoengineering

Stand
Autor/in
Richard Kraft
Das Interview führte
Stefan Troendle
Onlinefassung
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Geoengineering ist eine Art Techno-Fix, um die Erde künstlich herunterzukühlen. Ein Ansatz der immer wieder kontrovers diskutiert wird. Neue ethische Leitlinien sollen helfen.

Geoengineering ist der Überbegriff für eine Reihe verschiedener Maßnahmen, um die Durchschnittstemperatur der Erde künstlich zu senken. Grundsätzlich werden dabei zwei Ansätze verfolgt: Einmal soll das Treibhausgas CO2 aufwendig aus der Atmosphäre entzogen werden. Dieser Ansatz wird auch Carbon Capturing genannt.

Eine zweite Möglichkeit ist es, den Spiegeleffekt der Erde zu erhöhen. Damit würde ein Teil des Sonnenlichts reflektiert werden und gar nicht erst auf der Erde ankommen und zur Klimaerwärmung beitragen. Die Maßnahmen von Geoengineering können sehr unterschiedlich aussehen. Neben der Aufforstung von Wäldern gibt es auch Methoden, um z.B. künstliche Wolken über dem Meer entstehen zu lassen oder Partikel in die Stratosphäre zu injizieren.

Chemtrails von Flugzeugen die Geoengineering betreiben
Eine Möglichkeit von Geoengineering ist die Injektion von reflektierenden Aerosolen in die Stratosphäre.

Geoengineering wird vielerorts kontrovers diskutiert

Gegner von Geoengineering sehen darin eine besonders gefährliche Möglichkeit, von der eigentlichen Problematik der Klimaerwärmung abzulenken. Außerdem sind die Auswirkungen eines möglichen Eingriffs in unser Klimasystem noch kaum vorhersehbar aufgrund fehlender Forschung. Gleichzeitig würden diese Maßnahmen aber die gesamte Menschheit betreffen.

Die American Geophysical Union AGU hat gerade deshalb neue ethische Leitlinien zur Erforschung von Geoengineering formuliert. Sie sollen als eine Art Orientierung bei der Erforschung neuer Geoengineering-Technologien dienen.

Forschung zu Geoengineering soll ethische Leitlinien berücksichtigen

Das Rahmenwerk umfasst fünf Grundsätze, die bei der Erforschung neuer Technologien im Bereich Geoengineering berücksichtigt werden sollen. Zuerst soll Forschung zu Geoengineering nie als Alternative zur Emissionsreduktion gesehen oder präsentiert werden. Außerdem soll Forschung immer eine ganzheitliche Klimagerechtigkeit mitberücksichtigen.

Der dritte Grundsatz umfasst die Inklusion der Öffentlichkeit, um sicherzustellen, dass keine Gruppen oder Gemeinschaften benachteiligt werden. Außerdem soll die Forschung immer transparent gemacht werden. Das betrifft auch die Finanzierung oder die Entscheidungsfindung von Projekten. Als letzter Punkt soll Forschung zu Geoengineering natürlich im Einklang mit den geltenden Gesetzen ablaufen. Dazu gehört auch eine unabhängige Prüfung der einzelnen Projekte.

Ventile eines CO2-Speichertanks des Deutschen Geoforschungszentrums GFZ in Ketzin
Maßnahmen für Geoengineering sollten nur ergänzend zur Emissionsreduktion eingesetzt werden.

Forschung zu Geoengineering soll dabei helfen informiertere Entscheidungen zu treffen

Professor Daniel Heyen von der Technischen Universität Kaiserslautern lobte im Interview mit dem Wissensmagazin Impuls das Vorhaben der AGU: Mehr Wissen über die möglichen Folgen würde dabei helfen, informiertere und gerechtere Entscheidungen über die Forschung oder mögliche Nutzung von Geoengineering zu treffen.

Gleichzeitig bemängelt er, dass sinnvolle Forderungen von Geoengineering-Gegnern gegen die Forschung verwendet werden könnten. Zwar sollte man Geoengineering kritisch sehen, doch es ist „auch riskant dem Klimawandel, ohne diese möglicherweise hilfreichen Technologien zu begegnen und auch die Erforschung von Anfang an ausschließen.“.

Forschungsballon für Wissenschaft
Um die Folgen von Geoengineering zu untersuchen soll die Forschung ethische Leitlinien befolgen.

Polarisierung der Gesellschaft soll durch Leitlinien verhindert werden

Grundsätzlich wären solche ethischen Leitlinien gesetzlich nicht bindend, so Heyen. Auch handle es sich nicht um kritische Regeln für den Einsatz von Geoengineering. Vielmehr gehe es darum, proaktiv Leitlinien zu formulieren, um möglicher Kritik an Forschungsvorhaben schon im Vorfeld zu begegnen.

Die Kontroverse um den möglichen Einsatz von Geoengineering hat in der Praxis bereits dazu geführt, dass einzelne Forschungsprojekte abgebrochen wurden, da sich die Bevölkerung dagegen gestellt hat. Heyen betont: „Forschungsprojekte selbst sind per se kaum gefährlich und gar nicht problematisch“. Die Formulierung dieser ethischen Leitlinien soll demnach eine mögliche Polarisierung zu Geoengineering von Anfang an verhindern.

Umwelttechnik Die Klima-Klempner – Brauchen wir Geo-Engineering?

Manche Forscher wollen die Klimakrise technisch lösen: Indem sie CO2 aus der Luft filtern oder die Sonneneinstrahlung „dimmen“. Das ist riskant. Tabuisieren lassen sich solche Ideen nicht mehr.

SWR2 Wissen SWR2

UN-Umweltprogramm: Große Lücken beim Erreichen der Pariser Klimaziele

Vor Beginn der Weltklimakonferenz fordern die Vereinten Nationen mehr Anstrengung gegen den Klimawandel. Auf die Diskussionen müssen Taten folgen, fordert UN-Generalsekretär António Guterres (Autorin: Antje Diekhans)

World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur IEA: Krisen und Klimawandel gefährden die Energiesicherheit

Bis 2030 wird mehr als die Hälfte des weltweiten Stroms aus emissionsarmen Quellen erzeugt (Autorin: Janina Schreiber)

Klima Wolken aus Kraftwerken – beeinflussen sie das Wetter bzw. Klima?

Bei einem Kraftwerk kommen alle möglichen Dinge aus dem Schornstein. Diese Wolken, die sich aus dem Wasserdampf bilden, sind zwar am deutlichsten sichtbar, spielen aber die kleinste Rolle. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Wissenschaftsbarometer 2024 Mehr Menschen vertrauen in Klimaforschung

Mehr Menschen vertrauen der Klimaforschung. Das zeigt der Wissenschaftsbarometer 2024. Die Menschen wünschen sich außerdem einen größeren Einfluss der Wissenschaft auf die Politik.

Impuls SWR Kultur