Im Mittelpunkt der Studie, die im Fachmagazin Nature erschienen ist, stehen sogenannte HLA-Proteine. Sie sitzen auf der Oberfläche unserer weißen Blutkörperchen und erfüllen wichtige Funktionen für das Immunsystem. Beispielsweise helfen sie den Immunzellen, unsere eigenen Körperzellen von fremden zu unterscheiden und Krankheitserreger zu erkennen.
Große genetische Vielfalt der HLA-Proteine des Immunsystems
Im Laufe der Evolution hat sich bei HLA-Proteinen eine große genetische Vielfalt entwickelt. Beinahe jeder Mensch trägt andere Varianten der HLA-Gene in seinem Erbgut. Besonders wichtig ist das bei Organ- und Stammzelltransplantationen: Je ähnlicher sich die HLA-Varianten von Spender und Empfänger sind, desto unwahrscheinlicher ist eine Abstoßungsreaktion.
Schon länger wird vermutet, dass manche HLA-Varianten ihre Träger vor bestimmten Krankheitserregern schützen. Die Variante HLA-B*27 beispielsweise soll vor Grippeviren schützen und den Ausbruch von AIDS verzögern können. Etwa 8 Prozent der europäischen Bevölkerung trägt diese Variante.
HLA-Variante schützt besonders gut gegen Corona-Symptome
Ob es auch bei SarsCov2 schützende Genvarianten gibt, hat nun ein Forschungsteam aus den USA und Australien überprüft. Dafür untersuchten sie über 1.400 Personen mit einer nachgewiesenen Corona-Infektion, etwa jede zehnte davon hatte keine Symptome.
In dieser Gruppe suchte das Forschungsteam nach Gemeinsamkeiten in den HLA-Proteinen. Und wurde fündig: jede fünfte Person hatte eine häufig vorkommende HLA-Variante namens HLA-B*15:01. Manche Menschen tragen diese Variante gleich zweimal in ihrem Erbgut – einmal vererbt von der Mutter, einmal vom Vater. Eine symptomlose Corona-Infektion war bei diesen Menschen achtmal wahrscheinlicher als bei Menschen mit anderen HLA-Varianten.
Studienergebnisse weisen auf Kreuzimmunität durch HLA-Variante hin
Und es gibt weitere Hinweise – nämlich auf eine Kreuzimmunität. Dafür nahm das Forschungsteam Immunzellen von Menschen mit der auffälligen HLA-Variante unter die Lupe, die noch nie mit Corona infiziert waren. Und tatsächlich: die Immunzellen reagierten auf einen Teil des SARS-CoV-2-Virus, der in ähnlicher Form auch bei Erkältungs-Coronaviren vorkommt.
Die Forscher schließen daraus Folgendes: Menschen mit der schützenden HLA-Variante, die bereits eine Immunität gegen Erkältungs-Coronaviren aufgebaut haben, sind auch vor SARS-CoV-2 besser geschützt. In manchen Fällen sogar so gut, dass es gar nicht erst zu Symptomen kommt.
Allerdings ist das wohl nicht die einzige Ursache für das Ausbleiben der Symptome: Immerhin hatte nur jeder fünfte der symptomlos Infizierten die HLA-Variante. Zudem kam die Variante auch bei der Gruppe mit Symptomen vor, wenn auch deutlich seltener. Die Schutzwirkung könnte also individuell unterschiedlich ausfallen.
Die Autoren der Studie hoffen dennoch, dass sich so neue Erkenntnisse für die Therapie und Impfstoffentwicklung gewinnen lassen.