Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern des Albany Medical Center in New York und der Berkeley University in Kalifornien ist es gelungen, mit Hilfe von Hirnimplantaten und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz den Pink Floyd Song "Another Brick in the Wall" zu rekonstruieren. Die Forschung zur Musikverarbeitung unseres Gehirns könnte den Weg für verbesserte Sprachprothesen ebnen.
So funktioniert die Messung
Die Messungen wurden bei Teilnehmenden vorgenommen, die schon zuvor Elektroden auf der Oberfläche ihres Hirns eingepflanzt bekommen hatten, um so ihre epileptischen Anfälle überwachen zu können. Diese Menschen haben Pink Floyds Lied „ Another Brick in the Wall“ gehört, während sich die Forschenden angeschaut haben, wie die implantierten Elektroden die Aktivität mehrerer Gehirnregionen erfassen.
Dabei wurden auch neue Bereiche identifiziert, die etwa für den Rhythmus und bestimmte stimmliche Elemente zuständig sind. All das wurde aufgezeichnet. Anschließend hat ein KI-Modell nach Mustern in der Reaktion des Gehirns gesucht. Genauer: Wie es auf verschiedene Komponenten des Liedes wie Änderungen in Tonhöhe und Rhythmus reagiert.
Ein weiteres KI-Modell hat diese Daten und Muster wieder zusammengesetzt, um die Geräusche abzuschätzen, die die Patientinnen und Patienten hörten. Das waren zwar verstümmelte, aber doch gut erkennbare Audiodaten des Pink Floyd Songs.
Das ist auf diesem Forschungsgebiet schon möglich
Die Idee hinter dieser Hirnforschung ist, dass Menschen, die die Fähigkeit zum Sprechen verloren haben, mit Hilfe von Hirnimplantaten wieder kommunizieren können. In der gesprochenen Sprache sind melodische Nuancen wie das Tempo, Betonungen und Akzente wichtig, weshalb versucht wird, auch diese Sprachelemente, die Prosodie genannt werden, zu erfassen. Dafür ist diese Musik-Rekonstruktion ein wichtiger Schritt.
Dabei hat die Forschung schon einige Hindernisse genommen. Vor 11 Jahren hat es ein Team aus Kalifornien geschafft, Audioaufzeichnungen von Wörtern zu rekonstruieren, die Teilnehmende mit Hirnimplantaten gehört haben. Ein anderes Forschungsteam hat es geschafft, kürzlich angesehene Bilder aus Hirnscans der Teilnehmenden zu reproduzieren. Das waren Landschaftsfotos aber auch menschliche Gesichter.
Nun war es das erste Mal, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Gehirn derart belauschen konnten, um Musik zu rekonstruieren.
Pink Floyd singt "We don't need no thought control" – Sind wir nun dem Gedankenlesen nahe?
Die Forschenden selbst geben an, dass noch einige Hürden zu überwinden sind, bevor diese Technologie sicher angewendet werden kann. Die größte Hürde könnte sein, dass solche Gedankenleseprogramme, immer noch eine direkte Schnittstelle ins Gehirn – also ein Implantat – brauchen, um brauchbare Ergebnisse liefern zu können.
Es wird jedoch bereits daran geforscht, das menschliche Gehirn ohne chirurgische Implantate auszulesen. Zum Beispiel mithilfe hochempfindlicher Elektroden, die an der Kopfhaut befestigt werden. Das funktioniert bereits, aber nur wenn die Teilnehmenden sich einzelne Buchstaben vorstellen.
Der Vorgang der Entschlüsselung braucht etwa 20 Sekunden pro Buchstabe – ist damit also noch recht langsam und nicht alltagsgeeignet. Sicher ist, dass zur Zeit noch keine Technologie die privaten Gedanken der Menschen entschlüsseln kann.
Da sich dieser Forschungsbereich rasant weiterentwickelt, sind Regelungen wichtig – von Privatsphäre bis zur persönlichen Autonomie. Ethikerinnen und Ethiker fordern, dass Nutzende zumindest die volle Kontrolle über die Ausgänge der Geräte behalten müssten.