Eine Bienenfamilie kann aus tausenden Bienen bestehen. Um deren Temperatur zu messen und herauszufinden, ob es den Bienen gut geht, braucht es viele kleine Fieberthermometer. Daran forschen am Max-Planck-Institut in Mainz der Laserphysiker Dr. Stanislav Balouchev und sein Team. Balouchev ist über seine Forschung zum Imker geworden.
Laser erfassen Energieverbrauch der Bienen
Die Laserstrahlen im Labor von Stanislav Balouchev sind so etwas wie ein Fieberthermometer. Damit kann der Physiker die Temperatur in kleinsten Organismen messen. Meistens untersucht der Laserphysiker mit seinen Apparaten Zellkulturen – zum Beispiel bösartige Krebszellen. Seit einiger Zeit baut er aber auch Temperaturmessgeräte für Bienen.
Schon als Kind züchtete er Bienen mit seinem Großvater in Bulgarien. In Mainz baute er ihnen in der Nähe seines Labors einen besonderen Bienenstock. Damit will der Laserphysiker erforschen, wieviel Energie die Bienen wann und wo für Ihre Brut und für die Honigproduktion benötigen. Er hat dafür die Bienenwaben mit Messgeräten ausgestattet.
Dabei musste der Laserphysiker und sein Team aufpassen, die Messplatten mit den Sensoren so einzubauen, dass die Kommunikation der Bienen nicht gestört wird. Stanislav Balouchev hat mit seinen Kollegen im Max-Planck-Institut für Polymerforschung lange experimentiert, bis er im Bienenstock in Echtzeit an vielen Stellen gleichzeitig messen konnte.
3D-Temperaturverteilung im Bienenstock
Mit den Messgeräten wollen Balouchev und sein Team die Temperatur im Bienenstock in drei Dimensionen messen – also nicht nur oberflächlich in 2D, wie es bisher mit Infrarotkameras bei kleineren Bienenvölkern möglich war. „Wir messen nicht eine mittlere Temperatur von dem ganzen Bienenstock, sondern an jedem einzelnen Punkt. Und damit wissen wir, wie gut es den Bienen geht“, erklärt Professorin Katharina Landfester. Sie ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz.
Die Geräte ermöglichen die Messung der lokalen Temperatur im Bienennest an mehr als 500 Punkten – pro Minute. Riesige Datenmengen werden so gesammelt. Auf diese Weise ließe sich ermitteln, wie das Temperaturverhalten im gesamten Bienenstock aussieht.
Zehntausende Bienen und Larven sollen mit noch kleineren Messgeräten zukünftig beobachtet werden können. Jede Biene und jede Larve hat dabei eine ganz individuelle Temperatur, die sich auch noch je nach Lebensphase, Alter, Aufgabe und Aufenthaltsort ändern kann. „Alle diese Lebensphasen haben spezifische Temperaturverteilungen. Bis jetzt hat keiner das gemessen“, so Balouchev.
Physiker und Bienen experimentieren gemeinsam
Für die Ingenieure des Max-Planck-Instituts war der Bau der Messgeräte kein Problem. Eine Herausforderung sei aber bis heute der Einbau der Technik in den Bienenstock, sagt der Ingenieur Alfons Becker: „Die Bienen greifen alles an, speziell unsere Elektronik.“
Darum experimentieren die Physiker und Ingenieure in Mainz immer wieder mit neuen Oberflächen für die Messwaben. Das heißt die Physiker und die Bienen experimentieren zusammen. Sobald die Bienen die hergestellte Konstruktion nicht annehmen, ist diese gescheitert, sagt Stanislav Balouchev: „Wir haben eine echte Qualitätskontrolle.“
Honig gegen Messergebnisse
Inzwischen haben die Ingenieure im Max-Planck-Institut die Messgeräte sogar so modifiziert, dass sie, wenn es Bienen zu kalt wird, auch die Temperatur individuell erhöhen können – eine kleine Bienenheizung also.
Die Bienen revanchieren sich mit Honig. Und der gibt auch dem Laserphysiker Stanislav Balouchev Energie, bald noch kleinere Messgeräte für seine Bienen zu bauen. Damit er genau weiß, ob es der Biene gut geht. Mit den so gewonnenen Daten können zukünftig Bienenstöcke verbessert werden. Und das ist gut für alle, die Honig mögen.