Die Endometriose gehört zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. Etwa acht bis fünfzehn Prozent der Frauen zwischen Pubertät und Wechseljahren sind davon betroffen - das sind fast 340.000 Menschen in Deutschland. Jährlich gibt es etwa 40.000 Neuerkrankungen.
Neue Studie: Immer mehr Endometriose-Diagnosen
Lange Zeit wurden Schmerzen bei der Periode als „normal“ abgetan und die Krankheit Endometriose war auch vielen Ärztinnen und Ärzten unbekannt. Aufgrund von mehr Aufklärungsarbeit und der stärkerer Präsenz des Themas in den Medien werden Diagnosen mittlerweile schon schneller getroffen, berichtet Dr. Juliane Grimm, Sprecherin des Endometriosezentrums and der Uniklinik Freiburg.
Eine Studie des Zentralinstituts der kassenärztlichen Versorgung hat nun ergeben, dass bereits in den letzten zehn Jahren die Diagnosehäufigkeit um 65 Prozent gestiegen ist. Die meisten Endometriose-Fälle wurden dabei in Nordniedersachsen und Mittelbaden identifiziert. Datengrundlage waren die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten. Die hohen Werte sind wahrscheinlich auf eine bessere Erfassung zurückzuführen. Aber:
Endometriose ist das "Chamäleon der Gynäkologie"
Eine Endometriose äußert sich häufig durch starke Periodenschmerzen. Es können aber auch unabhängig vom Zyklus Schmerzen auftreten, und das nicht nur im Bauchraum, sondern im gesamten Körper. Weitere mögliche Symptome sind starke Erschöpfung, Übelkeit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
Auslöser der Schmerzen sind Veränderungen im Gewebe: spezielle Schleimhautzellen siedeln sich außerhalb der Gebärmutter an. Betroffen sind zum Beispiel Eierstöcke, Darm oder Bauchfell, in seltenen Fällen auch die Lungen. Dort entstehen Wucherungen, die zu Entzündungen, Vernarbung und Blutungen führen können. Auch Unfruchtbarkeit kann eine Folge sein. Bei etwa 40 bis 60 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, liegt das an einer Endometriose.
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Studie: Neue Ursache im Verdacht
Die Ursachen von Endometriose sind bislang ungeklärt. Es bestehen viele Theorien, von denen sich bisher keine endgültig durch Studien festigen konnte.
Forschende aus Japan konnten nun in Gewebeproben betroffener Frauen besonders häufig bestimmte Bakterien nachweisen. In der Studie wurden insgesamt 155 Frauen untersucht, gut die Hälfte davon leben mit der Diagnose Endometriose. Die Bakterien fanden sie bei etwa zwei Dritteln der Erkrankten, in der Vergleichsgruppe nur bei weniger als jeder Zehnten. Die sogenannten Fusobakterien kommen sonst hauptsächlich in der Mundhöhle vor.
Versuch mit Mäusen verstärkt Verdacht
Dass die Bakterien die Ursache für die Endometriose sein könnten, zeigte ein Versuch mit Mäusen. Um die Endometriose zu simulieren, pflanzten die Forscher ihnen von der Gebärmutterschleimhaut stammende Gewebestücke ein. In Anwesenheit der Bakterien verschlimmerten sich die dadurch hervorgerufenen Gewebeveränderungen.
Die Behandlung mit Antibiotika führte dagegen zu einer Verbesserung des Zustands. So konnte die Anzahl und das Gewicht von etablierten Endometrioseherden reduziert werden und in anderen Fällen die Entstehung einer Endometriose sogar weitgehend verhindert werden.
Mäuse haben jedoch keinen mit dem Menschen vergleichbaren Menstruationszyklus, die Ergebnisse müssen deshalb zunächst mit Vorsicht betrachtet werden.
Bakterien aktivieren spezielle Zellen
Außerdem untersuchte das Forschungsteam einen möglichen Mechanismus, wie die Bakterien in Zusammenhang mit der Endometriose stehen könnten. Die Bakterien lösen demnach Signale im Körper aus, die sogenannte Myofibroblasten aktiv werden lassen.
Diese spezialisierten Zellen sind eigentlich für Wundheilung und Narbenbildung zuständig. Sind jedoch zu viele von ihnen aktiv, kann das zu schadhaften Veränderungen im Gewebe führen.
Studie könnte neue Therapiemöglichkeit eröffnen
Noch gibt es keine universell wirksame Therapie gegen Endometriose. In manchen Fällen kann das schädliche Gewebe chirurgisch entfernt werden. Das ist aber nicht immer möglich. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen besteht ein dauerhafter Behandlungsbedarf.
Dazu stehen bisher lediglich Schmerzmittel und Hormone zur Zyklus-Kontrolle zur Verfügung. Ob eine Antibiotika-Therapie bei Frauen mit Endometriose in Zukunft helfen kann, soll nun in klinischen Studien untersucht werden.