Besonders bei Kindern mit Risiko auf einen schweren Krankheitsverlauf sei der Nutzen der Impfung größer als das Risiko. Mit dieser Begründung gibt die EMA jetzt grünes Licht zur Impfung für Kinder zwischen fünf und elf Jahren.
Sollte die EU-Kommission wie erwartet der EMA-Empfehlung folgen und den Impfstoff formell zulassen, würde der Biontech-Kinderimpfstoff der erste Impfstoff für unter Zwölfjährige in der EU werden.
Abzuwarten bleibt dann noch die Empfehlung durch die Ständige Impfkommission (STIKO), die bis zum voraussichtlichen Liefertermin des Kinderimpfstoffs am 20. Dezember folgen soll. Bei den Zwölf- bis Sechzehnjährigen empfahl die STIKO die Impfung zunächst nur denjenigen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Eine allgemeine Empfehlung folgte.
Geringere Impfstoffdosis für Kinder
Der Impfstoff für Kinder ist zwar der gleiche wie bei den Erwachsenen, er ist aber geringer dosiert. Deswegen wird er in anderen Fläschchen abgefüllt und das braucht Zeit. Der Impfstoff ist aber bereits bestellt und soll ab dem 20. Dezember auch geliefert werden.
Allgemeine Impfempfehlung noch unklar
Hauptsächlich geht es beim Impfen um den individuellen Schutz, also in diesem Fall um den Schutz des Kindes. Da muss genau abgewogen werden, ob der Nutzen durch die Impfung größer ist als das Risiko. Bisher war das immer so, aber es ist noch unklar, ob das auch für Kinder unter zwölf Jahren gelten wird: Sie haben ein relativ geringes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und sie bilden bereits bei milden und symptomlosen Infektionen eine starke Immunantwort aus.
Außerdem sind infizierte Kinder auch weniger ansteckend als Erwachsene. Sie spielen daher im Pandemiegeschehen nur eine untergeordnete Rolle. Einen größerer Effekt kann erzielt werden, indem die noch ungeimpften Erwachsenen immunisiert werden.
Zulassungsstudien könnten Nebenwirkungen noch übersehen
Grundsätzlich scheint der Impfstoff auch für Kinder zwischen fünf und elf Jahren wirksam und sicher zu sein, aber die Datenlage ist dünn: In der Zulassungsstudie haben nur etwa 1.500 Kinder den Impfstoff bekommen. Das ist zu wenig, um sehr seltene Nebenwirkungen zuverlässig aufzudecken.
In den USA gibt es bereits eine Notfallzulassung für den Impfstoff. Dort wurden auch schon viele Kinder geimpft, aber von US-amerikanischen Kindern kann man nicht direkt auf deutsche schließen. Sie sind im Schnitt viel gesünder und haben daher noch einmal ein geringeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Wirksamkeit wird bei Kindern mit anderer Methode ermittelt
Die Zulassungsstudien bei Kindern unterscheiden sich von denen bei Erwachsenen. Bei den Erwachsenen wird abgewartet, bis eine gewisse Anzahl an Studienteilnehmern sich mit dem Coronavirus infiziert hat. Dann wird ausgewertet, wie viele der Infizierten geimpft waren und wie viele in der Placebogruppe waren.
Weil man Kinder aber nicht dem Risiko aussetzen will, schwer zu erkranken, misst man in den Kinderstudien eine gewisse Zeit nach der Impfung die Antikörperkonzentrationen. Die werden dann mit denen von Erwachsenen verglichen, bei denen man weiß, dass der Impfstoff wirkt. Das Studienziel ist dann die sogenannte Nicht-Unterlegenheit: Die Konzentration sollte nicht unter dem der Vergleichsgruppe liegen. Dieses Ziel hat der Impfstoff von Biontech in der Studie erreicht.
Off-Label-Use in Ausnahmefällen
In Ausnahmefällen können Kinder zwischen fünf und elf Jahren auch jetzt schon mit Biontech geimpft werden. Man nennt das Off-Label-Use. Dabei wird der Impfstoff anders verwendet als eigentlich gedacht – zum Beispiel, weil es für eine bestimmte Gruppe noch keine Zulassung gibt.
Das wird bei vielen Medikamenten regelmäßig gemacht und ist auch legal. Aber Ärzte haben dabei eine erweiterte Aufklärungspflicht und können auch unter Umständen für Nebenwirkungen haftbar gemacht werden.