Dass in Deutschland die Herkunft eines Kindes immer noch stark den Bildungserfolg bestimmt und Schule das nicht ausgleichen kann, ist nicht neu. Doch, dass Wissens-Vorstellungen von Eltern sich langfristig darauf auswirken, wie gut ihre Kinder wissenschaftlich denken können, hat den Entwicklungspsychologen Christopher Osterhaus von der Universität Vechta nun doch überrascht.
Forschergeist und Gespür für gute Experimente bei Kindern wird durch Eltern mit geweckt
Es sei nicht so, erklärt Osterhaus, dass die Wissens-Vorstellungen der Elten nur einen Einfluss auf die Überzeugung der Kinder haben, also auf das Verständnis von Wissenschaft, sondern auch darauf, wie sie ganz konkret vorgehen, also wie sie beispielsweise experimentieren.
Kontrolliertes Experiment zur Frage: Löst sich Kakao besser in warmer oder kalter Milch auf?
Für die Studie wurden Eltern gefragt, wie sie über Wissen und Wissenschaft denken. Dazu wurden ihre Kinder jährlich über einen Zeitraum von fünf Jahren – beginnend im Alter von sechs Jahren bis zum Alter von zehn Jahren auf ihr wissenschaftliches Denken getestet.
Die Aufgaben wurden gemeinsam mit der pädagogischen Hochschule Freiburg entwickelt und untersuchten zum Beispiel, ob Kinder ein Verständnis davon haben, was ein kontrolliertes Experiment ist. Nur aus einem kontrollierten Experiment könne man Aussagen treffen über die Variable, die man untersucht, sagt der Entwicklungspsychologe Christopher Osterhaus.
Da gab es beispielsweise eine Aufgabe, in der Kinder beantworten sollten, wie man herausfinden kann, ob sich beispielsweise Kakao besser in warmer oder kalter Milch auflöst. Wie sollte man das untersuchen?
Kinder nicht mit Wissen überfrachten aber wissenschaftliche Einstellung vermitteln
Wie genau Eltern ihre Einstellungen zu Wissen und Wissenschaft an ihre Kinder weitergeben, wurde in der Studie nicht untersucht. Das Forschungsteam nimmt aber an, dass Kinder diese Haltung unbewusst, beispielsweise über Gespräche im Alltag, vermittelt bekommen.
Wenn Eltern also das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder unterstützen wollen, dann sollten sie ihre Einstellungen dazu auf den Prüfstand stellen, sagt Entwicklungspsychologe Osterhaus.
Die Studie habe gezeigt, wie wichtig es ist, "dass Eltern, wenn sie glauben, dass Wissen beispielsweise veränderlich ist oder eben auch von kulturellen und sozialen Bedingungen beeinflusst wird", das auch schon jungen Kindern zu erklären. Konkret bedeutet das nicht, Kinder mit Wissenschaft zu überfrachten, sondern diese wissenschaftlichen Einstellungen in Alltagskontexten einfließen zu lassen.
Es geht auch nicht darum, dass Eltern ihren Kindern verstärkt praktische Experimente anbieten sollten – wie zum Beispiel den klassischen Sandkastenvulkan, den Eltern gern mit ihren Kindern explodieren lassen, sondern "mehr darum, dieses wissenschaftliche Denken zu modellieren, also Kinder bewusst zu fragen, was ihre Vermutungen sind, wenn Sie ein Experiment machen, was sie selber glauben, wie was zusammenhängen könnte, und zu überlegen, wie sie das selber untersuchen könnten."