Physik

Wie misst man Temperaturen am absoluten Nullpunkt?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Der absolute Nullpunkt liegt bei -273,15° C. Das weiß man aber nicht deshalb, weil man den mal irgendwann mit einem Thermometer gemessen hätte, sondern man hat den absoluten Nullpunkt zunächst nur berechnet. Im 17. Jahrhundert beobachtete man, dass sich ein Gas, wenn man es erwärmt, ausdehnt. Wenn man es abkühlt, zieht es sich zusammen. Das folgt einem ziemlich einfachen Gesetz: je niedriger die Temperatur, desto kleiner das Volumen.

Als man diesem Zusammenhang auf die Schliche kam, rechnete man aus: Wie kalt müsste das Gas denn sein, damit das Volumen auf Null zusammenschrumpft? So kam man auf einen Wert von -240°C – wohlgemerkt ohne dass man diese Temperatur auch nur annähernd irgendwo „gemessen“ hätte. Das war für das Jahr 1699 schon eine ganz gute Schätzung.

Bald war aber klar, dass die Rechnung so nicht gehen kann. Denn man kann sich zwar vorstellen, dass das Volumen eines Gases schrumpft – aber dass es auf Null geht, also gar nicht mehr vorhanden ist, ist erstens unlogisch und zweitens realitätsfremd. Denn jedes Gas wird beim Abkühlen ab einer bestimmten Temperatur etwas ganz anderes machen, nämlich seinen Aggregatzustand ändern – sich also verflüssigen oder sogar gefrieren.

Temperatur: Bewegung von Teilchen

Man hat den absoluten Nullpunkt dann auf eine andere Art ermittelt. Temperatur ist physikalisch ein Ausdruck für die Bewegung von Teilchen – beim Gas die Bewegung der einzelnen Moleküle, in einem Festkörper das Zappeln der Atome. Alle Atome haben eine Eigenbewegung, und auch diese Eigenbewegung wird immer langsamer, je kälter es wird.

So sagte man: Der absolute Nullpunkt wäre dann erreicht, wenn die Eigenbewegung aufhört, wenn sich die Atome nicht mehr bewegen, also alles total eingefroren ist. Da hat man erst mal nur rechnerisch den Wert -273,15° Celsius ermittelt. Parallel entwickelte man Verfahren, um immer kältere Temperaturen zu erreichen. Man hat Gase verflüssigt, sogar Wasserstoff und Helium, was wirklich eine große Leistung war: Man muss Helium auf 4 Grad über dem absoluten Nullpunkt – also -269° Celsius runterkühlen, damit es sich verflüssigt. Das ist gelungen. Man kann heute im Labor Temperaturen von Bruchteilen von Graden über dem absoluten Nullpunkt erzeugen. Aber man weiß auch, man kann diesem Nullpunkt zwar beliebig nahe kommen, aber erreichen kann man ihn nicht.

Mehr Messgenauigkeit durch Platindraht und radioaktives Kobalt

Wenn man diese Temperaturen erzeugt – woher weiß man, wie kalt das Helium ist? Wie misst man das? Das geht natürlich nicht mit der Art von Thermometern, die wir kennen. Die beruhen darauf, dass sich eine Flüssigkeit unter Temperatureinfluss ausdehnt bzw. zusammenzieht. Bei so tiefen Temperaturen ist aber Quecksilber, oder was man sonst nehmen kann, längst gefroren. Tiefere Temperaturen kann man bestimmen, indem man einen Platindraht dazu tut und den elektrischen Widerstand misst. Auch das ist ein physikalisches Gesetz: Je kälter der Draht, desto schwächer der Widerstand. Aber auch diese Methode hat Grenzen.

Wenn man dem absoluten Nullpunkt schon ganz nah ist, etwa bei 0,1 Grad über dem Nullpunkt, dann nutzt man spezielle Kristalle, die radioaktives Kobalt enthalten. Das Kobalt zerfällt mit einer bestimmten Rate zu Nickel, dabei entsteht Gammastrahlung. Und je weniger Gammastrahlung man misst, desto näher ist man dem absoluten Nullpunkt gekommen.

Physik Gefriert warmes Wasser tatsächlich schneller als kaltes?

Warmes Wasser gefriert schneller als kaltes. Dieser Mpemba-Effekt wird sogar bei der Herstellung von Speiseeis eingesetzt. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Zeit und Raum Woher weiß man, ob ein Stern, den wir nachts sehen, noch existiert?

Sterne hören auf zu leuchten, wenn sie nicht mehr existieren. Der Stern Beteigeuze ist ein interessantes Beispiel. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Technik Wie funktioniert ein Touchscreen?

Der Bildschirm "spürt" nichts. Auf der Glasplatte des Geräts ist eine Strom leitende Schicht aus Metalloxid aufgetragen. Was passiert bei Berührung damit? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Architektur Dom, Münster, Kathedrale, Basilika – Was sind die Unterschiede?

Ein Dom ist ein großes, historisch bedeutsames Kirchenhaus. Ebenso die Kathedrale, aber Kathedralen sind außerdem Bischofssitz. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Zeitgeschichte Gab es Zusagen an Moskau, die NATO nicht nach Osten zu erweitern?

Wurde in den Verhandlungen 1990 eine entsprechende Zusage getroffen? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Astronomie Wie lautet der Merkspruch für die Reihenfolge der Planeten?

Früher hieß er "Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten." Seit Pluto weggefallen ist kann man sagen: "Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren Nachthimmel." Von Tilman Spohn

Körper Wie lange braucht ein Lichtsignal vom Objekt ins Gehirn?

Bis wir ein Objekt erkennen, brauchen wir etwa 150 Millisekunden. Die meiste Zeit davon verbringt das Signal "in unserem Kopf". Warum ist das so? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.