Physik

Wie gefährlich ist der LHC-Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf?

Stand
Autor/in
Harald Lesch

Audio herunterladen (4,5 MB | MP3)

Ich kann alle beruhigen. Nehmen wir an, bei diesem Experiment mit dem Large Hadron Collider (LHC), wo Protonen mit sehr hoher Energie aufeinander geschossen werden, würden tatsächlich Elementarteilchen entstehen, ein schwarzes Loch. Dann kann man, wie im ersten Semester Physik, auf einem Blatt Papier ausrechnen, wie groß die Kraft zwischen zwei Teilchen ist – und zwar die Gravitationskraft zwischen zwei Teilchen im Vergleich zu ihrer elektrischen Kraft.

Gravitation spielt nur bei schweren Körpern eine Rolle

Wenn man zum Beispiel zwei Ladungen hat, die sich abstoßen, oder zwei ungleichnamige Ladungen, die sich anziehen, stellt man fest: Die Schwerkraft ist 10 hoch 36 Mal schwächer als die elektromagnetische Kraft. Das bedeutet: Beim Aufbau der Materie, aus der wir ja auch bestehen, spielt die Schwerkraft gar keine Rolle. Die Schwerkraft, die Gravitation, spielt nur eine Rolle für große, schwere Körper; das mal vorweg. Das heißt, wenn da unten, also in dem Bereich der unglaublich kleinen Teilchen, ein schwarzes Loch entstünde, dann wäre dieses schwarze Loch nicht mehr in der Lage, einem benachbarten Atom das Elektron wegzuschnappen. Das schwarze Loch hätte also überhaupt keine Wirkung. Also selbst wenn schwarze Löcher entstünden, und man achte hier bitte auf den Konjunktiv, wäre das völlig unerheblich. Zumal es auch eine Theorie gibt, aber eben nur eine Theorie, dass diese kleinen schwarzen Löcher relativ schnell zerstrahlen. Das ist die eine Sache.

Die andere Sache: Wenn es stimmen sollte, dass der Large Hadron Collider, also das Experiment in der Schweiz, tatsächlich den Zustand relativ nah am Urknall darstellt oder simuliert und bei diesem Zustand des frühen Universums während pausenlos schwarze Löcher entstanden, dann würde es weder die Kritiker dieses Large-Hadron-Collider-Experiments geben noch diejenigen, die das Experiment machen würden. Denn wenn diese schwarzen Löcher wirklich in riesengroßer Zahl entstanden wären und das frühe Universum also voller schwarzer Löcher gewesen wäre, dann wäre nichts entstanden. Gar nichts.

Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass es Kritiker dieses Experimentes gibt, die befürchten, dass schwarze Löcher bei solchen Experimenten entstehen, ist geradezu ein Beweis dafür, dass keine schwarzen Löcher in einem frühen Universum entstanden sind. Denn sonst gäbe es die Kritiker nicht.

Naturgesetze sind immer gültig – vom Urknall bis heute

Was ich damit sagen will: Wir gehen davon aus, dass die Naturgesetze, die wir auf der Erde kennen und die wir in solchen Experimenten überprüfen, immer und überall gültig gewesen sind. Wenn das der Fall war und ist, dann können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass im frühen Kosmos keine schwarzen Löcher entstanden sind in dieser Menge. Sonst wären wir nicht da. Mit anderen Worten: Wenn der Large Hadron Collider die Bedingungen des frühen Kosmos abbildet, dann können auch da keine großen schwarzen Löcher entstanden sein und auch keine kleinen schwarzen Löcher, die irgendwelche Auswirkungen auf ihre Umgebung gehabt haben können.

Ganz abgesehen davon sind diese Elementarteilchen, schwarzen Löcher, nicht das, was wir in der Astrophysik kennen. Das sind ja große Objekte, also zumindest schwere Objekte. Die müssen nicht groß sein, aber schwer, wo zum Beispiel eine Sonnenmasse, also 300.000 Erdmassen, in eine Kugel von drei Kilometern eingesperrt wäre. Das wäre ein schwarzes Loch, das in seiner Umgebung, aber nur in seiner unmittelbaren Umgebung, die Materie in sich hinein reißen würde.

Katastrophenszenario erzeugt mediale Aufmerksamkeit

Ich bin ja kein großer Freund von Verschwörungstheorien und bitte das jetzt nicht allzu ernst nehmen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Organisation, die mit dem Experiment am LHC zu tun hat, vielleicht vor einigen Jahren ein paar Leute ausgesucht hat, die gesagt haben: Damit dieses Experiment in die Medien kommt, müssen wir uns ein Katastrophenszenario überlegen, sodass sich dann möglichst viele anschauen, was für tolle Experimente wir da machen. Denn ob man 7 TeV-Protonen aufeinandergeknallt oder nicht, das interessiert auf unserem Planeten nur ganz wenige Leute. Aber wenn davon die Rede ist, dass so ein Experiment vielleicht den Weltuntergang mit einem schwarzen Loch einläuten kann, dann sind sofort alle Medien dabei. Alle berichten darüber und das LHC ist in aller Munde und in jeder Kamera.

SWR 2008

Physik Umgestürzter Baum stoppt Teilchenbeschleuniger im CERN

Der Large Hadron Collider ist die größte Maschine der Welt: In einem 27 Kilometer langen Tunnel kollidieren Protonen und erzeugen dabei neue, teilweise bisher unbekannte Teilchen. Doch auch in einem Teilchenbeschleuniger geht manchmal etwas schief, etwa, wenn ein Baum umstürzt oder Wiesel einbricht.

SWR2 Impuls SWR2

Physik Was befindet sich zwischen dem Atomkern und den Elektronen?

Wenn man Energie in Masse umrechnet, stellt man fest: Die ganze Materie auf der Welt besteht fast ausschließlich aus Bindungsenergie. Es gibt also kaum was, das man anfassen kann. Von Harald Lesch

Physik

Hausbau Braucht man heute keine Blitzableiter mehr?

Doch. An den Empfehlungen und Richtlinien hat sich nichts geändert. In der Regel sind aber gerade bei Wohnhäusern keine Blitzableiter vorgeschrieben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Physik Warum nimmt ein feuchter Schwamm Wasser besser auf als ein trockener?

Bei diesem Phänomen spielt der Kapillareffekt eine Rolle. Was passiert da genau in Schwamm und Lappen? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Astrophysik Ist das Licht meiner Taschenlampe im All ewig unterwegs?

Dieses Licht ist, wenn es nicht von Wolken oder sonstigen Partikeln in der Luft verschluckt wird, auf alle Zeiten unterwegs – und ein paar Strahlen kommen mit Sicherheit durch. Von Bruno Martin Deiss

Stand
Autor/in
Harald Lesch

Derzeit gefragt

Linguistik Wie hat sich die Grammatik von Sprachen entwickelt?

Die Sprachentwicklung sieht man anhand von Spuren. Die Vergangenheitsform lautete zum Beispiel früher: "Ich reden tat", die heute zu dem Wort "redete" mit Endung verschliffen ist. Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Hygiene Wie sollte man Perlatoren und den Duschkopf reinigen?

Kalk ist eine gute Grundlage für mikrobielles Wachstum und schafft eine große Oberfläche. Mit der Säure, die man benutzt, um den Kalk wegzumachen, holt man die Mikroben heraus. Von Markus Egert | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Geschichte Woher kommt die Doppelung im Ortsnamen Baden-Baden?

Im Alt- und Mittelhochdeutschen hieß es noch "bei den Baden", nicht "bei den Bädern". Da haben wir die Erklärung für "Baden". Die Doppelung gebrauchte man als Unterscheidung einmal der Herrschaftslinien, aber auch von anderen "Baden". Von Konrad Kunze

Gesten Warum ist der Mittelfinger der "böse" Stinkefinger?

Das geht auf die Antike zurück. Die Römer kannten den Finger als "digitus impudicus". Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Hausbau Braucht man heute keine Blitzableiter mehr?

Doch. An den Empfehlungen und Richtlinien hat sich nichts geändert. In der Regel sind aber gerade bei Wohnhäusern keine Blitzableiter vorgeschrieben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Klima Versprühen Flugzeuge am Himmel Aluminium, um eine weitere Klimaerwärmung zu verhindern?

Nein, stimmt nicht. Es ist eine Verschwörungstheorie, die sich seit Jahren hält: Die „bösen Amerikaner“ sprühen, damit sie an ihrer Klimapolitik nichts ändern müssen, stattdessen Metalle in die Atmosphäre, sodass die die Sonnenstrahlen reflektieren und sich das Klima auf diese Weise wieder abkühlt ... Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.