Körper

Warum verändert sich die Stimme im Alter?

Stand
Autor/in
Justina Bretzel
Gábor Paál
Gábor Paál

Immer im Wandel – die menschliche Stimme

Wenn wir Leute im Radio oder am Telefon hören, machen wir uns schnell ein Bild, insbesondere über ihr Alter. Wir hören eine "junge" oder eine "alte" Stimme – aber woran machen wir das fest? Und wir reden hier nicht über den Stimmbruch in der Pubertät – das ist ein Thema für sich – sondern über Stimmen von eben jüngeren oder älteren Erwachsenen.

Es gibt mehrere Eigenschaften, die sich im Alter verändern. Oft klingen die Stimmen leiser und rauer. Manchmal brechen sie beim Sprechen auch einfach weg, zumindest bei sehr alten Menschen werden die Stimmen oft schwächer.

Auch die Tonhöhe kann sich im Alter verändern. Ältere Frauen klingen häufig tiefer als junge. Bei den Männern ist es hingegen oft umgekehrt, sie klingen eher höher und manchmal ein bisschen fistelig. Man bezeichnet diese stimmliche Veränderung als Alters-, gelegentlich auch als "Greisenstimme".

Herausströmende Luft bringt Stimmbänder in Schwingung

Aber wodurch kommt das alles? Die entscheidenden Veränderungen passieren an den Stimmlippen. Die sitzen im Kehlkopf am oberen Ende der Luftröhre.

Die Stimmlippen bestehen aus kleinen Knorpeln, Muskeln und den beiden Stimmbändern. Sie sind sehr elastisch und mit Schleimhaut bedeckt. Wenn wir still sind und nur ein- und atmen, bleiben die Stimmbänder locker. Wenn wir einen Ton erzeugen, spannen wir sie an. Die Luft wird dann gebremst, die Stimmlippen fangen an zu vibrieren – sie gehen auf und zu – und diese Schwingungen erzeugen den Ton.

Regulation der Stimmhöhe über Spannung und Länge der Stimmbänder

Wie hoch ein Ton ist, hängt davon ab, wie schnell die Stimmbänder auf und zu flattern. Das wiederum hängt von zwei Faktoren ab: Wie lang die Stimmbänder sind und wie gespannt sie sind.

Generell gilt: Ein Mensch mit kürzeren und schmaleren Stimmlippen hat eine höhere Stimme als jemand mit langen und dicken. Denn hier schwingen die Stimmlippen mit einer größeren Frequenz. Bei Männern sind die Stimmbänder ein paar Millimeter länger als bei Frauen, deshalb ist ihre natürliche Stimme tiefer. Manchmal bis zu einer Oktave.

Über die Spannung wiederum beeinflussen wir die Tonhöhe beim Sprechen und Singen. Das regulieren vor allem zwei Knorpel, die sogenannten Stellknorpel. Über Muskeln und Bänder miteinander verbunden, verändern die beiden Stellknorpel die Spannung und Position der Stimmbänder. Wir können das bewusst steuern. Sind die Stimmbänder entspannt, schwingen sie langsamer und erzeugen tiefere Töne. Gestraffte Stimmbänder schwingen in einer höheren Frequenz. Dann erklingen höhere Töne.

Musiker halten ihre Streichinstrumente: eine Geige und ein Cello.
Die hohe Violine und das tief klingende Cello veranschaulichen den Zusammenhang zwischen der Stimmbandlänge und der Tonhöhe: Analog zu den Stimmbändern von Frauen und Männern, sind auch die Saiten zwischen den beiden Streichinstrumenten unterschiedlich lang. Die deutlich längeren Saiten des Cellos schwingen langsamer, der Klang ist hörbar tiefer.

Es gibt aber noch weitere körperliche Faktoren: So beeinflussen die Resonanzräume, also die Hohlräume im Kopf- und Rachenraum, sowie Artikulationstechniken ebenfalls die Tonhöhe und Tonfarbe der Stimme. Sprechen wir mit "Kopfstimme", klingt es höher als in "Bauchstimme".

Muskelschwund und Hormone verändern die alternde Stimme

Im jungen Alter sind unsere Stimmbänder sehr elastisch, unser Tonumfang ist entsprechend groß, und die Stimme klarer, weil wir die Stimmbänder wirklich gut anspannen können. Werden Menschen älter, verhärten die beiden Knorpel allmählich und die Muskeln im Kehlkopf bauen ab. Wir können die Stimmlippen nicht mehr so stark anspannen – dadurch verringert sich der Tonumfang insgesamt, und die Stimme wird tendenziell tiefer. Und auch die Schleimdrüsen der Stimmlippen lassen nach. Das führt dazu, dass die Stimmbänder trockener werden und immer starrer. Sie können schlechter auf- und zu-schwingen und schließen sich nicht mehr vollständig. Deshalb klingen ältere Menschen oftmals brüchiger oder belegt, ihre Stimmen ermüden schneller.

Es kommt aber noch etwas hinzu: Mit dem Alter verändert sich der Hormonhaushalt. Das wirkt sich bei Frauen und Männern unterschiedlich stark aus. Bei Frauen sinkt insbesondere in den Wechseljahren der Östrogen- und Progesteronspiegel und ihre Stimmen werden hörbar tiefer. Diese Hormone helfen eigentlich dabei, den Stimmapparat geschmeidig zu halten. Fehlen sie, werden die Stimmlippen härter und rauer.

Hinzu kommt, dass auch der Frauenkörper immer eine kleine Menge Testosteron bildet. Bei niedrigem Östrogen- und Progesteronspiegels hat stattdessen das Testosteron einen stärkeren Einfluss auf die Stimmlippen. Es macht diese tendenziell dicker – die Stimme wird tiefer, – im Schnitt um 14 Hz, das entspricht ungefähr einem Ganztonschritt.

Analog produziert der männliche Körper im Alter weniger Testosteron. Weniger Testosteron geht mit einer Verringerung der Stimmbandmuskulatur einher. In der Folge wird die Stimme etwas höher. Der Effekt ist allerdings deutlich geringer als bei den Frauen, und macht sich erst in ganz hohem Alter klanglich bemerkbar, wenn die Stimmlippen bereits sehr verknöchert und starr sind. Sie können dann weniger weit auf und zu schwingen. Die Stimme klingt dann fistelig und höher – man spricht vom sogenannten "Greisendiskant".

Die Stimme als Altersindikator

Dass wir eine Stimme oft recht schnell als jung oder alt wahrnehmen, hängt übrigens nicht nur von ihrem Klang ab. Ältere Menschen sprechen im Schnitt auch langsamer und neigen zu längeren Pausen. Auch das nehmen wir unbewusst als Hinweis aufs Alter wahr. Interessanterweise ist unser Gehör da recht zuverlässig: nur um etwa plus/minus 5 Jahre vertippen wir uns, wenn wir das Alter anhand der Stimme ausmachen wollen – das konnte eine Studie der TU Berlin zeigen.

Ein herzliches Dankeschön an Walter Sendlmeier, Professor für Sprach- und Kommunikationswissenschaft an der TU Berlin, für die Hilfe bei der Beantwortung der Frage.

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"Tohu“ bedeutet so viel wie "leer“, "vohu“ entspricht dem deutschen Begriff öde oder eben wüst. Und das "wa“ heißt einfach nur "und“. Also eigentlich steht da, strenggenommen nicht: Die Erde war wüst und leer, sondern umgekehrt: leer und wüst. Aber die Freiheit hat sich Luther genommen.
Diesen Ursprung des Ausdrucks kennen heute viele nicht mehr – heute ist Tohuwabohu einfach ein Synonym für Chaos – was ja in der Bibel auch gemeint war: Die Welt war völlig unsortiert. Es gab keine Trennung von Land und Wasser, noch nicht einmal von Licht und Finsternis. Das war das Tohuwabohu der Bibel.
Sprachlich interessant ist auch, dass der Bibeltext zwei klanglich ähnliche Wörter verwendet, eben "tohu“ und "bohu“. Das ist ein sprachliches Stilmittel, ein "Homoioteleuton“ – das kennen wir im Deutschen auch in Ausdrücken wie: "Klein, aber fein“, "richtig und wichtig“, "Lug und Trug. Aber diesen Gleichklang von Tohuwavohu ins Deutsche zu übertragen, das hat selbst der sprachverliebte Martin Luther nicht geschafft. Auf "wüst“ reimt sich nun mal nichts Passendes. Wenn man es drauf anlegt, könnte man texten: Die Erde war öde und schnöde … aber das trifft nicht wirklich den Zustand des Tohubabohu. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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