Es klingt zunächst wie eine Fangfrage: Das Chamäleon ist ja sprichwörtlich das Tier, das sich immer seiner Umgebung anpasst. Wenn diese Umgebung nur aus seinem eigenen Spiegelbild besteht – was ist dann sozusagen die Basisfarbe?
Jetzt muss man erstmal sagen: Die Voraussetzung stimmt so gar nicht – also es ist eben nicht so, dass das Chamäleon automatisch die Farbe seiner Umgebung annimmt, sondern die Tarnung spielt nur eine untergeordnete Rolle beim Farbwechsel eines Chamäleons. Chamäleons setzen ihre Farben hauptsächlich ein, um mit Artgenossen zu kommunizieren. Beispiel: Treffen sich zwei Chamäleonmännchen, entsteht eine Konkurrenzsituation. Je nachdem, ob das Chamäleon Kampfbereitschaft zeigen will oder Unterwerfung, signalisiert es das mit der Farbe. Das kann dann wirklich in Sekundenschnelle passieren.
Das Chamäleon im Spiegelsaal erkennt sich nicht selbst
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Farbe das Chamäleon in einem Spiegelsaal annehmen würde, ganz anders. Nämlich die Frage ist dann: Wie erlebt es sein eigenes Spiegelbild und in welchen Kommunikationsmodus tritt es mit ihm? Da gilt für Chamäleons das, was bis auf wenige Ausnahmen für die meisten Tiere gilt: Sie können sich im Spiegel nicht selbst erkennen.
Was also sieht das Chamäleon, wenn es in den Spiegel guckt? Es sieht, aus seiner Wahrnehmung, ein fremdes Chamäleon. Darüber sind Chamäleons in der Regel nicht so erfreut. Denn sie sind, außer zum Paaren, am liebsten allein. Und wenn das männliche Chamäleon also ein Ebenbild von sich sieht, dann sieht es einen Konkurrenten. Das bedeutet Stress – und die typische Stressfärbung. Die ist in der Regel ziemlich leuchtend-grell. Diese Stressfärbung dient auch dazu, den vermeintlichen Gegner im Spiegel einzuschüchtern.
Welche Farbe nimmt das Chamäleon beim Anblick seines Spiegelbildes an?
Das ist nicht bei allen Chamäleons gleich: Bei vielen ist es so ein leuchtendes Grün-Gelbes Muster, aber es hängt auch von der Art des Tiers ab. Es gibt auch Chamäleons, deren Farbe sich kaum verändert. Was auch eine Rolle spielt, ist die Jahreszeit. In der Balzzeit sind sie allgemein aggressiver und daher stärker gefärbt. Dann kommt es darauf an, wie nahe das Chamäleon vor dem Spiegel steht. Je näher, desto näher auch der vermeintliche Rivale, und desto stärker ist die Reaktion. Wenn man tatsächlich davon ausgeht, dass es ein kompletter Raum voller Spiegel ist und das Tier vielfach gespiegelt wird, wird es wahrscheinlich komplett überwältigt werden, resignieren oder gar buchstäblich umfallen.
Dieses Experiment ist aber offenbar noch nicht gemacht worden. Zumindest haben wir bei einem Experten angerufen, Frank Glaw von der zoologischen Staatssammlung in München. Der hat geholfen, diese Frage zu beantworten – aber von einem Experiment, bei dem Chamäleons wirklich mal zu Forschungszwecken in einen Spiegelsaal gestellt worden wären, war ihm auch nichts bekannt.
Danke an: Janika Müller
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