Biologie

Nehmen Menschen Farben gleich wahr?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Audio herunterladen (3,7 MB | MP3)

Das weiß man nicht! Es ist sogar wahrscheinlich, dass Menschen Dinge tatsächlich unterschiedlich wahrnehmen, selbst Farben. Darauf deuten Phänome wie Farbenblindheit hin, dass also manche Leute rot und grün nicht unterscheiden können. Dieses Symptom beweist, dass es Unterschiede gibt.

Man könnte sagen: Das ist eine Ausnahme. Farbenblindheit ist ja etwas "Unnormales", diesen Menschen fehlen bestimmte Farbrezeptoren. Aber da sind wir schnell bei der Frage, was ist "normal"?

Selbst im "Normalbereich" gibt es Unterschiede

Ein kleiner Test, den jeder selbst machen kann: Dunkeln Sie das Zimmer ab, sodass relativ wenig Licht hinein scheint. Dann schließen Sie abwechselnd das linke und das rechte Auge. Bei vielen Menschen ist ein Auge lichtempfindlicher als das andere. Oft kommt es auch vor, dass ein Auge die Welt gerade bei schwachem Licht etwas farbkräftiger wahrnimmt, das andere etwas blasser. Oder die Welt erscheint in einem Auge etwas rotstichiger.

Angesichts solcher Phänomene stellt sich die Frage: Wenn es schon zwischen dem linken und dem rechten Auge kleine Unterschiede gibt, wie groß können dann die Unterschiede zwischen zwei Menschen sein? Das erlebe ich auch zu Hause: Wenn meine Frau und ich über einen blaugrünen oder türkis-farbenen Gegenstand reden, kommt es vor, dass sie den Gegenstand eher als blau bezeichnet, während ich ihn gerade noch als grün bezeichnen würde.

Kultur prägt Wahrnehmung

Was sich bei uns im Kleinen zeigt, haben kulturvergleichende Studien auch im Großen gezeigt, nämlich dass die Zuordnung bestimmter Farbtöne zu Farbwörtern entscheidend ist: Was ist noch Blau? Was ist schon Lila? Wo hört Gelb auf? Wo fängt Orange oder Rot an? Diese Grenzen werden in verschiedenen Kulturen unterschiedlich gezogen. Es gibt sogar Sprachen, die für Blau und Grün überhaupt keine Wörter haben. Daraus kann man folgern, dass die Sprecherinnen und Sprecher diese Farben auch nicht als eigenständige Farbtöne wahrnehmen.

Oder denken Sie an das Phänomen der Synästhesie: Manche Menschen sehen Zahlen oder Wörter farbig, obwohl gar keine Farben da sind. Aber ihr Gehirn konstruiert diese Farben zu anderen Sinneswahrnehmungen dazu. Das alles gibt es. Insofern spricht vom Biologischen her vieles dafür, dass Menschen auch Farben sehr unterschiedlich wahrnehmen.

Unmittelbare Wahrnehmungseindrücke lassen sich nicht eindeutig beschreiben

Zudem hat diese Frage eine erkenntnistheoretische Dimension: Könnte es nicht sein, dass zum Beispiel bei uns die Farben Rot und Grün vertauscht sind? Dass Sie die Farbe Rot so wahrnehmen, wie ich die Farbe Grün wahrnehme und umgekehrt? Dass das aber zu keinen Verwirrungen führt, weil wir ja für die gleichen Gegenstände und ihre Farben nach wie vor die gleichen Wörter benutzen und deshalb nicht merken, dass wir dabei ganz unterschiedliche Dinge sehen?

Diese Frage ist philosophisch durchaus berechtigt und sie ist letztlich nicht beantwortbar. Denn wir reden über unmittelbare Wahrnehmungseindrücke, die wir mit Wörtern nicht eindeutig beschreiben können. Und solange aus einer unterschiedlichen sinnlichen Wahrnehmung kein unterschiedliches Handeln folgt, können wir über das Innenleben eines anderen Menschen nichts sagen. Es wäre zwar plausibel anzunehmen, dass die Natur die Menschen so ausgestattet hat, dass wir ähnliche Dinge ähnlich wahrnehmen, aber wissen können wir das nicht.

Rein theoretisch könnte es ja sogar sein, dass außer Ihnen oder mir überhaupt niemand überhaupt irgendetwas wahrnimmt, dass alle anderen Menschen zwar den Eindruck erwecken, als seien es denkende und fühlende Wesen, in Wirklichkeit sind es aber nur Zombies oder von Außerirdischen geschickt programmierte Roboter. Es spricht zwar sehr vieles dagegen, dass es so ist, aber – wer weiß?

Kommunikation Wie ändern Chamäleons ihre Farbe?

Am schnellsten sind die Farbwechsel, wenn sich zwei Chamäleons treffen. Und sie machen das fast wie ein klassischer Farbfernseher. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Tierverhalten Welche Farbe hätte ein Chamäleon in einem Raum voller Spiegel?

In einem Raum voller Spiegel wird ein Chamäleon wahrscheinlich komplett überwältigt sein, resignieren oder gar buchstäblich umfallen. Warum? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Physik Könnte man etwas unsichtbar machen, wenn man es mit ultravioletter Farbe bestreicht?

Um die Antwort zu finden, dreht man die Frage am besten um: Wann ist etwas überhaupt sichtbar? Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Chemie Warum ändert Rotkohl seine Farbe je nach "Zutat"?

Rotkohl oder Blaukraut? Beides ist richtig. Man kann mit Rotkohlsaft, Essig und Backpulver sogar alle Farben des Regenbogens erzeugen. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Alltagsphänomen Warum sind Ampeln rot-gelb-grün?

Fun fact: Dass die Farben der Verkehrsampel und die der politischen Parteien (SPD, FDP, Grüne) übereinstimmen, ist kein reiner Zufall. Es gibt da evolutionäre Zusammenhänge. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Redewendung Man sagt: "Das kommt mir spanisch vor." Warum nicht italienisch oder französisch?

Als Karl V. im Jahr 1519 zum König von Deutschland gewählt wurde, zog er mit seinem spanischen Hofstaat nach Deutschland. Zur Verwunderung der Deutschen. Karl sprach nicht gern Deutsch und wenn, dann nur mit seinem Pferd. Von Rolf-Bernhard Essig

Hygiene Wie sollte man Perlatoren und den Duschkopf reinigen?

Kalk ist eine gute Grundlage für mikrobielles Wachstum und schafft eine große Oberfläche. Mit der Säure, die man benutzt, um den Kalk wegzumachen, holt man die Mikroben heraus. Von Markus Egert | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redensart Warum haben Adelige "blaues Blut"?

Der Ausdruck "blaues Blut" hat seinen Ursprung wohl in Spanien ("sangre azul"). Das hat mit den Adern zu tun, die bläulich durch die Haut schimmern. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Zeitmessung Warum hat der Tag zwei mal zwölf Stunden?

Bevor es künstliches Licht gab, waren Tag und Nacht für die Menschen getrennte Welten. Aber wie konnte man nachts die Zeit überhaupt einteilen? Von Britta Wagner und Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redewendung Woher kommt die Redewendung "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"?

Minnesänger zogen früher von Hof zu Hof, um mit Singen für ihren Unterhalt zu sorgen. Und da war es besser, den Grafen oder Fürsten, dem der Hof gehörte, nicht zu verärgern. Von Rolf-Bernhard Essig

Linguistik Wie hat sich die Grammatik von Sprachen entwickelt?

Die Sprachentwicklung sieht man anhand von Spuren. Die Vergangenheitsform lautete zum Beispiel früher: "Ich reden tat", die heute zu dem Wort "redete" mit Endung verschliffen ist. Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Wetter Warum hagelt es meistens tagsüber und nicht nachts?

Theoretisch kann es zwar nachts hageln, aber es ist in der Tat eher selten. Hagel entsteht völlig anders als Schnee. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.