Vor der Kantine im SWR Funkhaus Stuttgart gab es neulich Aufregung um das Plakat der jüngsten Kampagne der ARD Mediathek: „Fernsehen – guck ich nicht!“: „Wir arbeiten doch beim Fernsehen!“, hieß es bei einigen. „Machen wir da nicht unser eigenes Produkt kaputt?“ – "Nein. Machen wir nicht! Ganz im Gegenteil: Wir retten es – in die Gegenwart und in die Zukunft." Mit diesen Insights aus dem Stuttgarter Funkhaus begrüßte Fernsehmoderatorin Hendrike Brenninkmeyer die Gäste zu „SWR Insights – ARD Mediathek“.
Und genau darum ging es: Warum spielt die ARD Mediathek für die mediale Zukunft eine so entscheidende Rolle? Welchen Stoff, welche Inhalte braucht es dafür? Welche Genres erobern neue Zielgruppen? Was wünschen sich die Nutzerinnen und Nutzer der Mediathek? Und welche Trends und Entwicklungen gibt es? Rund um diese Fragen gaben die Macherinnen und Macher der ARD Mediathek erstmalig einen sehr exklusiven und auch offenen Einblicke in den Maschinenraum der größten Streamingplattform Deutschlands, der ARD Mediathek. Habhafte und durchaus auch anspruchsvolle Impulse, die die Gäste aus den unterschiedlichsten Bereichen der Streamingwelt – darunter Medien, Wissenschaft, Digitalagenturen, Produktionsfirmen – ausdrücklich goutierten. In großer Diskussionsrunde im Plenum, aber auch in persönlichen Gesprächen im Anschluss, bei Fischbrötchen und Alster im modernen Coworkingspace „Factory Hammerbrooklyn“ in Hamburg.
„Das dürfen wir nicht versemmeln!“
Die Federführung für die ARD Mediathek liegt beim SWR – eine große Ehre, aber auch eine große Verantwortung, wie SWR Intendant Kai Gniffke in seiner Keynote zur Begrüßung betonte: „Das dürfen wir nicht versemmeln!“. Damit das nicht passiert, hat Gniffke klare Vorstellungen für die Zukunft: „Unser Ziel ist es, dass wir in fünf Jahren der erfolgreichste Streaming-Anbieter in Deutschland sind. Das ist etwas anderes als erfolgreichster deutscher Streaming-Anbieter, denn das ist die ARD Mediathek bereits heute.“ Wie das gelingen kann? Eine noch stärkere Vernetzung mit den Kolleginnen und Kollegen vom ZDF etwa, Kräfte bündeln, Technologie gemeinsam entwickeln, Content besser auffindbar machen – das ist für ihn entscheidend für den Erfolg: „Wenn wir das schaffen, dann sind wir wichtig für dieses Land, für diese Demokratie und für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft. Nicht weniger muss unser Anspruch sein.“
„Ganz ok ist nicht ok!“
Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Macher:innen der ARD Mediathek. Aber auch eine Herausforderung, die sie beherzt annehmen. Denn, was die Rockstars von „SWR Insights – ARD Mediathek“: Maxi Droste, Bertram Gugel, Jonas Schlatterbeck eint – sie brennen für ihre radikal digitale Sache – nach dem Motto „Ganz ok ist nicht ok!“.
Radikale Relevanz, Tiefe Persönlichkeiten, Community-Liebe, Wahrhaftige Nähe
Welche Stoffe braucht es? „In Zeiten, in denen wir mit Informationen zugeschüttet werden, müssen Geschichten nochmals herausstechen – etwa mit der Art und Weise, mit der sie erzählt werden“, führt Jonas Schlatterbeck aus und nennt dazu Formate wie „Hanau“ oder „All you need“. Sie brauchen eine „Radikale Relevanz“ oder „Tiefe Persönlichkeiten“, die als Protagonisten oder Hosts im Mittelpunkt stehen. So wie bei der Doku „Being Jan Ullrich“ mit inzwischen mehr als drei Millionen Abrufen. Starke Gefühle, langfristige Bindung, ein Teil der Lebenswelt werden charakterisiert, wofür „Community-Liebe“ steht mit Formaten wie „Tatort“ oder „Rote Rosen“. „Wahrhaftige Nähe“ stellt den Bezug zur Region, zu Heimat – sei es über den Drehort oder über die Protagonistinnen, Beispiele dafür sind "Room Tour", aber auch „Höllgrund“, eine dunkle Story, die im beschaulichen Schwarzwald spielt und die es ab 16.9. in der ARD Mediathek gibt.
Ein weiteres Beispiel für spektakulären Mediatheks-Stoff hatte Manuel Dörflinger im Gepäck, Redaktionsleiter der Radio Unit Baden-Württemberg und ebenfalls zuständig für digitale Formatentwicklung: „MAI time is now“. Die Geschichte eines Shooting-Stars aus der Schlagerwelt: Vanessa Mai, die an den Erwartungen der Branche zeitweilig zerbricht, dann aber zurückkommt.
„Wir wollen eine öffentlich-rechtliche Personalisierung und keine Social Bubble, die keine anderen Inhalte mehr durchlässt“
Der Content ist entscheidend, aber genauso entscheidend ist es, die erstklassigen Inhalte an die User:innen zu bekommen, sie ggfs. überhaupt erst mit der ARD Mediathek bekannt zu machen. Wie kommt man ran die jungen Zielgruppen und welche Gruppierungen stehen überhaupt im Fokus? „Wir sehen vor allem Potenzial in den Wachstums- und Eroberungszielgruppen“, so Maxi Droste – also „Zielgruppen, die bislang wenig und teilweise gar kein öffentlich-rechtliches Programm schauen“. Um diese zu erreichen, nutzen wir vor allem Drittplattformen. Außerdem arbeiten wir an einer Personalisierung, was nicht heißen soll, dass die User:innen nur noch Inhalte ausgespielt und empfohlen bekommen, für die sie sich vorrangig interessieren. „Wir werden auch weiterhin Inhalte setzen, an denen niemand vorbeikommt.“, so Droste weiter.
Geile Basics statt Firlefanz – die ARD Mediathek hat ihren Rhythmus gefunden
Personalisierung ist sowohl ein Thema für die Redaktion, als auch für die Produktentwickler der ARD Mediathek. Fragen wie „Wann kommt (endlich) diese oder jene Funktion?“ mögen sie überhaupt nicht, viel lieber sprechen sie über Rhythmus und wie sie ihren persönlichen Takt gefunden haben.
Die ARD Mediathek ist oft der Einstieg in die ARD überhaupt. Damit kommt ihr eine enorme Verantwortung zu. Die Herausforderungen im Hintergrund: Verschiedene Sender und Partner – derzeit insgesamt 18 – übereinander zu bringen, mit dem, was der Markt verlangt, technologischen Trends Rechnung tragen. „Damit das überhaupt funktioniert haben wir unseren Rhythmus gesucht und mittlerweile gefunden.“, erklärt Bertram Gugel die Situation. „Was meine ich damit? Das, was uns antreibt. Bei der Tageszeitung wäre es die tägliche Ausgabe, bei der Tagesschau die 20 Uhr Ausgabe – bei uns ist es die neue Version der ARD Mediathek. Dafür musste erst mal eine Struktur her, musste sortiert werden. Wir mussten unseren Rhythmus im Team, in der Organisation und schließlich in der ARD finden, denn die Mediathek ist komplex. Jetzt bekommt nicht jeder immer das, was er will, aber alle bekommen zuverlässig jeden Monat ein Paket mit einer Neuerung, eine neue Version der ARD Mediathek.
Wer war mit dabei?
Gäste querbeet aus allen Streaming-Bereichen: Programmzeitschriften und medienpolitische Journalist:innen, Veranstalter von Kongressen und Tagungen, Mediatheken, Geschäftsführer privatwirtschaftlich organisierter Mediatheken und Streaming-Dienste, Agenturen, das Amt für Kultur und Medien in Hamburg, Produktionsfirmen, Universitäten, Hochschulen und Institute – etwa das Bonn Institute, die Leuphana Universität, Leibniz-Institut für Medienforschung.
#comingsoon in der ARD Mediathek:
16.9.2022 | Höllgrund |
23.9.2022 | Freitagnacht Jews – Around the World |
27.9.2022 | Down the Road |
Oktober 2022 | Reeperbahn Spezialeinheit FD65 |
18.10.2022 | Money Maker |
21.10.2022 | Das Netz – ein Wintermärchen |
22.10.2022 | Mai Time is now |
11.11.2022 | Ramadan in a day |
Fazit:
Anspruchsvolle Impulse, ehrliche und offene Einblicke, charmanter Crossover-Austausch mit Menschen aus allen Streaming-Bereichen, coole Location mit Wohlfühlatmosphäre, leckere Fischbrötchen, Wiederholung nicht ausgeschlossen.
Mehr zur ARD Mediathek:
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