Sie haben bereits etliche Serienformate inszeniert, darunter „Schloss Einstein“, „Die Pfefferkörner“ und zuletzt „Soko Leipzig“. „Die Bestatterin: Tote leben länger“ ist für Sie als Regisseurin nun der erste Neunzigminüter für die Primetime. Welche Herausforderungen gab es bei der Vorbereitung bzw. beim Dreh und welche Erfahrungen nehmen Sie mit?
Das Besondere an meinem Beruf ist für mich der Spagat zwischen sehr unterschiedlichenFähigkeiten: Teamführung, Zeitmanagement und präzise Textanalyse sind genauso Säulen meiner Tätigkeit wie Intuition, Spielfreude, Berührbarkeit und Kreativität. Mir ist es wichtig, am Set Ruhe auszustrahlen und für eine gute, konzentrierte und wertschätzende Arbeitsatmosphäre zu sorgen.Ich bin davon überzeugt, dass man so Ideen zum Sprießen bringen kann.
Der größte Unterschied zu meinen bisherigen Arbeiten war in der Vorbereitung: wir hatten mehr Zeit! Das war eine großartige Erfahrung. Ausführliche, detaillierte Vorbereitung ist für mich die Basis für kreatives und freies Arbeiten am Set. Nur wenn ich mit einer guten, vorbereiteten und ausgearbeiteten Idee zum Drehort komme, schaffe ich den Platz und Spielraum spontan eine bessere Idee haben zu können. Mein Kameramann, Clemens Majunke, und ich konnten dieses mehr an Zeit effektiv nutzen, umin die Tiefe zu gehen und zu perfektionieren: Auflösungen am Drehort machen, Farbkonzepte ausarbeiten und festlegen, wie wir welche Atmosphäre erzählen möchten. Außerdem hatte ich mehr Zeit zur Verfügung für Bucharbeit und Einzelgespräche mit Schauspieler:innen. Mein persönliches Highlight der Vorbereitung war dieLeseprobe mit vollständigem Cast! Die Möglichkeit, alle gemeinsam auf unsere Geschichte einzustimmen und sich ohne die Hektik eines Drehtageskennenzulernen, war eine tolle Erfahrung. Das ist ein Luxus, den ich nicht mehr missen möchte.
Worin, würden Sie sagen, liegt für Sie die Einzigartigkeit der Krimireihe „Die Bestatterin“? Was gab es mit Blick auf diese Besonderheiten bei der Inszenierung und dem Umgang mit dem Kosmos der Reihe zu beachten?
Für mich gibt es mehrere Elemente, die „Die Bestatterin“ einzigartig machen. Das erste wäre, dass unsere „Ermittlerin“ keine Polizistin ist. Anna Fischer als Lisa Taubenbaum, die aus ihrem starken Gerechtigkeitssinn heraus ermittelt und nicht aus beruflicher Notwendigkeit, gibt der Figur eine ansteckende Leidenschaft, die fesselt. Dadurch, dass sie nicht „lässig mit gezückter Waffe“ um die Ecke kommen kann, werden ihre Ermittlungen immer wieder zu, teils unfreiwilligen, Abenteuern. Bei der Inszenierung war es mir wichtig, diese Besonderheit als Stärke herauszuarbeiten. Christoph Letkowski alsKommissar Zellinger bietet mit seiner verbohrten Figur das optimale Gegenstück zu Lisa Taubenbaum.
Eine weitere Besonderheit ist der ungewöhnliche Kosmos eines Bestattungsinstituts als Familienbetrieb. Ein Aspekt meiner Arbeit war es, einGefühl dafür zu vermitteln, wie dieAbläufe in so einem Familienbetrieb sind und welches Handwerk dahintersteckt. Mein Opa war selbstSchreinermeister mit Bestattungsinstitut– da hatte ich direkt viele Bilder im Kopf.
Zu guter Letzt dürfen die Verortung im ländlichenSchwabenland und der schräge Humor nicht fehlen. Die wunderbaren Drehorte, an denen wir unsere Geschichte zum Leben erweckt haben, zeigen wieder neue Seiten und Facetten der schwäbischen Alb, die es in den vorherigen Teilen der Reihe noch nicht gab. Das gezielte Einsetzen von schwäbischem Dialekt schafft Authentizität. Der skurrile, teils eigenwillige Humor macht, meiner Meinung nach, das Herz der „Bestatterin“ aus.
Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl haben als Drehbuchautoren schon etliche Projekte zusammen realisiert. Wie war es für Sie, ein Buch der beiden umzusetzen?
Die Zusammenarbeit mit Matthias und Alexander ging wunderbar von der Hand. Es war das idealePing-Pong-Spiel, in dem wir, mit dem gleichen Ziel im Blick, einen spannenden und humorvollen Krimi zu erzählen, Ideen gemeinsam haben wachsen lassen. Besonders ihren Humor und die immer wieder charmant skurrilen Charaktere umzusetzen hat mir große Freude bereitet.
Sie kommen ursprünglich aus dem Saarland, leben aktuell in Berlin. Nun sind Sie in eine Reihe eingetaucht, die ebenfalls einen starken Akzent auf Regionalität legt. Liegt Ihnen eine solche Ausrichtung?
Für mich sind regionale Besonderheiten ein ganz großer kultureller Schatz. Es fängt bei der Sprache an und geht bis zu lokaler Küche, Verhaltensweisen und Bräuchen. Ich lerne sehr gerne Neues dazu und würde mir generell auch mehr Mut zum Dialekt als Charaktereigenschaft, wie beispielsweise in britischen Formaten, wünschen. Daher würde ich sagen: ja, auch das liegt mir.