Kakao aus Westafrika: Ghana liefert Rohstoff für die weltweite Schokoladenproduktion
Deutschland liebt Schokolade: Durchschnittlich neun Kilogramm pro Jahr beträgt der deutsche Pro-Kopf-Konsum. Zwar findet die Herstellung meist in Europa und den USA statt, der Rohstoff für unsere Schokolade stammt jedoch größtenteils aus Westafrika.
Mehr als 60 Prozent des weltweit verarbeiteten Kakaos stammen aus Ghana und der benachbarten Elfenbeinküste. Hier herrschen perfekte Klimabedingungen für den Kakaobaum: Nicht zu viel Sonnenschein, aber auch nicht zu viel Regen.
Mehr Anteil am Schoko-Geschäft: Ghana setzt auf eigene Kakao-Verarbeitung
Afrika exportiert Rohstoffe, Europa verarbeitet sie – und schöpft Gewinne in Milliardenhöhe ab. So läuft es seit der Kolonialzeit. Dass Ghana damit endlich Schluss machen will, verdeutlicht eine Rede des ghanaischen Präsidenten Nana Akufo-Addo aus dem Jahr 2020, gerichtet an die globale Kakaoindustrie:
Das deutsch-ghanaische Unternehmen Fairafric etwa kauft die Bohnen von Bauern aus der Umgebung, zahlt hohe Prämien und produziert mit ghanaischen Mitarbeitern Bio-Schokolade, größtenteils für den deutschen Markt.
Ghana reguliert streng: staatliches Kakao-Monopol und Fixpreise für die Bauern
Um sich auf dem Weltmarkt besser behaupten zu können, behält die ghanaische Regierung das Monopol für Kakao. Das weiß Sophie van Huellen, Entwicklungsökonomin an der Universität Manchester in Großbritannien.
Deshalb dürfen Bauern ihre Rohbohnen gar nicht selbst an internationale Unternehmen weiterverkaufen, sondern ausschließlich an die staatliche Behörde Cocobod. Sie erhalten dann einen Fixpreis pro Kilogramm, erklärt Sophie van Huellen. Dieser ist abhängig von den Verträgen, die die Regierung am Weltmarkt abschließt. Er steht in der Zeitung, wird im Radio verkündet, weitererzählt. Das schafft Sicherheit. Jeder Kakaobauer in Ghana erhält diesen garantierten Preis. Auch Bauern von fairtrade-zertifizierten Kooperativen.
Corona-Krise und Inflation treffen kleine Kakao-Plantagen hart
Die Kosten für die Preis-Feilscherei tragen die Kakao-Farmer: Vom Preis einer 100-Gramm-Tafel Schokalade landen bisher weniger als zehn Prozent bei den Kakaoproduzenten. Hinzu kommt Ghanas schlechte Wirtschaftslage: Die Inflation liegt auf einem 20-Jahres-Hoch und frisst jeden potenziellen Gewinn auf. Benzin, Pestizide und Lebensmittel kosten mindestens 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.
Um die Kakao-Preise nachhaltig zu erhöhen, trafen sowohl Ghana als auch die Elfenbeinküste bereits 2019 eine gemeinsame Entscheidung: Zusätzlich zur bereits länger bestehenden Qualitätsprämie führten sie das "Living Income Differential" ein, übersetzt in etwa: Differenz zu einem existenzsichernden Einkommen. Dabei handelt es sich um 400 US-Dollar zusätzlich pro Tonne Kakao. Die sollen garantieren, dass Hunderttausende Kakaobauern und -bäuerinnen von ihrer Arbeit leben können. Diese zweite Prämie war eine Ansage an die globalen Schokoladen-Konzerne: Zahlt mehr für unseren Kakao!
Kurz darauf kam allerdings Corona – und damit kamen Wirtschaftskrise und Marktunsicherheit. Die Verträge zwischen globalen Konzernen und Kakaobehörden wurden neu verhandelt – wieder zum Nachteil der afrikanischen Kleinbetriebe.
Soziales Bewusstsein nimmt zu: Hält das Fair-Trade-Label, was es verspricht?
Dabei wären viele bereit, mehr Geld für eine Tafel Schokolade zu bezahlen: Denn nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit spielt auf Verbraucherseite eine immer größere Rolle. Auch das Bewusstsein für faire Produktionsbedingungen und gerechte Löhne nimmt zu. Beim Einkauf greifen daher immer mehr Leute zu Marken mit Fair-Trade-Zertifizierung auf der Verpackung.
Was vielen Käuferinnen und Käufern in Europa allerdings nicht bewusst ist: Bauern von Fair-Trade-zertifizierten Kooperativen erhalten zwar oft eine zusätzliche Prämie, jedoch erst im Nachhinein, wenn klar ist, wie viel Prozent des Fair-Trade-Kakaos auch zu Fair-Trade-Bedingungen verkauft werden konnten. In Ghana waren das in der Saison 2020/21 nur 20 Prozent. Denn das Angebot ist größer als die Nachfrage nach Fair Trade.
Seit 2023: Deutsches Lieferkettengesetz gegen Ausbeutung von Mensch und Natur
Allerdings scheinen mehr und mehr internationale Handelspartner zu erkennen, dass auch sie soziale Verantwortung tragen. So gilt in Deutschland seit Januar 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), kurz Lieferkettengesetz.
Es zielt darauf ab, dass an jeder Stelle in der Lieferkette die Einhaltung der Menschenrechte sichergestellt werden muss. Beispielsweise durch faire Löhne und ein striktes Verbot von Kinderarbeit. Auch der Umweltschutz ist im Gesetz explizit verankert.
Schokoladengenuss ohne Ausbeutung könnte also möglich werden – wenn das Zusammenspiel aus Mindestlohnprämien der Erzeugerländer und neuen Lieferkettengesetzen in Europa gelingt.