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Kann man weltlich glauben? – Eine philosophische Reflexion

Stand
Autor/in
Wilhelm Schmid

Was ist das Wesentliche, das aller Wirklichkeit zugrunde liegt? Die Antwort muss nicht im Sinne einer Religion mit ihren Glaubenssätzen und metaphysischen Dimensionen ausfallen, sie kann auch ganz weltliche Aspekte haben.

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Sofern das Wort aus dem lateinischen Verb religere, "zurückbinden", gebildet wurde, handelt es sich um einen Rückbezug. Seit jeher bezogen sich Menschen in der Geschichte auf etwas zurück, das in ihren Augen wesentlich war.

Was immer das sein mochte, es hatte und hat auch heute noch Konsequenzen für ihr Leben, denn auf dieses Wesentliche achten sie besonders, es gibt ihrem Leben Sinn und Bedeutung. Fragt sich nur, was wesentlich ist.

Es zeigt sich beim Sterben und Tod eines Menschen. Etwas Wesentliches muss seinen Körper verlassen haben, das zuvor noch in ihm wirksam war. Auf der Intensivstation eines Krankenhauses wird es auf Bildschirmen sichtbar: Die Elektrizität in Hirn und Herz ist mit einem Mal nicht mehr messbar.

Es ist also Energie, die den Körper verlässt. Sie ist das Wesentliche. Das erinnert an den Satz: Die Seele des Menschen ist unsterblich. Die Seele ist gleichzusetzen mit der Energie.

Energie kann als Möglichkeit verstanden werden, die aller Wirklichkeit zugrunde liegt. Sie kann unterschiedlich benannt werden, religiös als Allmacht Gottes oder weltlich als kosmische Kraft, aber sehr wahrscheinlich handelt es sich um ein und dasselbe Phänomen.

Wenn die umfassende Energie als das Wesentliche verstanden werden kann, kann der Rückbezug darauf zur Basis einer säkularen Religiosität werden.

Es gibt ein existenzielles Interesse des Menschen, sich nicht einzuschließen in die engen Grenzen seiner selbst und seiner Welt, damit der Reichtum des Lebens, die verfügbare Energie, die mögliche Erfüllung der Existenz nicht an starren Grenzen scheitern.

Deshalb gibt es das Bedürfnis nach Transzendenz: Das Leben wird lebbarer, wenn es sich zum Unendlichen hin öffnet, weil ein Mensch damit mehr Anteil an der Energie hat, die ihn leben lässt.

Daher immer wieder der Versuch, das begrenzte eigene Ich zu überschreiten, etwa durch die Liebe zu einem Anderen, durch Kreativität, durch das Ausschöpfen unendlich vieler Seinsmöglichkeiten. Das ist Lebenskunst.

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