SWR2 Wissen | Die künstlich intelligente Gesellschaft (2/10)

Digitale Beziehungskisten

Stand
Autor/in
Eva Schindele
Onlinefassung
David Michalik

Roboter oder Datingportale prägen unsere sozialen Beziehungen und können Ressentiments verstärken – im Alltag, in der Liebe oder in der Pflege.

Künstliche Intelligenz "mit Pep"

Künstliche Intelligenz ist längst in unseren privaten Alltag eingekehrt – Roboter, Apps oder Datingportale prägen unsere sozialen Beziehungen in vielerlei Hinsicht. Der Roboter "Pepper" ist ein Beispiel dafür – eine Plattform, auf deren Basis technische Gefährten entwickelt werden können, die mit Menschen interagieren.

Pepper taucht inzwischen häufiger im öffentlichen Raum auf, begrüßt Besucher in Museen, Hotels oder Einkaufszentren, soll alte Menschen bespaßen oder Studierenden beim Lernen behilflich sein. Der kleine humanoide Roboter gibt der künstlichen Intelligenz, kurz KI, eine Gestalt. Doch wie verändern Digitalisierung und KI unser Miteinander?

Pepper-Roboter im Juni 2020 am Flughafen in Athen; die Roboter informieren Reisende über Covid-19-Maßnahmen
Pepper-Roboter im Juni 2020 am Flughafen in Athen; die Roboter informieren Reisende über Covid-19-Maßnahmen

Maschinelles Lernen aus riesigen Datenmengen

Wenn wir miteinander reden, läuft das intuitiv und oft relativ unbewusst ab: welchen Abstand wir im Gespräch halten, ob wir freundlich schauen oder abweisende Gesten machen. Auch wie wir Dinge sagen, mit welcher Betonung und welchen Nuancen in der Stimme, ob wir häufig "ähm" sagen, stottern, hastig oder abrupt sprechen und Pausen einlegen. Die menschliche Interaktion ist komplex und sehr individuell. Sie künstlich möglichst realistisch nachzuahmen, ist auch für die Heerscharen von globalen Entwicklern eine Herausforderung.

Selbstlernende Roboter oder Sprachassistenten müssen erst mal trainiert werden. Dafür greifen sie auf Daten zurück, die wir alle – oft ohne es zu wissen – hinterlassen, sei es beim Telefonieren, bei der Google-Anfrage, mit der Fitness-App oder dem Datingportal. Leistungsfähige Computer suchen in diesen riesigen Datenmengen Muster, Regelmäßigkeiten und statistische Zusammenhänge. Unterstützt werden sie von Algorithmen, die die Daten dann nach bestimmten Kriterien auswerten.

Alexa & Co. - so funktionieren Smart Speaker und Sprachassistent. Ein Smart Speaker steht neben Gläsern und Tellern auf einem gedecktem Tisch.
"Big Brother" hört zu: Sprachassistenten werten mithilfe von Algorithmen riesige Datenmengen aus, um sich stetig zu optimieren.

Programmiertes Mitgefühl

Bisher können die Sprachassistenten noch nicht jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Sie reagieren auf Befehle: kurz und direkt. Dies geht auf Kosten der Komplexität. Uns interessiere weniger, wie es dem anderen geht, sondern ob er oder sie tut, was wir wollen.

Auch resonanzfähige technische Systeme können kein echtes Mitgefühl entwickeln. Die Resonanz ist programmierte Simulation. Sie spiegelt letzten Endes nur ihren Nutzer oder ihre Nutzerin. Aber vielleicht reicht das auch schon und wird als weniger anstrengend erlebt als das reale Leben, die realen Freundinnen und Kollegen?

Liebe auf den ersten Wisch

Das heißt natürlich nicht, dass wir auf die Beziehungen im realen Leben verzichten wollen. Künstliche Intelligenz kann uns sogar dabei helfen, Beziehungen jeglicher Art zu finden. Eine Fülle an Dating-Apps und Partnerbörsen macht es möglich.

Eine der beliebtesten Dating-Apps ist Tinder. Beim meist genutzten Datingportal Deutschlands suchen doppelt so viele Männer wie Frauen. Das Durchschnittsalter bei Männern ist 30, bei Frauen 28. Beurteilt wird nur nach Aussehen. Wer nicht gefällt, wird weggewischt. Diese Shopping-Mentalität bringt allerdings eine gewisse Unverbindlichkeit mit sich.

Eine junge Frau sitzt vor einem Laptop und sieht verliebt in den Monitor
Immer mehr Menschen suchen im Internet nach der Liebe

Rein geschäftlich

Wem das zu oberflächlich ist, der kann sich auf zahlreichen anderen Plattformen anmelden, die mithilfe von Algorithmen nach einem potenziellen Seelenverwandten suchen. Hier zählt nicht nur das Aussehen, sondern auch Beruf, Vorlieben und Wertvorstellungen. Die KI gleicht diese Informationen ab und findet so den perfekten "Match".

Geschäftsbeziehungen können auch durch Apps und Künstliche Intelligenzen geknüpft werden.
Geschäftsbeziehungen können auch durch Apps und Künstliche Intelligenzen geknüpft werden.

Es muss aber nicht immer die große Liebe sein – die Dating-Plattform Bumble bietet mit ihrer Funktion "Bizz" die Möglichkeit, sich virtuell mit Geschäftspartnern zu vernetzen. Wie die meisten Dating-Apps funktioniert "Bizz" über eine Standortabfrage per GPS und soll so das lokale Business-Networking stärken.

Im siebten Himmel dank Virtual Reality

Ein erstes Kennenlernen am Strand, ein Candle-Light-Dinner auf dem Mount Everest oder doch lieber Tanzen auf dem Mond? Dank Virtual Reality kein Problem. Die Technologie hat sich bereits für Videospiele bewährt, nun soll sie das Online-Dating revolutionieren. Die Idee das Matchings bleibt – neu ist, dass sich die Interessierten das erste Mal in der virtuellen Welt begegnen.

Dating im digitalen Raum: mithilfe von VR-Technologien könnten wir uns in Zukunft virtuell verabreden.
Dating im digitalen Raum: Mithilfe von VR-Technologien könnten wir uns in Zukunft virtuell verabreden.

Mit einem Selfie lässt sich ein eigener Avatar kreieren, auch Mimik und Gestik können digital übertragen werden. Mit der umgeschnallten VR-Brille geht es dann zum "Blind Date" in einem beliebigen Szenario. Bis sich die teuren VR-Systeme etablieren, wird es noch eine Weile dauern. Alternativ tut es solange auch ein Treffen im echten Leben.

Produktion 2019

Sport KI im Fußball – Mit Algorithmen zum Sieg

Fußball ist ein Milliardengeschäft. Um die Gewinnchance zu steigern, werden alle Daten der Athleten gesammelt: Antrittsgeschwindigkeit, Passgenauigkeit, Schusswinkel, Atemfrequenz.

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Autonome Fahrzeuge und Flugtaxis versprechen bequeme und effiziente Mobilität. Aber wird der Verkehr damit insgesamt ab- oder zunehmen?

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