Schürfrechte erstmals 1365 verliehen
Der Ursprung der Schwäbischen Hüttenwerke war in Königsbronn – von Kaiser Karl IV. wurden die Schürfrechte und das Recht zur Hüttung erteilt. Verliehen wurde die Urkunde im Jahr 1365 an den Grafen von Helfenstein. Es gibt Hinweise, dass sich zuvor schon die Mönche des Klosters in Königsbronn mit der Verhüttung von Erz beschäftigt haben.
Industrialisierung steigert Bedarf an Walzstahl
Durch die neue Eisenbahn und die Zunahme von Maschinenproduktionen im Zuge der Industrialisierung war vor allem Walzstahl gefragt. Die Produktion in Wasseralfingen und Königsbronn wurde hochgefahren, um die Werke herum siedelten sich zahlreiche Industrien an. Königsbronn lebte von und mit den Hüttenwerken.
Hütten der Ostalb leiden unter Konkurrenz im Ruhrgebiet und Elsass
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden aber auch große Hüttenwerke in den Steinkohle-Gebieten im Ruhrgebiet und im Elsass. Die kleineren Hütten auf der Ostalb konnten da nicht mehr mithalten. In Königsbronn wurde die Eisenverhüttung 1906 eingestellt, das Werk zu einer Gießerei mit angeschlossener Maschinenfabrik umgewandelt. Das Roheisen wurde seither nicht mehr regional gewonnen, sondern von außen zugekauft. Bis heute.
Teilprivatisierung der staatlichen Hüttenwerke
Der Name "Hüttenwerke" ist lange geblieben, obwohl in Königsbronn kein Eisen mehr verhüttet wurde. Ansonsten hat sich aber viel verändert: 1921 werden die bis dahin staatlichen Hüttenwerke teilprivatisiert. Das Land Württemberg verkauft 50 Prozent seiner Anteile an die Gutehoffnungshütte in Oberhausen, gemeinsam gründet man die "Schwäbische Hüttenwerke GmbH", kurz SHW.
Doch 2005 steigt MAN als Nachfolger der Gutehoffnungshütte aus dem Vertrag aus – und in der Folge auch das Land Baden-Württemberg. Das staatliche Engagement im württembergischen Hüttenwesen ist damit beendet. Die Gießereien und Maschinenfabriken werden zerschlagen und an Investoren verkauft. Es entstehen fünf eigenständige Unternehmen. Die Werke in Aaalen-Wasseralfingen und Königsbronn werden als SHW Casting Technologies, kurz SHW CT, weitergeführt.
Zwischen 2013 und 2018 muss das Werk dreimal Insolvenz anmelden
Am Produkt lag es nie, betonen alle Mitarbeiter. Die Königsbronner waren und sind Weltmarktführer für Groß-Walzen. Schon im frühen 19. Jahrhundert hat sich das Werk auf spezielle Walzen konzentriert, die beispielsweise in der Papierindustrie zum Einsatz kommen. Hier entscheidet die Genauigkeit einer Walze über die gleichbleibende Dicke und damit über die Qualität des Papiers. Also produzieren die Walzenmacher in Königsbronn Walzen mit einer Genauigkeit im Mikrometer- oder My-Bereich: Ein Tausendstel Millimeter – Präzisionsarbeit.
Selbst zu Beginn der dritten Insolvenz waren die Auftragsbücher voll. Doch der letzte Investor hatte Werk und Maschinen beliehen, das Geld aus dem Unternehmen gezogen. Die Königsbronner konnten also keine Rechnungen mehr bezahlen, kein Material mehr kaufen. Am 28. Februar 2019 beschließt der Gläubigerausschuss, dass das Werk in Königsbronn geschlossen wird. Die ersten Mitarbeiter werden entlassen.
Das Wunder von Königsbronn
Im "Gleis 3", der Bahnhofskneipe von Königsbronn, knapp 200 Meter von den Hüttenwerken entfernt, haben sie getrauert. Und dort nahm das, was sie hier "das Wunder" nennen, seinen Anfang. Denn die Angst und Trauer der Männer an der Theke haben auch Kneipenwirt Andreas Meyer nicht kaltgelassen, auch weil Meyer früher selbst einmal als Insolvenzverwalter gearbeitet hat. Es kam dann eins zum anderen.
Die IG-Metall hatte in einem letzten Versuch das deutsch-britische Unternehmen One Square angerufen, das "Auffanglösungen für notleidende Unternehmen" anbietet. Und Andreas Meyer hat hinter der Theke einen ersten Finanzplan erstellt. Als dann eine Woche später die Finanzexperten aus London im Hüttenwerk standen, hatten die Königsbronner ein Konzept in der Hand – und es hat geklappt. One Square ist als Investor eingestiegen.
Kunden investieren, Mitarbeiter verzichten auf Gehalt
Trotzdem braucht das Werk Geld. Also wurden die Kunden um Vorkasse gebeten. Und die ziehen tatsächlich mit – ohne jegliche Sicherheiten. Nur so können die Hüttenwerke Königsbronn Löhne zahlen und auf dem Markt Material kaufen, damit überhaupt wieder ein Produkt entstehen kann. Aber auch die Mitarbeiter investieren einiges in das neue Unternehmen. Sie verzichten auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und 15 Prozent des Lohnes. Sie sind dafür aber zu einem Drittel am Hüttenwerk beteiligt.
Die Beteiligung läuft über eine Mitarbeiter-GbR mit dem Namen "Glück auf! 1365". An eine Erfolgsbeteiligung ist derzeit aber noch nicht zu denken. Im Moment geht es darum, den Fortbestand zu sichern – und dann müssen die Königsbronner Hüttenwerker auch noch ihr Werk zurückkaufen. Denn nichts von dem was in Königsbronn steht, gehört ihnen.