"Cap Anamur" rettete 10.375 "Boat People" aus Vietnam
Welche Reichweite private Hilfsaktionen haben können, zeigt das Beispiel des von Rupert Neudeck gegründeten Vereins "Ein Boot für Vietnam e.V.": Aus privaten Spenden kauft der Verein ein Schiff, das ins südchinesische Meer fährt, um dort vietnamesische Flüchtlinge aus Seenot zu retten.
Zwischen 1979 und 1986 rettet die sogenannte "Cap Anamur" so 10.375 Menschen. Da die ehrenamtliche Besatzung des Schiffes sich nicht ausreichend mit den deutschen Behörden abstimmt, kommt es jedoch bald schon zu Konflikten.
Rupert Neudeck enttäuscht: Bund und Länder entziehen Unterstützung
Aufgrund politischer Entscheidungen darf das Hilfsschiff "Cap Anamur" keine vietnamesischen Flüchtlinge mehr aus Seenot retten. Im Juli 1982 kehrt das Schiff mit 285 Flüchtlingen an Bord von seiner letzten Fahrt zurück. Rupert Neudeck, Initiator der Rettungsaktion, empfindet Bitterkeit angesichts des Ausgangs dieser privaten Hilfsaktion.
3.9.1979 Aktion 100.000 – Südwestfunkhörer helfen Vietnamflüchtlingen
3.9.1979 | In einem pathetischen Aufruf bittet der Südwestfunk darum, für Vietnamflüchtlinge zu spenden. So soll u.a. das Hilfsschiff "Flora" des Roten Kreuzes mit Hilfsgütern ausgestattet werden.
19.7.2004 Otto Schily will Flüchtlings-Aufnahmezentrum in Afrika
19.7.2004 | Im Jahr 2004 macht der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) einen Vorschlag, der seitdem in der Flüchtlingspolitik immer wieder mal aus der Schublade geholt wird: Um zu verhindern, dass selbst abgelehnte Asylsuchende noch lange in Deutschland bzw. Europa bleiben, könne man doch Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Nordafrika schaffen und dort Asylanträge prüfen.
Der Anlass für Schilys Vorschlag 2004 war eine umstrittene Seenotrettungsaktion der Hilfsorganisation Cap Anamur, die 37 aus dem Mittelmeer gerettete Geflüchtete nach Sizilien gebracht hat. Gäbe es ein Aufnahmezentrum in Afrika, so Schilys Argument, fühlten sich Flüchtlinge weniger veranlasst, ins Boot zu steigen und die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer auf sich zu nehmen.
Um Otto Schilys Vorschlag entzündet sich eine heftige Diskussion. Die Grünen, damals Koalitionspartner der SPD, lehnen die Idee – wie auch viele von Schilys eigenen Parteifreunden – ab.
Die Idee der Asylzentren in Nordafrika wurde im Lauf der Jahre immer mal wieder aufgewärmt – realisiert wurde sie nie.
Archivradio-Gespräch Fluchtpunkt Deutschland – Vom Kriegsende bis zum Asylkompromiss
Diskussionen über "Integration" und "gerechte Verteilung" von Flüchtlingen gab es schon im Nachkriegsdeutschland, als Millionen Vertriebene in die Bundesrepublik kamen. Gábor Paál im Gespräch mit dem Historiker Ulrich Herbert