„… wie die Zeit vergeht …“ – Im musikgeschichtlichen Zusammenhang lässt sich so nicht nur seufzend der allgemeinen Schnelllebigkeit gedenken, sondern auch grundlegender theoretischer Überlegungen, die Karlheinz Stockhausen 1956 unter dieser Überschrift angestellt hat. Stockhausen verfolgt die zeitlichen Bestandteile der Musik bis in ihre kleinsten Einheiten: die Schwingungsfrequenzen der einzelnen Töne. Ab einer Frequenz von etwa 16 Impulsen pro Sekunde hören wir statt zeitlich getrennt wahrnehmbarer Impulse eine Tonhöhe – kein qualitativer, sondern nach Stockhausen zunächst ein quantitativer Unterschied und Zeichen dafür, dass die Zeit der Musik in vielfacher Hinsicht zugrunde liegt.
In vielen Kompositionen im 20./21. Jahrhundert wird dies bewusst gestaltet, wird Zeit auf verschiedene Weise „komponiert“. Bernd Alois Zimmermann hatte die Vision einer musikalischen „Kugelgestalt der Zeit“, in der (frei nach Augustinus) Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinanderfließen können. Manche Kompositionen nehmen sich schlicht so viel Zeit, dass sie den Rahmen sprengen, in dem eine musikalische Aufführung normalerweise stattfindet. Morton Feldmans repetitives
zweites Streichquartett (String Quartet II, 1983) führt im Laufe seiner ca. sechs Stunden Spielzeit zu besonderen Hörerfahrungen von Zeit und Klang. Die längste Aufführungsdauer überhaupt wird planungsgemäß eine Version von John Cage, Organ2/ ASLSP („As Slow As Possible“) erreichen; in einer Kirche in Halberstadt spielt eine Orgel die Noten des Stücks seit dem 5. September 2001 in einem prognostizierten Zeitraum von 639 Jahren.