Er ist eine Besonderheit der Neuen Musik. Im Bereich der Ernsten Musik nach 1945 gibt es kaum ein Werk, das nicht auch einen begleitenden Kommentar, eine flankierende Beschreibung aus Komponistenhand mit sich bringt. Dieses Phänomen mag mit der
angeblichen Unverständlichkeit der Neuen Musik zusammenhängen, die gerade in den 1950er und 1960er Jahren so oft heraufbeschworen wurde und sich seither zur rhetorischen Floskel verselbstständigt hat. Es mag seine Gründe auch darin haben,
dass ein Komponist sein Werk nur so oder so verstanden wissen will. Denn Musik, notiert der Komponist Mauricio Kagel in seinem Buch Worte über Musik (München: Piper 1991), „bleibt als Sprachrohr ebenso mehrdeutig wie polyglott“. Klarheit schaffen indes wohl nur Wörter. „Am besten ist es, das Bild oft zu betrachten, den Text oft zu lesen, das Musikstück oft zu hören.“ Dieses Statement platzierte der Komponist Wolfgang Rihm, ein inzwischen bekennender Verweigerer von Werkkommentaren, der diesen Selbstanspruch allerdings oft unterwandert, im Programmheft der Donaueschinger Musiktage 1989. Der Werkkommentar aus Komponistenhand ist eine eigentümliche, gleichwohl wichtige Erscheinung im Betrieb der Neuen Musik. Armin Köhler, künstlerischer Leiter der Donaueschinger Musiktage, bemerkte einmal dazu: „Mit den von den Komponisten gesetzten Texten im Programmheft bieten wir über das Werk hinausgehende Einblicke in die sozio-ästhetischen Voraussetzungen des Autors, d.h. wir bekommen über das akustische Phänomen hinaus letztlich noch Informationen über Grundansätze des musikalischen Denkens des betreffenden Autors: philosophische, soziologische, psychologische.“