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Instrumentales Theater

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Wer diesen Begriff, der einen speziellen Typus des Komponierens Ende der 1950er Jahre bezeichnet, als erster verwendet hat, war lange Zeit strittig: War es der Musiktheoretiker Heinz-Klaus Metzger, der ihn nach eigenem Bekunden anlässlich der Uraufführung von John Cages Music Walk (am 14. Oktober 1958 in Düsseldorf) gebraucht hat? Oder war es der Komponist Mauricio Kagel, der 1960 den Essay Über das instrumentale Theater publizierte, aber bereits einige Jahre zuvor an der Idee arbeitete, Musik um ergänzende gestische und optische Aspekte zu erweitern? Mit dem 1962 in Bremen uraufgeführten „Kammermusikalischen Theaterstück“ Sur scène (1959/60) präsentiert Kagel sein erstes Stück Instrumentalen Theaters. Überliefert ist sein Ausspruch aus jener Zeit: „Als Komponist fühle ich mich in zunehmendem Maß nicht-klingenden Materialien verpflichtet.“ Im Instrumentalen Theater ist nahezu alles festgelegt, was die Instrumentalisten bzw. die Sänger bei der Aufführung tun: Das umfasst vor allem deren Gestik (teils auch die Mimik), kann zudem Licht und Bühnenbild beinhalten. Auf eine sprachlich vermittelte Handlung wird beim Instrumentalen Theater verzichtet. Der Spielraum der Inszenierung ist beim oft parodistisch anmutenden Instrumentalen Theater deutlich geringer als in anderen Formen des Musiktheaters. Jene, die
eigentliche Klangproduktion des Ausführenden erweiternden Tätigkeiten (mit und ohne Zusatzgerätschaften) hat der Komponist Dieter Schnebel in Bezug auf eine Formulierung des italienischen Komponisten Sylvano Bussotti als „Extras“ bezeichnet. Beide wie u. a. auch Karlheinz Stockhausen, Luciano Berio, Hans-Joachim Hespos haben Werke dieses Genres verfasst. Die durch das Instrumentale Theater der späten 1950er Jahre und des 1960er-Jahrzehnts herbeigeführten Neuerungen haben deutliche Spuren in vielen der seither entstandenen Musiktheaterproduktionen hinterlassen.

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Autor/in
SWR