Musikstück der Woche

Dorothee Oberlinger spielt Georg Philipp Telemann: Konzert für Blockflöte und Viola da Gamba

Stand
Autor/in
Doris Blaich

Frischer Wind für ein traditionsreiches Festival: Die Ludwigsburger Schlossfestspiele haben eine neue Leitung. Für’s Musikstück der Woche ein schöner Anlass, einen Ludwigsburger Mitschnitt auszuwählen: Telemanns Konzert für Blockflöte und Gambe.

Geldgeschenk für Ludwigsburger Musikmut

Musikalische Frischluft bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen: der neue Intendant Jochen Sandig ist ab 2020 für das Programm des Festivals verantwortlich; ein wichtiger Leitfaden sind ihm dabei die UN Nachhaltigkeitsziele.

Gerade hat das Festival dafür 3 Millionen Euro vom Deutschen Bundestag als Fördermittel zugesagt bekommen. Ein schöner Anlass fürs Musikstück der Woche, einen Mitschnitt aus der Ludwigsburger Schatztruhe hervor zu holen: ein Konzert von Telemann, in dessen Musik ja auch immer frischer Wind weht und die erstaunlich viele der Nachhaltigkeitskriterien erfüllt – lange, bevor sie definiert wurden.

Musikalische Weltoffenheit

Kaum ein Komponist ist musikalisch so weltoffen wie Georg Philipp Telemann: in seiner Musik fließen französische und italienische Stilelemente ein, und er mischt sie gekonnt mit typisch deutschem Kontrapunkt.

Dieser „vermischte Geschmack“ ist typisch für die Komponisten im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Bei Telemann kommt aber noch ein Faible für slawische Rhythmen und für die Volksmusik hinzu, er bewundert ihre „barbarische Schönheit“ (wie er selbst sagt) und liebt offensichtlich ihren Schwung und die harmonische Würze.

Und eine ungebändigte Experimentierlust in der Instrumentation. Etliche Instrumente hat Telemann selbst beherrscht, er kennt ihre Stärken und Schwächen, zeigt sie immer von der Sonnenseite und kombiniert die Klänge auf ungewöhnliche und frische Art.

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Konzert für Blockflöte und Viola da Gamba

Dieses Konzert (entstanden in Telemanns Frankfurter Zeit, vermutlich um 1715) ist eine Europareise für die Ohren. Der elegante erste Satz hat sich vieles aus der französischen Musik und ihren gravitätischen Fugen abgelauscht. Der zweite lehnt sich an typisch italienische Konzerte an: mit rasanten Soli, die in Orchester-Ritornelle eingebettet werden; feurig und übersprudelnd von Gedanken.

Ein Hackbrett-Solo - frei improvisiert

Besonderes Highlight in unserem Mitschnitt: ein Hackbrett-Solo (das ist allerdings nicht von Telemann, sondern frei improvisiert). Der dritte Satz, in der Hirten-Tonart F-Dur, bringt uns in die heile Welt einer Sehnsuchtslandschaft in Arkadien, wo dem Mythos nach Menschen und Tiere in Frieden, Harmonie und Seligkeit leben. Die Musik zitiert all die Vokabeln, die solche arkadischen Szenen kennzeichnen, inklusive schwebender Melodien und einer zarten pizzicato-Begleitung in den Streichern.

Musikalische Artenvielfalt

Das Finale schließlich bringt uns nach Osteuropa und seinen „barbarisch schönen“ Harmonien und Melodien, die Telemann hier genussvoll auskostet. Ein großartiger ‚Rausschmeißer‘, besonders, wenn man mit so viel Verve spielt wie die Blockflötistin Dorothee Oberlinger und der Gambist Vittorio Ghielmi!

Musikalische Artenvielfalt, Umweltschutz, ein Denken über die Grenzen von Ländern und gesellschaftlichen Schichten hinweg – all das beflügelt diese Musik. Wenn das kein Statement im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele ist…

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Bei einem stilvollen Mahl darf eine angemessene musikalische Untermalung nicht fehlen. Das wusste Georg Philipp Telemann bereits 1733, als er in Hamburg seine Musique de table veröffentlichte.

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Doris Blaich