Musikstück der Woche vom 9.-15.4.

Jede Taste ein Ausdruck des Herzens

Stand
Autor/in
Doris Blaich

Frédéric Chopin: Klavierkonzert Nr. 2 f-Moll op. 21

Ein Konzert ganz und gar fürs Klavier - das Orchester bleibt stets vornehm im Hintergrund. In unserem Musikstück der Woche spielen die Pianistin Khatia Buniatishvili und die Deutsche RadioPhilharmonie. Der Dirigent ist Ariel Zuckermann. Die Aufnahme entstand bei einem Konzert am 27.1. (Mozarts Geburtstag!) 2011 in der Fruchthalle Kaiserslautern.

Chopin Monument

Chopins zweites Klavierkonzert in f-Moll ist eigentlich sein erstes. Es ist 1830 entstanden, kurze Zeit vor dem e-Moll-Konzert. Da Chopin das f-Moll-Konzert aber als zweites veröffentlichte, trägt es diese Zahl. Chopin war damals 20 Jahre alt und bereits ein überragender Pianist. Er hat die Konzerte in erster Linie für sich selbst komponiert. Das Klavier steht ganz und gar im Zentrum, das Orchester begleitet dezent und dient vor allem dazu, Farben und Spannungsbögen zu unterstreichen – anders als etwa in den Konzerten von Mozart oder Beethoven, in denen Solist und Orchester gleichberechtigte Partner sind.
„Virtuosenkonzerte“ hat man deshalb Chopins Klavierkonzerte genannt. Nicht ohne einen etwas abfälligen Beiklang, in dem vor allem Kritik an der Instrumentation und an der freizügigen kompositorischen Struktur der Werke mitschwingt. Dabei ist in diesen Konzerten alles drin, was man landläufig unter „romantischer Klaviermusik“ versteht: viel Poesie und eine Fülle unterschiedlicher Stimmungen, Zartes und Wildes, wunderbare Melodien, technische Finessen und ein großer Reichtum an Harmonien und Farben. 

Alle Vorzüge in sich vereinigt

Die Zeitgenossen waren begeistert von dem Klavierkonzert – und vor allem von dem jungen, blassen Pianisten Chopin, der am Klavier ein musikalisches Feuerwerk entzündete:

„Alle Vorzüge eines wahren Klaviervirtuosen vereinen sich bei Herrn Chopin in höchster Vollendung: Kraft, Geläufigkeit und vor allem Empfindung sind seine Hauptvorzüge, und der Anschlag einer jeden Taste ist bei ihm ein Ausdruck des Herzens. Das Warschauer Publikum wusste das seltene Talent seines Landsmannes zu schätzen, der ihm bald in fernen Ländern zur Ehre gereichen und sein Stolz sein wird; donnernder Beifall empfing und entließ den auftretenden Künstler, dessen frappierende Bescheidenheit noch die Wertschätzung seines Talents erhöht“, las man am 18. März 1830, einen Tag nach der Uraufführung von Chopins Konzert, in der Warschauer Zeitung.

Und tags darauf stand in der Zeitung des Warschauer und Ausländischen Korrespondenten: „Als Interpret übertraf er sogar Hummel [einen der ganz großen Pianisten seiner Zeit] in der Feinheit der Empfindung und in der Raffinesse des Geschmackes; in der Mechanik und Gleichmäßigkeit des Takes war er ... unvergleichlich... Als Komponist nahm er eine herausragende Stellung unter den ersten Komponisten ein, und selbst Hummel würde ungern verleugnen, ein solches Adagio und Rondo geschrieben zu haben ... Mit vollem Recht können wir uns dazu gratulieren, dass Polen sich eines Tages eines der größten Interpreten und Komponisten Europas wird rühmen können.“

 

Khatia Buniatishvili, Klavier

Khatia Buniatishvili, geboren 1987 in Tiflis, wuchs in Georgien auf. Sehr früh wurde ihre Begabung erkannt, und so debütierte sie bereits sechsjährig als Solistin mit Orchester. Mit zehn Jahren folgte sie ersten Einladungen zu Gastspielen in die Schweiz, nach Holland, Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien, Österreich, Russland, Israel und in die USA. Khatia Buniatishvili bekennt sich vor allem zu Pianisten vergangener Generationen. Sergej Rachmaninoff, Svjatoslav Richter und Glenn Gould sind ihre Favoriten. Das warme, mitunter elegisch pointierte Spiel von Khatia Buniatishvili mag eine Nähe zur georgischen Volksmusik aufweisen. Ihr attestiert Buniatishvili ein hohes Maß an musikalischem Einfluss.

Während des Studiums am staatlichen Konservatorium in Tiflis gewann sie 2003 den Sonderpreis des Horowitz-Wettbewerbs in Kiew und den 1. Preis des Elizabeth Leonskaja Scholarship. Beim Klavierwettbewerb in Tiflis 2003 machte sie die Bekanntschaft mit Oleg Maisenberg, der sie zum Wechsel an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst nach Wien bewegte.
Beim 12. Arthur-Rubinstein-Wettbewerb 2008 gewann sie den 3. Preis sowie die Auszeichnungen für die Interpretation eines Chopin-Werks, außerdem einen Publikumspreis. Orchester-Einladungen führten die Pianistin zum Israel Philharmonic Orchestra, zum St. Petersburg Philharmonic Orchestra und – im Rahmen einer Europa-Tournee – zum UBS Verbier Festival Chamber Orchestra; außerdem zu den Düsseldorfer Symphonikern, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und dem NDR Sinfonieorchester Hamburg. Mehrfach war sie mit Gidon Kremer und der Kremerata Baltica auf Tournee.

Verschiedene Auszeichnungen adeln ihre Karriere: So wurde sie mit dem Borletti-Buitoni Trust Award ausgezeichnet und ist in die Reihe der BBC New Generation Artists aufgenommen worden. Vom Musikverein und dem Konzerthaus Wien wurde sie für die Saison 2011/2012 zum Rising Star nominiert.
Khatia Buniatishvili spricht fünf Sprachen und lebt in Paris.

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Doris Blaich