"Ich bin nach allen Seiten arg in Anspruch genommen", schreibt Chopin mit Anfang 20 (im Jahr 1833) an einen polnischen Freund. "Ich bin in der besten Gesellschaft eingeführt, sitze zwischen Botschaftern, Fürsten, Ministern und weiß nicht einmal, durch welches Wunder, denn selbst habe ich mich nicht vorgedrängt". Kompositorisch widmet sich Chopin von nun an fast ausschließlich seinem Instrument, seinem "zweiten Ich": dem Klavier. Er schreibt in den verschiedensten Formen und Gattungen: Etüden, Sonaten, Impromptus, Fantasien, Walzer, Mazurkas, Scherzi, Préludes - und Balladen.
Ohne Vorbild
Chopin ist der 'Erfinder' der instrumentalen Ballade. Seine vier Balladen entstehen im Pariser Exil und erscheinen in den Jahren zwischen 1836 und 1843 im Druck. Ob die Musik tatsächlich von den literarischen Balladen des polnischen Dichters Adam Mickiewicz inspiriert ist, wissen wir nicht. Robert Schumann erwähnt diese Verbindung in einer Rezension, Chopin hat darüber geschwiegen; in auffälligem Gegensatz zu anderen Komponisten der Zeit stand er der Programm-Musik generell gleichgültig bis abgeneigt gegenüber.
Die literarische Gattung der Ballade vereinigt – wie es Goethe beschrieben hat – "alle drei Grundarten der Poesie": das Epische, das Lyrische und das Dramatische. Diese Elemente stecken auch in Chopins Balladen. Sie beginnen im epischen Plauderton, entfalten dann liedhafte, lyrische Elemente und steigern sich zu dramatischen Höhepunkten. Immer wieder wechseln die Stimmungen, Bewegungen und Seelenzustände, die die Musik widerspiegelt – mal abrupt, mal allmählich.
Baronin Rothschild gewidmet
1832 wird Chopin durch den polnischen Fürsten Radziwill bei Baron Rothschild eingeführt. In dessen Salon hat er Gelegenheit, vor adligem und gut betuchtem Publikum zu spielen. Der Erfolg dieser Auftritte sichert ihm lange Jahre vermögende Klavierschülerinnen. Die Ballade Nr. 4 ist aus Dankbarkeit für den Zutritt zu diesen Kreisen der Baronin Nathaniel de Rothschild gewidmet. Sie nahm viele Jahre bei ihm Unterricht und gehörte zu seinen größten Verehrerinnen. Die Musik dieser Ballade - in der klassischen Trauer-Tonart f-Moll - ist düster und nachdenklich. Chopin verzichtet auf die pianistische Virtuosität und zeichnet statt dessen in spannungsgeladenen Harmonien eine Entwicklung mit tragischem Ausgang.
Boris Giltburg
"Richter und Rubinstein sind seine pianistischen Götter, und sein Spiel wurde zurecht verglichen mit dem ihren. Mit seinem schwerelosen, kristallinen Klang wurde die Reinheit von Liszt’s Poesie und der Reichtum seiner pianistischen Effekte hörbar. Ätherischer kann man Liszt nicht spielen – es war atemberaubend", schrieb die englische Zeitung "The Independent" über Boris Giltburgs Debüt bei den BBC Proms.
1984 in Moskau geboren, erhielt Boris Giltburg als Fünfjähriger ersten Klavierunterricht von seiner Mutter. Noch in seiner Kindheit übersiedelte die Familie nach Israel, wo er seine Ausbildung bei Arie Vardi in Tel Aviv fortsetzte. Unter seinen zahlreichen Wettbewerbserfolgen sei vor allem der "Concurso Internacional de Piano Paloma O'Shea" in Santander hervorgehoben, den er 2002 als Bester durchlief und in dessen Rahmen ihm für seine Interpretation des Dritten Klavierkonzerts von Bartók auch der Publikumspreis verliehen wurde.
Mittlerweite hat Boris Giltburg mit vielen anderen renommierten Orchestern und Dirigenten gearbeitet: darunter das London Symphony Orchestra, das Israel Philharmonic, das Philharmonia Orchestra London, das Deutschen Symphonie Orchester Berlin und das hr-Sinfonieorchester in Frankfurt am Main. Neben seinen Auftritten als Solist mit Orchester gibt er regelmäßig Soloabende bei den renommierten Festivals.
Zwei Solo-CDs mit russischem Repertoire hat Boris Giltburg bisher aufgenommen, zuletzt - im Herbst 2012 - eine CD mit Klaviersonaten von Prokofjew.