Das unbekannte „Hussitenlied“ ist ein Mix aus Kirchenlied, Volkslied, Feldpredigt und Revolutionslied. In seinen kompositorischen Anfängen ist Dvořák noch ganz der Tradition der deutschen Klassik, Romantik und Wagners verpflichtet. Daneben ist sein Schaffen aber auch von slawischen volksmusikalischen Elementen aus dem Tanz- und Liedbereich geprägt. Wie in der unbekannten Ouvertüre „Husitská“ aus dem Jahr 1883.
Dvořák zählt unzweifelhaft zu den Zentralgestalten der tschechischen nationalen Musikgeschichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei komponierte er anfangs nach der deutschen Tradition.
Erst in seinen Auftragswerken, der 7. Sinfonie d-Moll und vor allem der Ouvertüre „Husitská“ von 1883, nahm er nicht nur folkloristisches Kolorit auf, sondern verfeinert dieses auch, indem er dramatisch-emotionale Kategorien in sein Schaffen integrierte.
Klingendes Nationaldenkmal
Den Weg zur Sinfonischen Dichtung, der prägenden Gattung im Bereich Programmmusik im 19. Jahrhundert, ebnete sich Dvořák nicht zuletzt durch die Form der Ouvertüre – ursprünglich Musik für das Theater. Nach Art der Beethoven‘schen Leonoren-Ouvertüren, werden in der Ouvertüre die wesentlichen Gestalten und Geschehnisse eines Dramas in einem rein instrumentalen Vorspiel vorgestellt.
Die Dramatische Ouvertüre „Husitská“ war für eine nie zustande gekommene Schauspieltrilogie über die Hussitenzeit geplant. Das Werk löst sich aber aus dem Bannkreis des Theaters und verarbeitet die Themen in Form eines Sonatensatzes, der sowohl aus dem Hussitenchoral „Die ihr Gottes Kämpfer seid“ („Ktož jsú boží bojovníci“) als auch aus dem St.-Wenzels-Choral zitiert.
Damit verarbeitete Dvořák sozusagen die „katholische“ und die „protestantische“ Seite Böhmens und erhöhte das Werk durch diese Themensubstanzen zu einem klingenden Nationaldenkmal.
„Die ihr Gottes Kämpfer seid“
Der Choral „Die ihr Gottes Kämpfer seid“ von 1420 war das bedeutendste Kampflied der Hussiten und von großer Vorbildwirkung. In Form eines Rüstliedes verbindet der Choral das frühe reformatorische Kirchenlied mit Elementen von Volkslied und Feldpredigt und weist auf spätere säkulare Revolutionslieder und Nationalhymnen voraus.
Wie viele durch die Hussitenkämpfe im Spätmittelalter in Böhmen inspirierte Werke verbindet Dvořáks „Hussitenlied“ heftige Erregung mit großem Edelmut. Es wahrt dem Äußeren nach die Form der sonatensatzgeprägten Konzertouvertüre: Die langsame Einleitung schildert die vorhussitische Situation, die Allegro-Exposition den Konflikt, die Durchführung den Konflikt und die nach Dur gewandte Reprise den wiedergewonnenen Frieden.
Mit diesem dramatisch geprägten Werk zeigt Dvořák erste Ansätze zur Programmkomposition und reiht sich damit in einen Trend innerhalb der europäischen Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts ein.
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